FLOTSAM AND JETSAM - Ugly Noise
Auch im Soundcheck: Soundcheck 01/2013
Mehr über Flotsam And Jetsam
- Genre:
- Heavy Metal
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Eigenpressung / Pledge Music
- Release:
- 03.01.2013
- Ugly Noise
- Gitty Up
- Run And Hide
- Carry On
- Rabbit's Foot
- Play Your Part
- Rage
- Cross The Sky
- Motherfuckery
- I Believe
- To Be Free
- Machine Gun
Trotz gelungener Momente ein relativ blasser und zielloser Nachfolger zu "The Cold".
Mit dem elften Studioalbum "Ugly Noise" geht die wechselvolle Geschichte der Band aus Phoenix/Arizona in eine weitere spannende Runde. Zum einen haben sich die Herren von FLOTSAM AND JETSAM mit dem grandiosen Vorgängeralbum "The Cold" die Messlatte selbst sehr hoch gelegt, und zum anderen gingen sie für die Metalszene durchaus noch unkonventionelle Wege, indem sie das neue Album erstmals über Pledge Music von ihren Fans vorfinanzieren ließen. Ob dies einer begrüßenswerten Selfmade-Mentalität geschuldet ist, die der Band mehr kreative Unabhängigkeit verschaffen sollte, oder ob die Tugend aus der Not mangelnden Labelinteresses geboren ward, das ist mir nicht bekannt. Nach dem Erfolg des Vorgängers, wäre letztere Option jedoch fast tragisch.
Dass darüber hinaus noch das Line-up des 1991er-Albums "Cuatro" komplett wieder vereint ist, und dass bis auf Bassist Jason Ward auch alle Mitglieder bereits der klassischen 80er-Besetzung angehörten, weckt zudem die unterschiedlichsten Erwartungen. Erwartungen, an denen eine Band fast nur scheitern kann, denn mit zu viel Vorschusslorbeeren bedacht, kann der Schuss auch gerne mal nach hinten los gehen. Daher wird man sich bereits vorher klar machen müssen, dass "Ugly Noise" mitnichten die eierlegende Wollmilchsau sein kann, die den Speed Metal von "Doomsday For The Deceiver" mit dem groovenden Metal von "Cuatro" oder "High" und dem brachial harten und doch so emotionalen Neuzeitstahl von "The Cold" perfekt verbinden wird. Daher schraube ich meine Hoffnungen vor dem ersten Hören der Scheibe schon einmal zurück, denn wenn FLOTSAM AND JETSAM ein schlüssiger Nachfolger zu "The Cold" gelänge, dann wäre ja schon alles in Butter, oder nicht?
Also wandert das Album direkt nach Erhalt der E-Post von Pledge Music in den Player, die Play-Taste ist gedrückt, und mit unheilvoll dunklen Pianoklängen geht die Reise los. Das eröffnende Titelstück wird von Eric A.K. beschwörend eingeleitet, es setzt ein schleppendes Riff ein, das kurz an "The Cold" gemahnt, bevor hackende Palm-Mute-Riffs im Wechsel mit atmosphärischen Passagen das Grundgerüst des Songs errichten. Erics nach wie vor fantastische Stimme thront über allem, doch das musikalische Beiwerk muss erst einmal sortiert werden. Der Sound ist nicht so druckvoll, kristallin und berstend wie beim Vorgänger, die "muffled strings" führen zu einem Klangbild, das eher an die groovenden Werke der Neunziger erinnert. Dazu passt auch der Shout-Chorus. Dennoch, der Auftakt ist stark und lässt auf mehr hoffen.
Auch bei 'Gitty Up' lassen die relativ punkigen und etwas hektisch gesungenen Verse und der verschärft radiotaugliche Refrain die nicht ganz so glorreichen Neunziger ebenso durchschimmern wie METALLICA zu "Load/Reload"-Zeiten. Ein erstes echtes Highlight gibt es dann jedoch mit 'Run And Hide' zu beklatschen. Ein langsamer und atmosphärischer Aufbau, der vom Bass und Keyboard-Sounds dominiert wird, geht bald in einen intensiven und fantastisch gesungenen, getragenen Rocker mit einem großartigen Refrain und tollen Gitarrenleads über. Der wuchtige, leicht alternativ angehauchte Groove-Thrasher 'Carry On' glänzt vor allem beim Leadgitarrenpart, wohingegen 'Rabbit's Foot' und 'Play Your Part' sich von Anfang bis Ende als sehr schöne, getragene (der erstere sogar rundum radiotaugliche) Rocker mit cleanen Zupfgitarren-Arrangements, gemäßigtem aber eindringlichem Gesang und feinen Soli präsentieren.
Wer sich für die zweite Hälfte des Albums eine weitere Steigerung erhofft, der sieht jedoch zunächt einmal platzende Seifenblasen. Das, was beim Vinyl die B-Seite wäre, beginnt mit 'Rage' und klingt erst einmal nach einem durchschnittlichen Outtake zu einem der letzten drei SAVATAGE-Alben. Auch das etwas zähe, schleppende 'Cross The Sky' will nicht so recht zünden, und das leicht industriell arrangierte 'Motherfuckery' rattert recht ziellos und unspektakulär aus den Boxen. Mit 'I Believe' wird es dann sehr relaxt, basslastig und ein wenig funky, der Refrain ist recht ordentlich, doch auch hier fehlt der letzte Kick. Inzwischen ist es also bitter nötig, dass die Band mit dem Abschlussdoppel noch mal richtig zuschlägt, um das Album noch in den grünen Bereich zu hieven, und die ersten Takte von 'To Be Free' lassen dann auch ein wenig durchatmen, ohne vollends zu erlösen. Hier gehen Riffs und Rhythmik durchaus ansatzweise in Richtung Speed und Thrash, doch dem Refrain fehlt die krönende Hookline. Den Abschluss gibt es dann mit 'Machine Gun', das die Scheibe reichlich unspektakulär ins Ziel dümpeln lässt.
Das mag jetzt alles sehr negativ klingen, und ich will euch auch nichts vormachen: Nach "The Cold" ist "Ugly Noise" eine ziemliche Enttäuschung für mich, die ich in der Form nicht erwartet hätte. Dass es letztlich in Zahlen ausgedrückt mit viel Wohlwollen doch noch für den soliden Notenbereich reicht, liegt daran, dass Eric A.K. nach wie vor großartig singt, dass ich vier bis fünf Stücke richtig gut finde, und daran, dass das Album ohne den großen Schatten des Vorgängers sicher auf viel fruchtbareren Boden gefallen wäre. Daher will ich langjährigen Fans auch keinesfalls kategorisch von "Ugly Noise" abraten. Wer an den FLOTS-Alben der Neunziger seine Freude hatte, der wird nach etwas Eingewöhnung bestimmt auch mit dem neuen Werk einige freudige Momente erleben.
Wer die Band unterstützen oder eine digitale oder physische Version des Albums ordern möchte, der findet bei PledgeMusic alle nötigen Informationen.
Mehr zu diesem Album:
Soundcheck 01/2013
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle