FORTNIGHT CIRCUS - Artificial Memories
Mehr über Fortnight Circus
- Genre:
- Progressive Crossover
- ∅-Note:
- 6.50
- Label:
- FNC Records
- Release:
- 12.07.2019
- Pandemonium (Overture)
- Taking Over the Game
- Mirage
- The Tempted Long-Shot
- Song of Broken Words
- Obey the Voice Within
- Daylight Shadow
- Lucid Nightmare
- Devil Inside
- Midnight Scar
- Absolute Zero
- Of Angels & Agony (Bonustrack)
Weniger ist manchmal mehr ...
Die Münchener Newcomer FORTNIGHT CIRCUS geben dem potentiellen Fan und Hörer beim Erstkontakt erst einmal einige Rätsel auf. So lässt das Artwork des Debütalbums "Artificial Memories" mit seinem abstrakten Stil erst einmal an Acts wie ARCHITECTS oder ANIMALS AS LEADERS denken, ein Blick in die Selbstbeschreibung des Vierers spricht stattdessen aber von "Progressive Crossover". Doch was kann man sich unter diesem Begriff vorstellen und vor allem was erwartet den Hörer auf dem ersten Silberling der Süddeutschen? LIMP BIZKIT trifft DREAM THEATER?
So weit liegt dieser Gedanke nicht von der Wahrheit entfernt, denn gerade die Raps von Keyboarder Jakob erinnern mich oftmals frappierend an Fred Durst zu seinen Hochzeiten Anfang des neuen Jahrtausends, während Fronter Salim mit seinem Klargesang einen Gegenpol zum Sprechgesang bildet, womit das musikalische Rezept grundsätzlich dem gleicht, mit dem sich die Jungs von LINKIN PARK zu Weltstars gemausert haben. Doch hier enden schon die Parallelen zum Nu Metal, denn spätestens wenn im eigentlichen Opener 'Taking Over The Game' (zuvor eröffnet das Instrumental 'Pandemonium (Overture)' die Platte) erstmals die Synthesizer-Sounds das Zepter übernehmen, lässt sich ganz klar der Einfluss der Prog-Titanen DREAM THEATER heraushören. Wenn dann Schlagzeuger Nikki die poppige Grundausrichtung auch noch mit einem schrägen Break samt ungeradem Takt durchbricht, sollte klar sein, dass wir es hier mit einer Truppe zu tun haben, die ihr Handwerk versteht und sich durchaus mit dem Label "Progessive" schmücken darf.
Einen Stil, den ich so bisher noch nicht gehört habe, und dazu auch noch musikalisch auf höchstem Niveau - eigentlich müssten die Jungs damit doch alles beisammen haben, um so richtig durchzustarten, oder? Leider nicht ganz, denn auch wenn das Quartett mit Tracks wie 'Mirage' oder dem herrlich Djent-lastigen 'Midnight Scar' einige echte Volltreffer im Gepäck hat, übertreiben es die Bayern leider gerne mit ihren musikalischen Experimenten und versenken dabei auch gute Ideen mit unnötig abgedrehtem Synthie-Beschuss. Tiefpunkt ist in dieser Hinsicht die fürchterlich peinliche Popnummer 'The Tempted Long-Shot', die sich mit ihren erzwungenen Dubstep-Anleihen und dem gnadenlos belanglosen Refrain auch gut auf einem Helene Fischer-Album gemacht hätte. Deutlich schöner kommt da schon das Epos 'Devil Inside' mit satten neun Minuten Spielzeit daher, das noch einmal die gegensätzlichen Pole der Band auf einen gemeinsamen Nenner bringt, ohne dabei den roten Faden beim Songwriting aus den Augen zu verlieren.
Insgesamt ist "Artificial Memories" trotzdem eher ein Fall für das Sprichwort "weniger ist manchmal mehr". Klar leben gerade progressivere Spielarten von einer gewissen Vielfalt und kokettieren gerne mit abgedrehteren Ideen, doch die Münchener versuchen auf ihrem Erstling einfach zu zwanghaft alle Einflüsse unterzubringen, die ihnen irgendwo mal begegnet sind. Das führt zwar dazu, dass man einen Sound wie den von FORTNIGHT CIRCUS so wahrscheinlich noch nie gehört hat, macht die Scheibe aber auch über weite Strecken zu einem anstrengenden Hörerlebnis, von dem nur wenig den Weg ins Langzeitgedächtnis findet. Potential hat der Vierer dennoch auf jeden Fall. Wenn sich die Jungs beim nächsten mal konsequenter auf ihre Stärken fokussieren und die unnötigen Experimente zurückfahren, dann kann dem Crossover-Fan hier ein echter Leckerbissen ins Haus stehen.
- Note:
- 6.50
- Redakteur:
- Tobias Dahs