JELONEK - Jelonek
Mehr über Jelonek
- Genre:
- Instrumental Metal/Rock
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Mystic Production
- Release:
- 25.01.2010
- BaRock
- B.East
- Vendome 1212
- Akka
- Steppe
- A Funeral Of A Provincial Vampire
- Lorr
- Beech Forest
- War In The Kids Room
- Miserere Mei Deus
- Mosquito Flight
- MachineHat
- Elephant's Ballet
- Pizzicato - Asceticism
Violine modern.<br />
Traditionelle Geigenzupfer, fidele Fiedler, klassische Soloviolonisten, verrückte Jazzer, eingängige Popmusikanten und cineastische Soundtrackveredler ebenso wie zweitbesetzte Orchestergeigen und angeheuerte Studiohände für zweifelhafte Aufpimpversuche ebenso zweifelhaften Altherrenrocks - sie alle bedienen sich des gleichen Geräts wie JELONEK, und von allem lässt sich im ein oder anderen Takt seines selbstbetitelten Solodebüts etwas heraushören. Zwei Jahrzehnte ist der Künstler zuvor schon in klassischen Orchestern, aber auch auf vielen sogenannten U-Musik-Alben zu hören gewesen.
Wo die Klangarchitekten anderer Crossoverprojekte gerre mal komplette Strukturen, mehr oder weniger so wie sie überliefert sind, einfach nur zur Seite neigen und dadurch miteinander kollidieren (und mitunter auch aneinander kollabieren) lassen, ist JELONEK ein echter Brückenschlag gelungen. Michał Jelonek und seine Mitmusiker Andrzej Karp (Bassgitarre), Paweł Grzegorczyk, Robert Fijałkowski (Gitarren), Justyna Osiecka (Cello), Karel Ludew, Artur Lipiński und Dawid Somló (diverses Schlagwerk) klingen wie eine gut aufeinander eingespielte Band und nicht einfach nach einem klassisch ausgebildeten Solokünstler mit für ein wenig Popappeal sorgendem Hintergrundgerocke nach Schema F.
Freilich kommt die "Jelonek"-Musik strukturell dem Prog- und Folkrock oder auch populärmusikalischen Vorstellungen von Neoklassik näher als akademischer Tradition des Komponierens, aber gerade aus dieser Bodenständigkeit bei gleichzeitiger Offenheit für das Unkonventionelle erwachsen ihre Kraft und Stilsicherheit. Da werden immer wieder neue kurze Bögen gespannt, denen auch ein an Metal und Rock geschulter Pophörer mit lediglich ansatzweise und äußerst sporadisch ausgelebter Klassikaffinität bereits nach wenigen Probedurchläufen folgen kann, ohne sich selbst ein Aufmerksamkeitsdefizit attestieren zu müssen. Allzu freakproggig vertrackte oder gar überaggressiv dargebotene Virtuosenattacken, die würdigen zu können man ein abgeschlossenes Musikstudium oder zumindest regen Verkehr in Technical-Death-Metal-Kreisen oder einschlägigen Weird-Jazz-Kaschemmen bräuchte, hat uns JELONEK ebenfalls erspart. Auch bleibt der Härtegrad des vorliegenden Albums trotz elektrisch verstärkten Instrumentariums der JELONEK-Band relativ moderat. Dennoch dürfen auch Freunde des zweiten bzw. dritten APOCALYPTICA-Albums (die Rede ist von der äußerst frischen und begnadeten Stücksammlung "Inquisition Symphony" sowie vom durchgängig stimmungsvollen Gesamtkunstwerk "Cult") in hoffnungsfroher Erwartung des ein oder anderen Streichermetalnuggets "Jelonek" widmen. Denn neben vorrangig melodisch oder atmosphärisch fokussierten Stücken wartet das Album auch mit einigen Rifffesten und kurzweiligen rhythmischen Sperenzchen auf. Der irre 'Mosquito Flight' zeigt sich hier von einer besonderen Meisterhaftigkeit, die von Zigeunergeige bis hin zu Industrial einiges miteinbezieht, ohne dabei jemals den roten Faden zu verlieren.
Mit einer aufgrund kommerzieller Hintergedanken erwogenen Verbreiterung der Konsumentengruppe, welche auf wohlfeile Weise das Konzept "Rock plus" bzw. "Metal plus" mittels Klassik (nicht aber unbedingt Klasse) in puncto Sozialstatus aufzuwerten versucht, oder mit eher an musikalische Taschenspielereien für Kurzweil, Jux und Dollerei ("novelty music") gemahnenden Projekten mit kurzer Halbwertszeit sollte man JELONEK also nicht in eine Schublade legen. Stattdessen haben wir es hier mit ambitionierter, nicht aber überernster Musik zu tun, die von Selbstbewusstsein im umfassendsten Sinne geprägt ist. "Jelonek" ist ein reifes und doch junggebliebenes Werk.
Anspieltipps sind das spannungsvolle Stück 'Lorr', das naturträumerisch gerahmte, melancholische 'Beech Forest' sowie das spiraleske 'MachineHat'.
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Eike Schmitz