ERLEN MEYER - Erlen Meyer
Mehr über Erlen Meyer
- Genre:
- Sludge / Post Metal
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Klonosphere Records
- Release:
- 30.05.2014
- Gamla Stan
- Nuit
- Agatha
- Les Caprices De Remington
- Temple Du Cri
- Sans Fleur Ni Couronne
- Ex-Voto
- Bouche Cousue
- Bec Et Ongles
Frankreichs dunkle Seite
Wer zum Henker ist Erlen Meyer? Eine kurze Internetrecherche führt zu einer Handvoll Chemikern bzw. Psychiatern namens Erlenmeyer, liefert allerdings keine plausible Antwort auf die Frage, weswegen sich fünf junge Schwermetaller aus Limoges nach einem unbekannten Naturwissenschaftler benennen sollten. Auffällig ist davon abgesehen aber auch die Tatsache, dass der frankophone Raum seit Jahren beständig mit zahlreichen, bemerkenswert hochwertigen Veröffentlichungen in Sachen Sludge, Post Metal respektive Hardcore aufwartet. So auch im Falle des gleichnamigen Debüts von ERLEN MEYER.
Ob Franzosen einfach einen besonderen Hang zu Dramatik, Dissonanz und Klang gewordener Brutalität haben? Wer weiß. Nach Bands wie DIRGE, CARNE, oder CORTEZ liefert jedenfalls auch ERLEN MEYER eine pechschwarze Klangkanonade ab, zäh, behäbig und schmerzerfüllt. Geordnete Strukturen sucht der Hörer erwartungsgemäß vergebens, vielmehr finden sich auf „Erlen Meyer“ ausgedehnte, schwarze Klangpanoramen Marke ISIS oder WILL HAVEN. Kurz vor Beginn der Aufnahmen verlor die Band auf tragische Weise ihren Schlagzeuger bei einem Autounfall, was mit Sicherheit einen nicht unwesentlichen Beitrag zu den schmerzerfüllten Kompositionen der Franzosen beigetragen hat. Aus deren massigem Qualenkonglomerat einzelne Beiträge hervorzuheben fällt schwer; am nachvollziehbarsten fällt vielleicht noch das bösartig malmende 'Nuit' aus, aufgrund der verhältnismäßig kurzen Spieldauer. Aber auch 'Agatha', eine geradezu krankhaft träge CULT OF LUNA-Reminiszenz, oder 'Bouche Cousue', der ultimative, dezent an SAPHENA erinnernde Gipfel an Verzweiflung und Schmerzensoffenbarung wissen, nun ja, zu gefallen.
Mit dieser zugegebenermaßen sperrig bis widerwärtigen Spielart muss man sich zweifelsohne anfreunden können. Wem dies gelingt, der erhält auch von ERLEN MEYER ein qualitativ hochwertiges Stück deprimierender Musik. Mir persönlich ist der beständige Wechsel aus tiefen, drückenden Gitarrenriffs, dissonanten Oberstimmen und einer doch sehr gewöhnungsbedürftigen Gesangsarbeit hier und da einen Tick zu anstrengend. Gerade Sänger Olivier Lacroix will mir nicht so recht zusagen, der gute Mann schreit entweder in einer extremen, keifend-kreischenden Tonlage, oder stammelt seine Textzeilen apathisch vor sich hin. Andererseits fällt es auch mir schwer, mich dem unbarmherzigen Sog zu widersetzen, den "Erlen Meyer" zweifelsohne auf die gemeine Hörerschaft ausübt.
Es bleibt dabei, dass der frankophone Raum uns auch weiterhin mit hochgradig spannenden Sludge- und Post-Metal-Veröffentlichungen versorgt. Die in sich geschlosseneren Kompositionen von DIRGE stellen meiner Meinung nach aktuell das Maß aller Dinge dar, was französisch(sprachig)en Post Metal angeht, doch auch ERLEN MEYER, produziert vom CULT OF LUNA-Schlagzeuger Magnus Lindberg, dürfte mit dem aufwühlenden Debütalbum ein hohes Maß an Aufmerksamkeit zuteil werden. Ganz will mir zwar nicht in den Kopf, weshalb aus diesen wunderschönen Landen permanent ein Strom an hochgradig depressiv bis destruktiver Musik fließt – solange das musikalische Niveau aber dermaßen hoch bleibt, will ich mich mal nicht beklagen.
Anspieltipps: Nuit, Agatha
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Timon Krause