HERETIC (USA) - A Time Of Crisis
Mehr über Heretic (USA)
- Genre:
- Power Metal / Thrash Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Metal On Metal Records
- Release:
- 26.07.2012
- The Divine Inquisition
- Tomorrow's Plague
- Betrayed
- Remains
- A Time Of Crisis
- For Your Faith
- Raise Your Fist
- Heretic
- Child Of War
- Police State
- The End Of The World
- Let Me Begin Again
Ein wuchtig bratendes US-Power/Thrash-Album der gehobenen Klasse!
Wenn eine Band Äonen nach ihrem letzten Album aus dem Nichts zurückkehrt, dann löst das bei der Zielgruppe natürlich erst einmal Skepsis aus. Will die Band beim vor allem in Europa allerorten zelebrierten 80er-Metal-Revival einfach nur mitschwimmen, oder hat sie wirklich noch etwas zu sagen und zu bieten?
In diese Kategorie der etwas misstrauisch beäugten Reunions gehört zweifellos auch die Rückkehr der Kalifornier von HERETIC. Ein knappes Vierteljahrhundert nachdem die Band mit Kultsänger Mike Howe ihren unbestrittenen Klassiker "Breaking Point" eingetütet hat und ihren Frontmann kurz darauf an METAL CHURCH verlor, ist das Quintett wieder am Start. Das Mikro schwingt anno 2012 kein Geringerer als Julian Mendez, der bereits 1986 die erste EP "Torture Knows No Boundary" eingesungen hatte. Daneben ist Gitarrist Brian Korban der letzte verbliebene Mohikaner vom alten Line-up. Der Rest der Band besteht aus neuen Musikern, die in der kalifornischen Härtnerszene durchaus bereits ihre Sporen verdient haben (u.a. bei HIRAX, VENGEANCE RISING und BITCH).
Die Scheibe in den Schacht geschoben, spitzen sich die Ohren rasch gespannt, was diese Neuauflage der Band auftischen wird: Das clean gezupfte und majestätische Intro weckt dabei gleich zum Einstieg sehr positive Assoziationen zum Debütalbum, die der harte Opener 'Tomorrow's Plague' dann nur bedingt widerspiegelt. Die Band ist inzwischen ein ganzes Stückchen weiter gen Thrash gerückt, und zelebriert nicht mehr den lupenreinen US-Power-Metal, der einst ihr Markenzeichen war. Dennoch kann sich der transparente und wuchtige Sound ebenso hören lassen, wie die messerscharf agierende Rhythmussektion und das feine Riffing.
Für viele Fans wird Julians Gesang der Knackpunkt sein. Wer einen Sangesgott vom Kaliber Mike Howe erwartet, der wird natürlich enttäuscht werden. Doch auch die EP hat ja ihre Fans, und Meister Mendez hält durchaus das Niveau, das er damals vor über 25 Jahren hatte, wenn er auch im Mittel etwas tiefer ansetzt und weniger Screams auspackt. Wenn sie jedoch kommen, dann sitzen sie auch. Er ist ein ziemlich eigenständiger und sehr kraftvoller Shouter, der das Reibeisen aus dem Effeff beherrscht, der aber auch melodische Töne anschlagen und damit echte Wirkungstreffer setzen kann. So ist etwa das phasenweise doomig zwischen CANDLEMASS und CROWBAR groovende 'Remains' in seinen später einsetzenden schnellen und melodischen Momenten ein echter Hinhorcher mit einem großartigen Chorus und tollen Hooks. Auch die Neueinspielung der Bandhymne 'Heretic' belegt fraglos, dass Mendez auch richtig gut singen kann. Ein weiteres Highlight ist 'Child Of War' mit seinen gnadenlos durch Flüssigstahlguss armierten NWoBHM-Gedächtnisriffs.
Auch der Titelsong tritt mit einer kernigen und doch stets melodisch ausgerichteten Power/Thrash-Breitseite mächtig ins Gesäß und bietet einen Refrain auf, der sich auf die Hirnrinde fräst. Wie etwa 'For Your Faith' zeigt, gibt es hier und da auch modernere Ansätze mit abgestoppten Stakkati und dem einen oder anderen Breakdown, doch im Großen und Ganzen ist es klassischer Metal der wuchtigen Gangart, den HERETIC hier aus dem Hut zaubern, und der sich damit letztlich als gelungener und schlüssiger Nachfolger für "Breaking Point" präsentiert, der dessen Klasse zwar nicht ganz erreichen kann, sie aber auch keinesfalls nur um ein Haar weiter verfehlt, als dies zahlreiche Bands tun, deren Klassiker weniger weit zurück liegen, oder die zwischendrin mehr Übung hatten.
So bleibt das Fazit, dass die neue HERETIC ein wuchtig bratendes US-Power/Thrash-Album der gehobenen Klasse ist, und das trotz des neuerlichen Sängerwechsels und der naturgemäß etwas moderneren Ausrichtung seine Freunde unter den alten Anhängern der Band finden sollte. Ansonsten dürfen sich auch all jene angesprochen fühlen, die sich bei neueren VICIOUS RUMORS oder bei der vorletzten HELSTAR zu Hause fühlen.
Am Rande sei noch daran erinnert, dass die Band im kommenden Jahr beim wie immer von uns präsentierten Headbangers Open Air auftreten wird.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle