DISILLUSION - Ayam
Auch im Soundcheck: Soundcheck 11/2022
Mehr über Disillusion
- Genre:
- Progressive Death Metal
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Prophecy Productions
- Release:
- 04.11.2022
- Am Abgrund
- Tormento
- Driftwood
- Abide The Storm
- Longhope
- Nine Days
- From The Embers
- The Brook
Wundervoll und unerreicht.
Nach der vielversprechenden Single "Alea" (2016) und dem sich anschließenden fulminanten Comebackalbum "The Liberation" (2019) könnten sowohl Vorfreude als auch Erwartungshaltung nicht größer gewesen sein, als die Vorankündigung des neuen Rundlings "Ayam" die Runde machte. Dass DISILLUSION sogar zu einem einigermaßen regelmäßigen Veröffentlichungsrhythmus finden würde, ist mehr als nur eine erfreuliche Randnotiz. Und "Ayam" macht da weiter, wo "The Liberation" aufgehört hat. Und geht noch darüber hinaus. Nicht unbedingt in puncto Härte, sondern eher was Atmosphäre, Epik und Vielschichtigkeit betrifft. Wo "The Liberation" unter anderem auch mal durch hektische Passagen und abrupte Stimmungswechsel auffiel, fließt das gesamte neue Album noch homogener und ohne Brüche in einem durch. Insgesamt ist "Ayam" durchaus etwas ruhiger oder zumindest werden die getragenen Passagen länger vor dem Hörer ausgebreitet, aber selbstverständlich gibt es auch die DISILLUSION-typischen harschen Brecher, etwa das dramatisch beginnende 'Am Abgrund' oder das epische 'Abide The Storm'.
Das majestätische Element, das DISILLUSION so auszeichnet, und das man sogar dem Coverartwork nachempfinden kann, ist auch auf "Ayam" wieder integraler Bestandteil. Dennoch sind es alle möglichen Schattierungen im DISILLUSION-Kosmos, die auf "Ayam" zum Tragen kommen und letztlich nur in ihrem Zusammenspiel dieses Album maßgebend prägen. Es wird dabei jedoch trotz einiger schneller Riffabfahrten eher die Stimmung von 'The Mountain' aufgegriffen, als die der harschen Ausbrüche in 'The Great Unknown' oder 'The Liberation' vom Vorgänger, auch wenn speziell der Opener 'Am Abgrund' erstmal einen anderen Anschein erweckt und auch 'Tormento' und 'Abide The Storm' mit äußerst heftigen und wilden Passagen um die Ecke kommen. Doch im Anschluss wirkt es fast so, als ob man sich nun ausgetobt hat und es erstmal etwas gediegener angehen lassen möchte. Jedenfalls offerieren gerade die folgenden Nummern 'Longhope' und 'Nine Days' doch sehr atmosphärische Klangteppiche, wobei bei ersterem nur ein kurzer und bei letzterem gar kein wirklicher Kontrapunkt in Sachen Heaviness gesetzt wird. Musikalisch und songschreiberisch ist auch das hier großes Kino - und doch in Summe vielleicht eine etwas zu lange Sequenz ohne die sinnbildlichen Ecken und Kanten. Da kommt dann das forsche, treibende Riffing von 'From The Embers' genau richtig, um wieder Fahrt aufzunehmen, obgleich auch dieser Song in Sachen Härtegrad nicht erneut an das Level des Anfangs von "Ayam" anknüpfen kann. Das abschließende 'The Brook' macht dann das, was bei 'Nine Days' nicht zum Tragen kommt: Der gemächliche Beginn ist nur der leise Auftakt für ein episches und majestätisches Finale zum Niederknien.
Was - ganz nüchtern betrachtet - auch auffällt: mehr Songs bei fast gleicher Laufzeit wie "The Liberation". Und trotzdem steckt gefühlt mehr Epik in "Ayam", ein häufig noch geduldigeres Zusteuern auf Höhepunkte und kraftvolle Ausbrüche. Und es gibt den einen oder anderen Song, der zwar irgendwie DISILLUSION-typisch beginnt und dann eine Richtung einschlägt, die auch bei diesem Kreativkollektiv noch aufhorchen lässt. Der Mittelteil von 'Tormento' liefert (mit "Back To Times Of Splendor" im Hinterkopf) eine der abgedrehtesten und furiosesten Sequenzen der Bangeschichte, während das fast zwölfminütige 'Abide The Storm' nach wildem Beginn und dem anschließenden monumentalen Bläserpart mit einem relaxten Gitarrenspiel daherkommt, das sich über mehrere Minuten so dermaßen eingängig und harmonisch aufbaut, dass es mit dem Attribut "zum Dahinschmelzen schön" nur unzureichend beschrieben ist.
Das Fazit nach unzähligen Spins der Scheibe ist für meine Wenigkeit nun sehr gefestigt und klar. Bei "The Liberation" hatte es für mich bei aller Wertschätzung und Beglückung noch nicht ganz zur Höchstnote gereicht, doch für "Ayam" ist diese nun ohne Wenn und Aber fällig. Mir fällt partout nichts ein, was man hier noch verbessern könnte, wie das Album noch stimmiger, ausgewogener, spannender klingen könnte. Pure Schönheit in Noten.
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Stephan Voigtländer