JAG PANZER - The Deviant Chord
Auch im Soundcheck: Soundcheck 09/2017
Mehr über Jag Panzer
- Genre:
- Heavy Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Steamhamme (SPV)
- Release:
- 29.09.2017
- Born Of The Flame
- Far Beyond All Fear
- The Deviant Chord
- Blacklist
- Foggy Dew
- Divine Intervention
- Long Awaited Kiss
- Salacious Behaviour
- Fire Of Our Spirit
- Dare
Ein sehr schönes Comeback mit etlichen tollen Songs.
Kaum war das letzte Studioalbum "The Scourge Of The Light" in den Läden, machten sich in Colorados Jagdpanzerwerkstatt Resignationserscheinungen breit und die Band löste sich auf, obwohl das Album so schlecht gar nicht war. Schon damals waren sich die meisten Fans sicher, dass es wohl kein Abschied auf Dauer sein würde, und wir sollten Recht behalten: Kaum ein gutes Jahr später kehrte die Band mit einigen starken Auftritten zurück, doch bis zur nächsten Langrille vergingen nun doch satte sechs Jahre. Viel Zeit also, in der die Band sich Zeit fürs Songwriting und die Produktion nehmen konnte und somit steht einem neuen Knaller nichts im Wege, oder?
Nun, blickt man sich in der Szene um, scheint es mehr Skepsis als Vorschusslorbeer zu geben, und das heißt für Mark, Harry und Co., dass sie sich erneut beweisen und Überzeugungsarbeit zu leisten haben, denn die auf "Ample Destruction" fixierte Alteisen-Fraktion scheint kaum kleiner zu sein als die der getreuen Nibelungen. Ob der Zehntling "The Deviant Chord" die Brücke zwischen den Fanlagern schlagen kann? Nun, sicherlich ist das kein leichtes Unterfangen, und dieses gerät direkt nach dem ersten Anspielen der Scheibe gleich mal ins Wanken, wird der arglose Hörer doch gleich mal von Rikard Stjernquists brachialem Schlagzeug angeknockt, dem John Herrera einen dominanten Sound auf den Leib geschneidert hat, der wahrlich nicht jedem Hörer mundet und zu dem Mark Briody in unserem Interview ausführlich Stellung genommen hat.
Haben wir diese kalte Dusche erst einmal hinter uns, die gerade beim flotten Opener 'Born Of The Flame' mit seinen melodischen Gitarrenleads doch recht massiv in den Vordergrund rückt, dann nimmt das Album jedoch durchaus Fahrt auf und weiß mit JAG PANZERs ureigenen Stärken zu punkten. Hat der erste Song neben Harry Conklins gewohnt souveräner Sirene auch einige feine Bassparts von John Tetley und Soli von Joey Tafolla zu bieten, da gibt sich das vorab ausgekoppelte 'Far Beyond Our Dreams' sehr hymnisch und mit dicken Chören versehen, doch insgesamt ein wenig unscheinbar. Eine Spieluhr und ein sehr schönes, mystisches Zupfgitarrenlead leitet sodann das Titelstück ein, dessen Einstieg Harry mit seiner flüsternden Balladenstimme veredelt die von sanften Streichern flankiert wird, wie es auch auf Alben wie "Age Of Mastery" und "Thane To The Throne" der Brauch war. Auch die sich dann schlagartig steigernde Dramatik mit Streichern, Pauke, Gong und einem brutal dazwischen schneidenden Riff Mark Briodys sind die klassische JAG PANZER-Schule.
Noch weiter wird die Uhr bei 'Black List' zurück gedreht, das nahezu ohne Ballast auskommt und sich als straighter, bissiger Midtempo-Banger entpuppt, der in anderem Klanggewand auch in den Achtzigern ins Programm gepasst hätte, als die Band ihre progressive Ader nur selten auslebte. Keltisches Mythenfeeling haben die Panzerfahrer indes auch wieder im Gepäck und zwar dieses Mal in Reinkultur, hat man sich doch in einer Coverversion des irischen Revolutionssongs 'Foggy Dew' angenommen, die sich wirklich hören lassen kann, denn Harry Conklin hat diesen bardenhaften erzählerischen Duktus einfach perfekt drauf und Meister Tafolla steuert hierzu auch ein paar herrliche Leads bei, während Mark Briody das Traditional mit seinen bissigen Riffs ordentlich verchromt.
Die progressive-vertracktere Ader der Band kommt sodann bei 'Divine Intervention' zum Zuge, das einige sperrige Bassparts und dissonante Gitarrenelemente zu bieten hat, die mit der leicht folkloristischen, teils mehrstimmigen Gesangsmelodie einen eigenwilligen Kontrast bilden, der den Song sicher nicht zum unumstrittenen Highlight des Albums avancieren lassen wird. Die Ballade 'Long Awaited Kiss' ist dafür wieder sauber in der 80er-Spur und lässt Harrys fragil intoniertes Schwelgen weitgehend nur von Piano und Streichern begleiten, natürlich nicht ohne dass Mark und Joey in den Refrainparts die Akzente zur Power-Ballade setzen dürfen. Für ein zweites 'Take This Pain (Away)' reicht es vielleicht nicht ganz, doch auch dieses Stück ist wirklich fein geworden.
Damit sind wir dann auch schon im Schlussdritten angelangt, das mit 'Salacious Behaviour' ein flotter Brecher eröffnen darf, der für mich einen ganz leichten SAXON-Einschlag abbekommen hat, bevor bei extrem schnellen 'Fire Of Our Spirit' die Gitarrenfraktion nochmal aus allen Rohren feuern darf und speziell Joey Tafolla die Lizenz zum Fiedeln weidlich ausnutzt. Beschlossen wird das Album von dem im militärischen Midtempo voran walzenden 'Dare' das noch einmal einen richtig starken Mitsingrefrain präsentiert.
Im Endeffekt ist "The Deviant Chord" aus meiner Sicht ein sehr schönes Comeback mit etlichen tollen Songs geworden, die ich auch sehr gerne live hören würde. Alle Stücke haben Hooks, die man wieder erkennt und zudem sind die Kompositionen relativ kompakt und straight gehalten. Der technische Aspekt ist bei Musikern dieses Kalibers natürlich nach wie vor präsent, doch mir kommt das etwas bodenständigere Songwriting durchaus entgegen. Der Sound speziell des Schlagzeugs ist sicherlich Geschmackssache, doch ich empfinde Rikards Spiel als durchaus abwechslungsreich und vielseitig, so dass mich eine gewisse Sterilität des Klangbildes nicht nennenswert stört, wobei ich da auch kein Maßstab bin. Ach ja, das Cartoon-Cover mit dem verrückten Mutanten-Professor von Dušan Marković finde ich zudem auch noch sehr gelungen. Von mir gibt's daher nach alledem eine durchaus dicke Kaufempfehlung! Es ist schön, dass wir die Band zurück haben und es bleibt zu hoffen, dass es dieses Mal mit einer echten Europa-Tour klappt.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle