GHOST BRIGADE - IV - One With The Storm
Auch im Soundcheck: Soundcheck 10/2014
Mehr über Ghost Brigade
- Genre:
- Doom Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Season Of Mist (Soulfood)
- Release:
- 07.11.2014
- Wretched Blues
- Departures
- Aurora
- Disembodied Voices
- Electra Complex
- Stones And Pillars
- Anchored
- The Knife
- Long Way To The Graves
- Elämä On Tulta
Die Nihil Industry ist zurück!
Die Veröffentlichung des Vorgängers "Until Fear No Longer Defines Us" liegt mittlerweile drei Jahre zurück. Ein ungeschriebenes Gesetz des Musikbusiness besagt, dass man leicht von der Bildfläche verschwinden kann und man sich die hart erarbeiteten Leviten wieder zurückverdienen muss, wenn man sich für längere Zeit zurückzieht. Und so habe auch ich mir zwar die alten Alben immer wieder gerne angehört, bis Ende Juli hatte ich die Finnen aber irgendwie nicht mehr wirklich auf dem Schirm. Bei einem Konzert in München traf ich Wille (Naukkarinen, Gitarre) und er erzählte mir, dass die neue CD bereits im Kasten sei und bald veröffentlicht werden sollte. Vorfreude kam auf und die Spannung hielt sich, bis ich die Promo zu "IV - One With The Storm" in meine Hände bekommen habe - oder besser gesagt: auf der Festplatte abgespeichert hatte.
Wenig bis gar nichts wusste ich im Vorfeld über die neuen Songs, daher waren die einzigen Erwartungen, die ich hatte, folgende: Bitte klatscht mich an die Wand! Bringt mich zum weinen, zum lachen, zum hassen und zum lieben! Und ja, was soll ich sagen? Mission erfüllt!
Das aktuelle Album bietet alles, was die Finnen bisher ausgemacht hat. Nur etwas gemäßigter, etwas polierter, etwas, ja, reifer. Das rohe, wilde Element meines persönlichen Favorits "Isolation Songs" ist einer durchdachteren Herangehensweise gewichen. Die Songs sind flüssiger und unkonventioneller aufgebaut. Wo GHOST BRIGADE in der Vergangenheit auf typische Schemata setzte, haben sich eben jene auf "IV - One With The Storm" ausgedünnt. Aufs Intro folgt nicht zwingend die erste Strophe. Darauf folgt nicht unbedingt der erste Kehrvers, ehe man wieder zurückspringt, das ganze wiederholt und zum Outro übergeht.
'Electra Complex' und 'Elämä On Tulta' sind beispielhaft dafür, wie sich GHOST BRIGADE-Songs anno 2014 zusammensetzen: Unkonventionell, detailverliebt und stimmungsschwankend (im positiven Sinn!). Erstgenannter beginnt verträumt, wunderschön finnisch-melancholisch. Im letzten Drittel wird man aus der Gemütlichkeit gerissen und plötzlich wird's ganz dunkel. Sänger Manne wechselt gekonnt von clean zu aggressiv - auf's erste Hören ein derber Schnitt, ein neuer Song im Song sozusagen. Aber je öfter ich mir dieses Kunstwerk anhöre, desto klarer wird mir die songwriterische Raffinesse, die dahinter steckt. Da ist nichts konstruiert, sondern einfach nur genial komponiert.
Die Leadgitarre hat auch weiterhin ihren prominenten Platz im Soundgefüge und ergänzt sich hervorragend mit dem Gesang und den Keyboards. Als weiteres Plus muss man die Rekrutierung Joni Vanhanens an den Keyboards nennen. Diese verschmelzen mit dem Gesamtsound zu einer Einheit und wirken nicht mehr, wie noch in vergangenen Tagen, wie ein Fremdkörper. Sänger Manne Ikonen war ja schon seit dem Debüt hervorragend bei Stimme und über dessen hohen Wiedererkennungswert braucht man auch nicht streiten. Doch auch er hat weiter am Gesang gefeilt. Sehr gelungen sind dabei die Gesangsharmonien, die die GHOST BRIGADEsche Melancholie zu einem noch intensiveren Hörerlebnis werden lassen.
Bei genauem Hinhören fällt auf, dass "IV - One With The Storm" gar nicht so weit weg von THE CUREs "Disintegration" oder "Wish" ist. Ein Versuch, bei dem KATATONIA bereits seit zwei Alben kläglich scheitert. Die Melancholie, die GHOST BRIGADE vertont, ist ehrlicher, bodenständiger und unterhaltsamer als die einstigen Könige aus Schweden, die hoffentlich bald den Weg aus der Sackgasse finden werden.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Haris Durakovic