IAN, SCOTT - I'm The Man
Mehr über Ian, Scott
- Genre:
- Autobiographie
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Verlag Nicole Schmenk
- Release:
- 13.11.2015
- Die Geschichte Dieses Typen von ANTHRAX
Unterhaltsame Autobiographie mit wenig Personenkult.<br />
Scott Ian ist ANTHRAX und ANTHRAX ist eine Metal-Institution. Seitdem ich "Fistful of Metal" gehört hatte – eine tolle Scheibe mit einem selbst damals schon lächerlichen Coverartwork – bin ich Fan. Klar, mal mehr wie zu "Among The Living" oder "The Sound Of White Noise"-Zeiten – oder auch weniger wie aus Anlass von "Persistence Of Time" oder "Worship Music", aber ich habe die Band immer ernst genommen und sie war mir nie gleichgültig. Deswegen muss ich natürlich auch wissen, was Ian so schreibt in seiner Autobiographie.
Das Buch ist tatsächlich nicht der Versuch, alles zu erzählen, was Scott Ian während seiner Karriere so alles widerfahren ist, was wahrscheinlich auch jeden Rahmen sprengen würde. Wir reden immerhin von mehr als drei Jahrzehnten! Dafür kann man aber ziemlich viel glauben, denke ich, obwohl ich dafür natürlich keine Beweise habe, aber Scott Ian hat keine bekannte Drogenhistorie oder besondere Alkoholprobleme gehabt, weswegen seine Erinnerung möglicherweise verlässlicher ist als beispielsweise die von Ozzy. Die Geschichten klingen auch glaubwürdig und sind mit einem gewissen Maß an Selbstkritik erzählt, die nicht der typischen Rockstar-Selbstbeweihräucherung entspricht. Klar, es geht um Ian Scott und sein Ego ist sicher nicht unterentwickelt, aber verglichen mit anderen Büchern, ich gebe als Beispiel mal MÖTLEY CRÜEs "The Dirt" an, ist es erfrischend wenig angeberisch. Es steht die Musik im Vordergrund, nicht so sehr die Musiker.
Die Anekdoten umspannen kurz Ians Kindheit, lang die Frühphase der Band und streifen auch alle folgenden Alben. Die neuere Zeit wird allerdings deutlich kürzer abgehandelt, aber dank des Internets lässt sich das Meiste darüber auch selbst recherchieren. So gesehen liegen die Schwerpunkte genau richtig, und auch wenn ich mir teilweise noch ausführlichere Erzählungen wünschen würde. Aber vielleicht ist da einfach nichts geschehen, was eine Ausdehnung des Buches gefordert hätte. Insgesamt ist das Buch es ein Pflichtprogramm für jeden Metalinteressierten, zumal viele Größen der Szene erwähnt werden, sodass auch ein bisschen Licht auf das Drumherum der Szene durch die Jahre fällt.
Ich habe das Buch bereits auf Englisch gelesen und nun noch einmal in der vorliegenden deutschsprachigen Ausgabe. Dabei habe ich mich einmal quer durch die Diskographie der Band gehört, was mir die Alben nochmal deutlich näher brachte. Ich empfehle jedem, das gleiche während der Lektüre zu tun, es gibt dem Buch eine weitere Dimension. Wer nicht sicher ist, für welche Ausgabe er sich entscheiden soll, bekommt hier eine Hilfestellung. Zuerst einmal zur englischen Ausgabe: Denkt dran, es wird erzählt. Es wird Slang benutzt, und das Englisch ist nicht immer ganz simpel. Klar, die Anekdoten sind auf Englisch authentischer, weil es eben die Originalsprache ist. Auch spricht für das Original, dass es einen Comic zu einer Geschichte mit Lemmy Kilmister enthält, der gut gezeichnet ist. Aber man sollte durchaus gute Kenntnisse der englischen Sprache haben, um alles zu verstehen. Wenn das nicht der Fall ist, oder wenn man, ganz ehrlich, einfach die Anstrengung meiden möchte, dann muss ich eine deutliche Lanze brechen für die neue, deutsche Ausgabe. Die Übersetzung ist nämlich ausgezeichnet gelungen und enthält sehr wenige Fehler, von denen keiner wirklich relevant ist, aber häufiger ist mir aufgefallen, wie großartig die Übersetzung funktioniert. Statt Wort für Wort hat Übersetzer Andreas Schiffmann den Spirit eingefangen und den Humor adäquat ins Deutsche Übertragen. Meine Lieblingsstelle, die mir diesbezüglich noch im Kopf geblieben ist, stammt aus besagter Geschichte mit Lemmy. Im Englischen steht da: "I had been walking around with pants full of poo." Die Übersetzung lautet: "Ich war also mit im wahrsten Sinne des Wortes dicker Hose rumgelaufen”. Gerade diese freieren Übersetzungen bringen den Ton und die Stimmung des Buches auch in der deutschen Sprache brillant rüber, geben der übersetzten Ausgabe einen Fluss, der bei solchen Projekten häufig fehlt.
Deswegen muss unbedingt erwähnt werden, dass, im Gegensatz zu vielen anderen Übersetzungen, in diesem Fall die deutsche Ausgabe nicht nur eine Krücke ist für Metaller, deren Englisch für das Original nicht ausreicht. Nein, ich habe tatsächlich das ganze Buch auf deutsch noch einmal gelesen, obwohl ich es bereits kannte, weil es so unterhaltsam und gekonnt übersetzt worden ist. Daher: Wer auf den Comic verzichten kann, der wahrscheinlich aus rechtlichen Gründen nicht in der deutschsprachigen Ausgabe enthalten ist, kann bedenkenlos zu der Ausgabe in seiner Muttersprache greifen. Keine Bange, das Buch ist mit Liebe und metallischem Verstand veröffentlicht worden. Schnappt es euch – denn lesen sollte man als Metaller "I Am The Man" auf jeden Fall!
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Frank Jaeger