LONG DISTANCE CALLING - Ghost (EP)
Mehr über Long Distance Calling
- Genre:
- Prog / Post Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Avoid The Light Records
- Release:
- 26.02.2021
- Dullahan
- Old Love
- Black Shuck
- Seance
- Fever
- Negative Is The New Positive
Ein stimmloser Ruf durch die Nebelwand.
Wenn ein nerviges Virus Tourpläne und sonstige Aktivitäten zunichtemacht, muss man die Zeit anders sinnvoll nutzen. Das Münsteraner Quartett LONG DISTANCE CALLING hat dies getan, indem es sich im vergangenen November zu einem dreitägigen Jam getroffen hat, um aus der Spontanität der Situation neue Musik entstehen zu lassen. Nun erscheint diese gerade einmal acht Monate nach dem letzten Album "How Do We Want To Live?" in Gestalt der EP "Ghost".
Auch auf der neuen Hervorbringung ist der typische Bandsound zu hören und wird die Rückkehr zur Instrumentalmusik beibehalten, aber der Anteil von Tasteninstrumenten an der Musik ist relativ hoch. Außerdem ist bemerkenswert, wie bei diesem typischen Sound und einem klaren musikalischen Konzept völlig unterschiedliche Stimmungen ausgedrückt werden. Oft fangen die Stücke soft an und steigern allmählich den Härtegrad, wobei Themen erneut aufgegriffen werden.
Los geht es mit dem düsteren, beinahe unheilschwangeren Intro 'Dullahan', dem 'Old Love' folgt, das auch über die erwähnte Zunahme an Heavyness seine lässig-entspannte Grundstimmung beibehält. Sehr stark ist 'Black Shuck', das mit schwebenden Synthis anfängt, aber bald treten nacheinander der massiv hämmernde Bass, das Schlagzeug und die Gitarren in den Vordergrund. In nicht einmal vier Minuten passiert in diesem eindrücklichen Stück sehr viel. "Ist die EP schon zu Ende?", stutzte ich beim ersten Anhören von "Ghost". Aber nein, der erste Long Track 'Seance' beginnt fast unhörbar leise, behält auch bei allmählicher Intensivierung eine gewisse Introvertiertheit bei und lässt verschiedene Stationen am Hörer vorbeiziehen. Von den Synthis über das einfache, aber eindrückliche Gitarrensolo bis zur sehr starken Schlagzeugarbeit liegt hier ein Höhepunkt der EP vor. 'Fever' erinnert mich stellenweise an einige Protagonisten der zweiten Prog-Welle wie MIKE OLDFIELD und ALAN PARSONS PROJECT. Leadgitarre und Drums legen gelungene Vorstellungen ab, bevor das Stück am Ende das Eingangsthema wiederholt. Ein weiterer Volltreffer bestreitet das Finale. Das fast neunminütige 'Negative Is The New Positive' präsentiert sich als schwer fassbarer Trip, der zwischen vermeintlicher Improvisation und sehr stringenten Passagen schwankt und die unheimliche Stimmung des Intros wieder aufnimmt.
"Ghost" ist eine sehr starke und interessante Veröffentlichung, die auf jeden Fall mehrere Hördurchläufe braucht und die in dieser Art und Weise vermutlich nur von dieser Band kommen kann. Gewisse andere Kapellen sollten sich übrigens an der Fanfreundlichkeit von LONG DISTANCE CALLING ein Beispiel nehmen, Musik mit einer Gesamtlänge von 33 Minuten als EP und nicht als Album anzubieten. Als physischer Tonträger ist "Ghost" ausschließlich über den Bandshop der Gruppe zu beziehen, anderweitig ist die EP nur digital erhältlich.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Stefan Kayser