MEGA COLOSSUS - Riptime
Auch im Soundcheck: Soundcheck 12/2021
Mehr über Mega Colossus
- Genre:
- Heavy Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Rafchild
- Release:
- 17.12.2021
- Razor City
- Midnight Zone
- Vigilo Confido
- Tinker Tanner
- Run To The Fight
- Boiling Seas
- Iron Rain
Make the colossus mega again!
Das sympathische Quintett aus Raleigh ist für mich eine der Neuentdeckungen der letzten Jahre. Die 2019er EP "V" gehört in meiner Wahrnehmung zu den erfrischendsten Veröffentlichungen der letzten Jahre, und die livehaftige Erfahrung bei "Hell Over Hammaburg" hat dann bestätigt, dass die Jungs von MEGA COLOSSUS ihre ansteckend-chaotische Witzigkeit auch locker auf eine Bühne transportieren können. Umso gespannter war ich natürlich, wie denn neues Material klingen würde.
Seit einiger Zeit gibt es digitale Version des nächsten Albums, welches erneut bei Rafchild Records erscheinen wird. Und was soll ich schreiben? "Riptime" ist das Album geworden, welches ich mir erträumt hatte. Als ich das erste Mal den Opener 'Razor City' anhören durfte, bin ich kurz mal vom Sofa gerutscht. Diese Nummer hat so wieselflinke Gitarrenriffs, die dann auch noch von einer herrlich hektisch agierenden Rhythmustruppe unterstützt werden, dass man gar nicht anders kann als sofort zur gut gelüfteten Imaginär-Gitarre zu greifen und wild kopfschüttelnd durch die Wohnstube zu springen. Dabei vergessen die jungen Wilden aber nicht, wie man einen Song toll strukturiert darbietet. So gibt es herrliche Leadpassagen und schöne Versatzstücke, die von Sean Buchanans herausragendem Klargesang getragen werden. Ganz besonders anregend ist übrigens der bereits zur Einleitung verwendete abgestoppte Part, der unweigerlich zu vier geballten Gliedmaßen führt. Achtung, nicht stolpern!
Ohne deutlich das Tempo zu reduzieren, jodeln sich die putzigen Kolosse im anschließenden 'Midnight Zone' mit hochmelodischen Streicheleinheiten durch die ansonsten etwas thrashige Botanik. Die Mischung, die wir bereits aus der Vergangenheit kennen und lieben, ist in diesem Song wieder ganz wunderbar umgesetzt. JOURNEY meets MEGADETH.
'Vigil Confido' ist dann herrlich verwirrend. Flinke Passagen wechseln sich mit gemächlicheren Momenten ab, Anthonys' Bass blubbert immer wieder knuffelig dazwischen und soliert wird an allen möglichen und unmöglichen Stellen. Vorgetragen wird das Ganze natürlich megamäßig und kolossal. Muss man halt gehört haben. Wie auch das unglaubliche 'Tinker Tanner', welches mich mit seiner ungewohnt balsamierenden Art hinterrücks einlullt. Die Instrumentierung in dieser Nummer ist so vielschichtig, dass ich noch immer nicht so genau weiß, wie ich das beschreiben soll. Vielleicht hilft euch ja meine Überlegung, wie denn ein Thrash-Metal-Musical klingen könnte. Der mehrstimmige Gesang ist erwartungsgemäß auch schon wieder sensationell. Aber das muss bei dieser Band eigentlich gar nicht mehr gesondert Erwähnung finden, oder?
Passenderweise folgt nun wieder so positiver Uptempo-Heavy-Rocker oder wie es im Text so schön heißt "rocking-fucking-roll all night". Absolut brillant! So wird der Hörer permanent bei Laune gehalten und durch die klugen Songaufbauten, aber auch mit dem permanenten Interesse an dieser extrem detailverliebten Musik beschossen. Denn das riesengroße Plus dieser Musik ist, dass sie sich nicht abnutzt und langweilig wird, sondern eher immer größer zu werden scheint.
So auch der mit unter vier Minuten kürzeste Song des Albums:'Boiling Seas'. Programmatischer könnte der Titel die Musik nicht beschreiben. Sean schreit sich hier im Finale die Lunge aus den Flügeln und instrumental schert man sich noch weniger als sonst um Konventionen. Quasi komplett ohne Strophe oder Chorus zelebrieren die Jungs hier ein wundervoll kurzweiliges Kabinettstück, in welchem ohrenöffnende 'Aah-Haah'-Chöre aus dem Nichts für sofortige Begeisterung sorgen. Dass wird live sicherlich ein absolutes Jodel-Fest! Allerdings muss der geneigte Jodelfreund beim unerwarteten Break aufpassen, nicht aus dem Schunkelmodus zu rutschen. Kurzer Longtrack mit Suchtfaktor!
Schrieb ich gerade schon von einem Longtrack, so kommt dieser tatsächlich erst zum Grande Finale. 'Iron Rain' bietet mit seinen achteinhalb Minuten Spielzeit dann rein äußerlich schon die Voraussetzung für diese Bezeichnung, hat aber natürlich auch musikalisch allerlei Schnörkeleien am Start. So haben wir hier stampfend-walzende Marschattacken, schrille Momente, beinahe episch-ausladende Elemente und die finale Erkenntnis: "We will rise!".
Auf jeden Fall!
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Holger Andrae