ESQARIAL - Inheritance
Mehr über Esqarial
- Genre:
- Progressive Death Metal
- Label:
- Empire
- Release:
- 20.05.2003
- Inheritance
- Everlasting Wanderers
- Broken Link
- Flying Over The Treetops
- A Pure Formality
- Catching The Falling Knife
- The Source Of Constraint
- The Day When The Sun Went Out
- Two Minutes To Full Moon/In My Dreams
- Killing For Killing Time
- Fire
Jawollja! Dies ist genau das Album, welches es nach dem 2002er-Meisterwerk "Discoveries" brauchte. Die polnischen Progressiv-Deathster von ESQARIAL legen gut ein Jahr nach dessen Erscheinen mit "Inheritance" nicht nur den logischen, sondern vor allem nochmals in vielen Belangen verbesserten Nachfolger vor. "Discoveries" ist nach wie vor eine Platte, die in meiner persönlichen Hitliste der verfrickelten Todesblei-Scheiben einen hohen Rang bekleidet - aber genau das hätte in gleicher Form nicht mehr getoppt werden können.
Anstatt auf der Stelle zu treten und sich in eine stilistische Sackgasse zu befördern, hat das Quartett mit "Inheritance" etwas geleistet, woran viele andere Bands kläglich scheitern: Die Einsicht zu zeigen, dass man mit der vorherigen Marschroute den Zenit und das maximal mögliche erreicht hat. Eine Fortführung eben diesen Weges hätte einen künstlerischen Stillstand zu Folge, eine Sache, die man mit dem Stempel "progressiv" doch tunlichst meiden sollte.
Zwar wird auf dem insgesamt dritten Album immer noch das zelebriert, was man landläufig als progressiven, technischen Death Metal bezeichnet. Allerdings handelt es sich bei den einzelnen Kompositionen dieses Mal nicht um eher wirre, anfangs schwer zu erschließende Instrumentalabfahrten, bei denen das Können der einzelnen Musiker zwar geschickt und nicht vordergründig dargeboten wird, aber dennoch eine Art Mittelpunkts-Position einnimmt. So hat man das für Bandverhältnisse eher einfache und treibende Riff entdeckt, cleane Gesangspassagen, einprägsame Refrains und eher konventionelle Songstrukturen. Technisch gesehen bewegt sich auf "Inheritance" alles auf absolut höchstem Niveau, ist dafür aber deutlich einfacher zu verdauen, als es beim Vorgängerwerk der Fall war. Ich persönlich hätte mich über eine weitere vertrackte Platte ebenso gefreut wie ich mich über diese Scheibe freue - aber ich denke, dass ESQARIAL mit dieser Ausrichtung deutlich größere Chancen haben, sich einen Namen zu erspielen.
Der Opener und Titeltrack macht dies recht deutlich: Ein äußerst bangkompatibles Riff, keine schrägen Takte oder beim ersten hören unübersichtliche Instrumentalparts, dafür eine recht straighte, musikalisch hochwertige Nummer, die insbesondere durch die Blues-Anleihen im Solopart zu gefallen weiß. Wie es bereits bei "Discoveries" der Fall war, lebt auch das neue Langeisen von der herausragenden Gitarrenarbeit des Flitzefinger-Duos Pajak/Nowak, welches mich nicht nur durch mächtig Arsch tretendes Riffing und Skalengefrickel, sondern vor allem durch verdammt gefühlvolle und im Vergleich mit anderen technisch hochbegabten Kapellen sehr zurückhaltende Soloarbeit zu Begeisterungsstürmen hinreißt.
Weitere Verbesserungen neben dem deutlich "entschärften" Songwriting sind neben der prächtig gelungenen und richtig drückenden Produktion die vielen cleanen Gesangsparts, welche sich insbesondere in Sachen Refrains ('The Source Of Constraint', 'Everlasting Wanderers') in den Hirnwindungen festfräsen und dort nur noch schwerlich zu entfernen sind. Ist auch nicht das alltäglichste, dass man bei verfrickelten Todesbleigießern von "Ohrwürmern" sprechen kann.
Instrumentals gibt es im Übrigen auch wieder, 'Flying Over The Treetops' ist für ESQARIAL recht belanglos ausgefallen, wer sich für Tapping und diverse Gitarrenefekte interessiert, der möge sich dort vertiefen, ich denke, dass man aus der Grundidee deutlich mehr hätte machen können. 'Two Minutes To Full Moon' respektive 'In My Dreams' (Promoblättchen und CD-Cover sind sich über den Titel nicht wirklich einig) hingegen knüpft an die Gänsehaut erzeugenden, atmosphärischen Ausflüge in rein instrumentale Sphären des Vorgängers an und macht deutlich, wie viel Gefühl, Anmut und Ausdruck man auch ohne Vocals erzeugen kann. Klasse.
Klasse ist auch das JIMI HENDRIX-Cover 'Fire' gelungen, dem die Polen einen rotzrockig-thrashigen Anstrich verpasst haben, ohne dabei die Gitarrenarbeit und die usprüngliche Atmosphäre des Meisters außer Acht zu lassen.
ESQARIAL haben mit "Inheritance" eine der beeindruckendsten und interessantesten progressiven Death-Scheiben der letzten Jahre abgeliefert, ein Werk, das sehr deutlich zeigt, wie perfekt man technisch-musikalischen Anspruch mit nachvollziehbaren Songs paaren kann, ein Kunstwerk, welches in der absoluten Oberliga des anspruchsvollen Musizierens daheim ist und trotzdem auch für den Otto-Normal-Hörer nicht abstoßend weil zu vielschichtig wirkt. So gesehen ist "Inheritance" das "Symbolic" von ESQARIAL geworden - die Band hat gezeigt, dass sie mittlerweile selbst mit DEATH oder ATHEIST in einem Namenszug genannt werden kann. Und das vollkommen zu Recht.
Anspieltipps: Inheritance, Everlasting Wanderers, Broken Link, A Pure Formality
- Redakteur:
- Rouven Dorn