EUROPE - Walk The Earth
Auch im Soundcheck: Soundcheck 10/2017
Mehr über Europe
- Genre:
- Hard Rock
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Hell & Back Records / Silver Lining
- Release:
- 20.10.2017
- Walk The Earth
- The Siege
- Kingdom United
- Pictures
- Election Day
- Wolves GOT
- Haze
- Whenever You're Ready
- Turn To Dust
Großer Rock und ein zukünftiger Bandhit!
Im Hause der Schweden ist etwas geschehen. Etwas, das sie ihren Stil tatsächlich ein wenig erweitern ließ. Denn, seien wir ehrlich, EUROPE hat einen unverwechselbaren Sound, der jede der ersten fünf Scheiben durchzog und auch auf den fünf Platten nach der Wiedergeburt jeglichen Zweifel über den Urheber schnell vertrieb. Klar, mal war es bombastischer, zuletzt auch gerne mal hardrockiger, aber eben doch immer ganz deutlich EUROPE. Aber auf "Walk The Earth" treten die Trademarks gelegentlich etwas in den Hintergrund. Vielleicht nicht gerade eine komplette musikalische Frischzellenkur, aber doch eine Infusion neuer Ideen.
Dabei hat sich eigentlich nichts geändert. Die Musiker sind die gleichen, die Zutaten dieselben wie zuvor: Hard Rock, Norums Riffs, prominente Keyboards, Joey Tempest am Mikrophon. Und doch, das hier ist ganz sicher nicht "War Of Kings", das ist EUROPE Eins-Punkt-Fünf. Kein Bruch mit der Vergangenheit, wohl aber ein wohltuendes Update. Schauen wir mal in die Details: Natürlich gibt es die typischen EUROPE-Smasher, die auch auf den vorherigen Alben hätten stehen können. Das wird ganz deutlich bei 'Election Day' oder 'The Siege', aber auch 'Kingdom United'. Dazu kommen die beiden schnellen 'Whenever You Are Ready', das den einzigen, kleinen Anflug von Blues auf dem Album enthält, und 'GTO', das in eine ähnliche Kerbe schlägt wie 'The Beast' von "Last Look At Eden".
Und jetzt schauen wir uns die ungewöhnlichen Lieder auf "Walk The Earth" einmal genauer an. Da ist zuerst einmal der Titelsong, ein langer, getragener, orchestraler Song am Rande des Doom mit großen Chören. Der Bombast ist überschwänglich, aber auch DEEP PURPLE (nach der Reunion) scheint durchs Fenster zu lugen. Ich prophezeie mal, dass die Band in Zukunft nicht mehr auftreten kann, ohne diesen Riesenhit zu spielen. Das ist der große Ohrwurm des Albums.
Ein weiterer ungewöhnlicher Track ist der Abschlusssong 'Turn To Dust', der bombastisch ist, episch und – in Ermangelung einer besseren Ausdrucksweise – URIAH HEEP-ig. Das meine ich ausschließlich positiv, diese Öffnung in die Richtung der Altmeister des Orgelrocks steht EUROPE gut zu Gesicht. Das hört man auch in 'Wolves' noch einmal durch, wo die Verschmelzung beider Bandstile als "Bag of Bones" meets "URIAH HEEP nach der Jahrtausendwende" charakterisiert werden könnte. Zuletzt ist da noch 'Pictures', die Ballade des Albums, die aber nicht in Stadionrock a la 'Carrie' driftet, sondern den EUROPE-Stil mit URIAH HEEP der frühen Siebziger mischt.
Wenn man einmal eine solche Assoziation hat, sieht man immer wieder Parallelen. Doch eine gewisse kompositiorische Wendung ist sicher für jeden Kenner der Schweden unüberhörbar, was sich teilweise in größerem Bombast und größeren Chören niederschlägt, ohne dass EUROPE dabei die typischen Eigenschaften abwirft. Der zwischenzeitliche, erdige Hard Rock, der schon auf dem Vorgängeralbum wieder mehr in Richtung Keyboards tendierte, ist passè, jetzt wird wieder geschwelgt, ohne die scharfe Kante ganz zu schleifen.
Ein großartiges Album, das aber mehr Zeit beansprucht als die letzten Werke, um sich hineinzufinden, aber dann mit jedem Durchlauf wächst. Doch schon jetzt würde ich sagen, dass EUROPE den 'Final Countdown' einmotten kann, die neuere Phase sticht die alten Hits ganz klar aus. Ab jetzt gehört 'Walk The Earth' ans Ende eines EUROPE-Gigs!
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Frank Jaeger