INSOMNIUM - Winter's Gate
Auch im Soundcheck: Soundcheck 09/2016
Mehr über Insomnium
- Genre:
- Melodic Death Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Century Media Records
- Release:
- 23.09.2016
- Winter's Gate
40-Minuten-Epos ohne Lücken!
Ja wie jetzt? Ein Song, 40 Minuten?! Die spinnen, die... Nordeuropäer. Aber mal im Ernst: Ich bin kein Fan ultralanger Stücke. Klar, wenn großartig und spannend komponiert (wie beispielsweise EDGE OF SANITYs "Crimson"), ja, dann bin ich dabei. Aber solche Heldentaten sind mir bislang selten untergekommen. Riffs, die nahtlos ineinander übergehen, ein Hauptthema, das in unterschiedlichsten Variationen in das Gesamte eingebunden wird - ein Album, das einem beim Hören so schnell vergeht wie ein Fünf-Minuten-Song. Bei einem normalen Rundling kann man skippen, bei einer Schallplatte zieht man die Nadel auf den nächsten Song. Aber bei einem 40-Minuten-Schinken ist es für mich einfach zu nervig, Langweiliges und Belangloses durch die Vorspultaste zu überspringen.
Eine ziemlich negative Einleitung für ein 8,5-Punkte-Review, oder? Ja, finde ich auch. Und ich kann euch beruhigen. Denn INSOMNIUM bietet dem Fan auf "Winter's Gate" ein äußerst kurzweilig, intelligent durchkomponiertes und spannend inszeniertes 40-Minuten-Epos. Angefangen beim für die Finnen so typischen, verträumten, großflächigen Gitarren-Intro, bei dem die übereinandergelegten Spuren leichtfüßig vor sich hin tänzeln. Ganz herrlich, wie es Sänger Nillo und seine Sidekicks schaffen, einen nahezu perfekten Spannungsbogen aufzubauen. Denn just, als die gesamte Band einsetzt, der krasse Kontrast: Ein kurzes Fade-In und INSOMNIUM brettert den schnellsten und gleichzeitig melodischten Blastbeat der Bandgeschichte. Bäm! Direkt auffa Fresse!
Es dauert ganze 2:38 Minuten, ehe Nillo mit seiner gewohnt kräftigen und raumfüllenden Stimme einsetzt. Bei genauem Hinhören fällt auf, wie geschickt die Gitarren die Melodie des Knüppel-Parts in ein geiles thrashiges Riff umsetzen. Das ist ganz große Songwriting-Kunst!
Ab Minute 6:15 dann ein Stimmungsumbruch. Wirkte bisher alles wunderschön finnisch-melancholisch, so ziehen jetzt bedrohliche Wolken auf, die INSOMNIUM mit einem klasse Akustik-Riff umsetzt. Und jene Passage, die zwischen Düsternis und Hoffnung hin- und herspringt, ist ein perfekter Übergang zum folgenden Death-Metal-Riff, das im Repertoire der Finnen natürlich auch nicht fehlen darf.
Dann wird wieder ein ordentlicher Gang zurückgeschaltet, ähnliche Pad-Sounds der Gitarren wie im Intro lassen den Hörer etwas durchatmen. Der folgende Abschnitt erinnert durch Instrumentierung und Groove ein wenig an LONG DISTANCE CALLING. Und dann geht's wieder zur Sache... Viel mehr will ich euch nicht verraten, denn es lohnt sich, die 40 Minuten selbst zu erkundschaften. Versprochen!
Übrigens, auch Gitarrist Ville, der einmal mehr für den cleanen Gesang verantwortlich zeichnet, kommt auf "Winter's Gate" glücklicherweise nicht zu kurz. Seine Vocals haben den Songs schon in der Vergangenheit das gewisse Etwas gegeben. Nur, dass INSOMNIUM anno 2016 insgesamt reifer agiert. Und alldem setzt ein gewisser Dan Swanö mit einem herrlich atmenden, an den richtigen Stellen wuchtigen und druckvollen Mix die Krone auf.
Ich hätte vielleicht auf den einen oder anderen Übergang verzichten können und dafür lieber ein paar Einzelsongs gehabt, aber dennoch ist das, was INSOMNIUM auf "Winter's Gate" bietet, ganz vorzüglich.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Haris Durakovic