EDGUY - Tinnitus Sanctus
Mehr über Edguy
- Genre:
- Melodic Metal
- Label:
- Nuclear Blast
- Release:
- 14.11.2008
- Ministry Of Saints
- Sex, Fire, Religion
- The Pride Of Creation
- Nine Lives
- Wake Up Dreaming Black
- Dragonfly
- Thorn Without A Rose
- 9-2-9
- Speedhoven
- Dead Or Rock
- Aren't You A Little Pervert, Too?
Heilige Ohrgeräusche aus Hessen schicken sich an, euch zu willenlosen Sklaven von König Tobi und seinen furchterregenden Melodic-Metal-Rittern zu machen. Beware!!!
Seit dem formidablen "Vain Glory Opera" (1998) und dem gigantischen Melodic-Power-Metal-Klassiker "Theater Of Salvation" (1999) gehöre ich zu den bekennenden EDGUY-Anhängern – gelegentlichen Albernheiten und einem latenten Hang zur Banalität zum Trotz. Zwischenzeitlich drohte sich Tobi Sammet ja mit AVANTASIA selbst den Rang abzulaufen, besonders als der letzte EDGUY-Longplayer "Rocket Ride" zwar bemerkenswert vielseitig war, aber doch nie so richtig zünden wollte. Anno 2008 läuft wohl alles auf ein Unentschieden auf sehr hohem Niveau heraus im Duell der beiden Schlachtrösser unserer heiß geliebten hessischen Metal-Diva. War schon "The Scarecrow" ein sehr rundes, gradliniges und entschlossenes Album mit etwas weniger Magie und noch mehr Hitpotential, trifft diese Charakterisierung nun auch ganz gut auf "Tinnitus Sanctus" zu. Doch immer schön der Reihe nach...
Außer dem leicht beknackten Titel und der kurzen Schlussnummer 'Aren't You A Little Pervert, Too?" findet man auf der neuen Platte erfreulich wenig, das den Bullshit-Detektor Alarm schalgen lässt. EDGUY konzentrieren sich voll und ganz auf das, was sie seit eh und je am besten können, und das ist nun mal das Komponieren schwer geiler, ultraeingängiger Melodic-Metal-Hymnen mit Widerhaken-Refrains. 'Ministry Of Saints' bildet den optimalen Einstieg in dieses Album: Das höllisch groovende Basisriff ist ein ebenso simpler wie genialer Streich, eine raffinierte, einschmeichelnde Bridge führt hin zum ultimativen Mitsing-Chorus. Klasse! 'Sex, Fire, Religion' ist ein cooler Midtempo-Rocker, der es irgendwie schafft, relaxt und elegant auf der einen und zugleich kraftvoll und rotzig auf der anderen Seite zu klingen. 'The Pride Of Creation' ist dann eine dieser typischen EDGUY-Nummern, bestehend aus furiosen Uptempo-Parts, geschickten atmosphärischen Einschüben und fetten Chören mit leichtem Musical-Touch bis der Arzt kommt. Zu 'Nine Lives' habe ich zunächst nicht so den Zugang gefunden. Das lag auch an den gewöhnungsbedürftigen poppig-elektronischen Spielereien, vor allem aber daran, dass der Song für meine Begriffe etwa zu ereignisarm und vorhersehbar gestrickt ist. Zaghaft neue Ufer suchen Tobi und seine Mitstreier wohl in 'Dreaming Neon Black'. Beeindruckt bin ich allerdings nicht, für mich der einzige echte Durchhänger der Platte.
Doch auf Nieselregen folgt Sonnenschein und auf den Schwachpunkt eines der beiden strahlenden Highlights von "Tinnitus Sanctus". Da haut einen doch ein Song aus den Pantoffeln, der vor Spielfreude, Ideenreichtum und melodischer Genialität fast zu platzen droht. Und dieser Chorus... oh Herr, ich kriege jedes Mal eine Ganzkörper-Gänsehaut, wenn ich das höre, das ist mindestens so schön wie die begnadetsten Momente auf Tobis "Metal Operas"! Ach ja, 'Dragonfly' heisst dieses Meisterwerk. Die sehr ordentliche, aber deutlich weniger aufregende Ballade 'Thorn Without A Rose' braucht man danach dringend zum Entspannen. Und dann ist es auch nur noch ein weiterer Song bis zur nächsten Göttergabe namens "Speedhoven". Das ist allerbester, ausgereiftester und perfekt abgeschmeckter EDGUY-Stoff für Genießer, hier passt einfach alles zusammen. Vor allem der intensive, ruhige Mittelpart mit einem über sich hinaus wachsenden Sammet verleiht der Nummer eine berauschende Dynamik. Vielleicht hätte man "Tinnitus Sanctus" mit dieser Wundertüte enden lassen sollen, denn das folgende (bestimmt nicht schlechte) 'Dead Or Rock' verwässert als hübscher, normaler Hardrocker das soeben gewonnene Bild der Erhabenheit. Den finalen humoristischen Country-Rock-Ausflug findet man dann wohl je nach Stimmungslage entweder spaßig oder überflüssig.
Fazit: EDGUY legen mit "Tinnitus Sanctus" im Grunde genau das Album vor, auf das man als treuer Fan hoffen durfte. Es ist der Truppe gelungen, ein weiteres Verfransen an Nebenschauplätzen wie phasenweise auf "Rocket Ride" ebenso zu vermeiden wie ein blindes, hasenfüßiges Back-To-The-Roots. Vielmehr haben wir es hier mit einem mutigen, abwechslungsreichen, vielleicht richtungsweisenden Werk zu tun, das bestimmt wie eine Bombe in die Charts einschlagen wird. Beide Daumen hoch für EDGUY und "Tinnitus Sanctus"!
Anspieltipps: Ministry Of Saints, The Pride Of Creation, Dragonfly, Speedhoven
- Redakteur:
- Martin van der Laan