ESKIMO CALLBOY - Crystals
Mehr über Eskimo Callboy
- Genre:
- Trancecore / Popcore
- ∅-Note:
- 6.00
- Label:
- Airforce 1 Records / Universal Music
- Release:
- 20.03.2015
- Pitch Blease
- Baby (T.U.M.H.)
- My Own Summer
- Kill Your Idols
- Ritual
- Monster
- Best Day (feat. SIDO)
- 2 Fat 2 Furious
- F.D.M.D.H.
- Paradise In Hell
- Crystals
- Walk On The Thin Line
- Closure
Party. Hard. Nicht mehr, nicht weniger.
Während die ESKIMO CALLBOYs in Sachen Unterhaltungswert und Verkaufserfolg niemandem mehr etwas beweisen müssen, wird der gemeine Musikjournalist mit der Veröffentlichung von "Crystals" vor eine schwere Aufgabe gestellt: Wie soll man eine Scheibe anpacken, die nur als Paradebeispiel der sinnbefreiten Vermischung einer einstigen Seitensparte der modernen Musik mit dem vollständig trivialisierten Kommerz-Mainstream herhalten kann? Zum dritten Album der Trancecore-Kombo aus Castrop-Rauxel ließe sich trefflich über Sinn und Unsinn dieser Verquickung oder gar über Verrat und Ausverkauf von künstlerischen Idealen diskutieren, was allerdings ebenso sinnlos wäre wie den Erfolg unserer wohl kalkuliert durchgeknallten Landsleute in Frage zu stellen.
Fakt ist: ESKIMO CALLBOY steht für Party. Für ausgelassene Feierei, für Bier, Schweiß, und den pubertären Traum von hemmungslosem Geschlechtsverkehr. Die Band liefert auch anno 2015 ihre sehr aggressive Form von Plastikpop/Rock, zu der der gemeine Mittelstufenpennäler so richtig die Sau rauslassen kann. Die Kombination von Electro und Metal sollte an sich gar nicht überraschen, schließlich hatte der einstige Untergrundsound schon in den 90ern Einzug in den Massenmarkt gehalten; Berührungspunkte gab es seither zur Genüge. Wer Eurodance mit Schlagzeug, E-Gitarre und Hardcore-Geschrei verquickt, dabei praktisch die gleichen Pophymnen produziert wie sie seit über 20 Jahren im Radio laufen, liefert mit dieser vermeintlich extremen Gangart also vor allem dem Mainstream neues Futter. Die Halbwertszeit von Trends wird schließlich immer kürzer.
Das Gros der dreizehn Songs auf "Crystals" klingt dabei wie eh und je - fett produzierter, oberflächlicher Pop- und Partycore wie er im Buche steht. Das Zeug ist herrlich moshbar und animiert unwiderstehlich zum Hüpfen, lässt sich also gedankenlos abfeiern und lenkt wunderbar von der bösen Welt da draußen ab, langweilt mangels Tiefgang jedoch auch ähnlich schnell wie die x-te Staffel von DSDS. Das Breakdown-Gebolze, die trancigen Beats, das Geschrei und die süßlichen Refrains dürften Kids weiterhin in Ekstase versetzen, doch der Aha-Effekt dieser einst ungewohnten Mischung ist längst verflogen, daran ändern auch diverse Hip-Hop-Ausflüge nichts. Als Tiefpunkt und quasi unfreiwilliges Selbstzitat findet sich auf "Crystals" ein Cover von 'Tearing Up My Heart'. Metalcover von Popsongs, das ist schon jahrelang gang und gäbe, doch Plastikpop verpackt in Plastikmetal, da beißt sich die Katze fast schon in den Schwanz. Das nachdenkliche 'Best Day' (mit einem sehr unspektakulären Gastbeitrag von SIDO) verblüfft da schon geradezu in dem ganzen Partylärm. Auch nehmen sich die Buben hin und wieder gerne mal auf die Schippe; Songtitel wie '2 Fat 2 Furious' oder ein Beitrag wie der lustige Wutausbruch 'F.D.M.D.H.' (na, wofür wird diese Abkürzung wohl stehen?) erreichen schon beinahe J.B.O.sches, äh, Niveau.
Ansonsten: Alles wie gehabt. ESKIMO CALLBOY landet einige treffsichere Punches und liefert eine Ladung anspruchsloser, aber durchaus spaßiger Trance-/Popcore-Hits, wie den Titeltrack, 'Monsters' oder 'Walk On A Thin Line'. Doch auch wer diese Art von sinnfreier Musik mag, muss zugeben, dass sich das Konzept im Prinzip totgelaufen hat. Wer keine Berührungsängste mit dem Mainstream hat oder noch nie hehre musikalische Ideale verfolgte, wird mit "Crystals" einen kurzweiligen Partysoundtrack der härteren Sorte finden. Mehr nicht. Und der Teenager von heute darf sich einmal mehr in der Illusion ergehen, dass all die nassen T-Shirts und Höschen im Publikum nur auf ihn warten.
Anspieltipps: Crystals, Best Day, Monster
- Note:
- 6.00
- Redakteur:
- Timon Krause