KING CRIMSON - The Power To Believe
Mehr über King Crimson
- Genre:
- Prog Rock
- Label:
- Sanctuary
- The Power To Believe I : A Cappella
- Level Five
- Eyes Wide Open
- Elektrik
- Facts Of Life (Intro)
- Facts Of Life
- The Power To Believe II
- Dangerous Curves
- Happy With What You Have To Be Happy With
- The Power To Believe III
- The Power To Believe IV : Coda
Da habe ich mir ja etwas angetan: Ich soll die Musik einer KING CRIMSON-Platte in Worte kleiden - ein von Beginn an zum Scheitern verurteiltes Projekt, das war mir sofort klar. Denn, wer sich ein kleines bisschen mit der Musik, der Kunst von KING CRIMSON vertraut gemacht hat, wird verstehen, dass man die dort gebotenen Klanggebilde nicht mit den üblichen Floskeln lobpreisen kann.
KING CRIMSON hatten und haben so viel Einfluss auf die – progressive - Rockmusik von heute wie kaum eine andere Band. Sie waren beispielsweise die erste Rockband, die bereits 1969 auf ihrem Debutalbum „In The Court Of The Crimson King“ mit einem Melotron herumexperimentierten. Am Rande sei erwähnt, dass sie genau auf diesem Album ihren wohl einzigen Semi-Hit im Sinne von bekannt hatten: „21st Century Schizoid Man“. Diese Nummer wurde schon das ein oder andere Mal vermetalt, unter Anderem von VOIVOD und FORBIDDEN.
Die jungen Leser werden jetzt wohl denken, wer seit 1969 musiziert, wird wohl zum alten Greis mutiert sein - völlig falsch! Ich hatte das unglaubliche Vergnügen, die Herren Fripp, Belew und Gunn – bin mir über den Drummer nicht mehr ganz sicher – vor einigen Jahren livehaftig zu erleben. Und eins sei euch gesagt, manchmal habe ich mich gefragt, warum SLAYER immer soviel Intensität nachgesagt wird. Dagegen verkümmern Araya und seine Schlächter zum Kindergarten von Schlumpfhausen. Und ich liebe SLAYER... .
Aber all' dieses Gelabere soll ja eigentlich nur davon ablenken, dass ich immer noch nicht so recht weiß, wie ich euch denn „The Power To Believe“ schmackhaft machen soll.
Man kann KING CRIMSON mit keiner anderen Band vergleichen, nicht einmal mit sich selbst. Immer wieder sprengen sie den musikalisch angedeuteten Rahmen, brechen Normen und verwirren den Hörer mit verblüffender Musik. Dabei legen sie gar nicht unbedingt Wert auf kopflastige Kompositionen, ganz im Gegenteil: Anfang der 80er erinnerte ihr Stil mit „Discipline“ an das, was PRIMUS später groß machen sollte.
Ooops, ich wollte ja über dieses Album hier schreiben: Anno 2003 kommen KING CRIMSON annähernd fröhlich 'rüber, vor allem im ersten Part des Albums erfreuen sie mit fast schon melodisch anmutenden Songs. Der typisch knarzige Sound, der mich immer fragen lässt, ob man hier Zupf- oder Streichinstrumente hört (ja, es sind zwei Gitarren!) sowie der etwas klinisch klingende Drumsound lassen die Kinnlade bereits bei „Level Five“ die Schwerkraft zu spüren bekommen.
Aber mit der Gesangsnummer „Eyes Wide Open“ überrascht man mit einer akustischen Schwebenummer, die auch auf FRIPP/SYLVIAN-Alben stehen könnte. Herrlich! Und diese Stimmung wird mit dem gezupften „Elektrik“ fortgesetzt.
Mit „Facts Of Life“ stampft dann ein Godzilla aus den Boxen, der alle meine Power Metal-Platten auffrisst - heiliger BimmBamm, der ist wütend! Dabei grooved er aber mächtig im treibenden Beat und lässt beinahe das Gebäude wackeln. Klingt wie MINISTRY ohne den Electro-Anteil und nach dem Konsum einer wohldurchdachten Dosis guter Drogen.
Mit „The Power To Believe II“ bewegen sich die Herren, die unter anderem schon für DAVID BOWIE, MR. MISTER, PETER GABRIEL und unzählige andere namhaften Künstlern gearbeitet haben, auf meditativer Ebene, japanisch anmutende Klänge verzaubern den Hörer und entschlüsseln eine weitere Facette des CRIMSON-Sounds.
Sprach ich eben noch vom Einsatz zweier Gitarren, so muss ich dies eigentlich korrigieren, denn Trey Gunn gibt mit seiner Touch-Guitar jeder aktuelleren KC-Platte seine sehr individuelle Note. Dieses 10-saitige Instrumente erzeugt eine solch breite Palette an Sounds, dass man es einfach gehört haben muss.
Eines sei auf jeden Fall gesagt: Man vermisst hier weder einen Vollzeit-Bassisten noch einen Keyboardspieler, vielmehr fragt man sich die ganze Zeit, ob man wirklich nur vier Musiker hört.
Also, lange Rede, vielleicht kein Sinn: Dieses Album ist wie alle anderen KING CRIMSON-Scheiben ein großartig-innovatives und zugleich aufregendes Album. Ich kann nur allen aufgeschlossenen Lesern, die auf der Suche nach andersartigen Sounds sind, hier ganz dringend raten, hineinzuhören. Wer die Band aber gleich von ihrer absoluten Sahneseite – und für Power Metal-Leser auch wohl noch kompatiblerern Seite – erleben möchte, sollte gleich den mit „Thrakkattack“ betitelten Doppel-Live-Killer einsacken.
Anspieltipps: Level Five, Facts Of Life, Dangerous Curves, The Power To Believe III
- Redakteur:
- Holger Andrae