MEGADETH - The Sick, The Dying...And The Dead
Mehr über Megadeth
- Genre:
- Thrash Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Universal Music
- Release:
- 02.09.2022
- The Sick, The Dying...And The Dead
- Life In Hell
- Night Stalkers
- Dogs Of Chernobyl
- Sacrifice
- Junkie
- Psychopathy
- Killing Time
- Soldier On
- Celebutante
- Mission To Mars
- We'll Be Back
Ein absolutes Jahreshighlight!
Nachdem alle der vier großen Thrash-Metal-Bands 2015/2016 das letzte Mal ein reguläres Studioalbum veröffentlichten, ist MEGADETH die erste Band, die den nächsten Schritt geht. In diesen sechs Jahren kam es zu der Auflösung SLAYERs, METALLICA kam 2020 mit einer Selbstbeweihräucherungsovertüre um die Ecke und ANTHRAX veröffentlichte letztens wenigstens ein brandneues Live-Album. Wieder einmal zeigt sich also, dass Dave Mustaine und seine Mannen die Produktivsten im Hinblick auf Langspieler sind. Doch diesmal ist es weniger denn je eine Ego-Show des vorher genannten, denn Kiko Loureiro und Dirk Verbeuren sind für einen Großteil des Materials mitverantwortlich. Das hat sich auf "Dystopia" schon angedeutet, erlebt hier aber seine volle Inkarnation. Insgesamt werden Zwölf Songs präsentiert, von denen Loureiro bei Acht und Verbeuren bei Zwei mitwirkte. Das ist mal eine Ansage. Und das setzt sich auch genauso in der Qualität der Songs um. Hier und dort hört man sogar ein paar Power Metal-Einflüsse, für die der ehemalige ANGRA-Gitarrist sicherlich verantwortlich ist. Aber über diesen Aussagen zu der Besetzung und deren Einfluss, thront die Feststellung, dass MEGADETH einfach ein verdammt starkes Album abgeliefert haben, das keine halben Sachen macht, sich nicht in irgendwelchen verqueren Experimenten probiert, sondern einfach eine durch und durch Thrash-Metal-Luft-atmende-Platte aus dem Köcher zaubert und dabei auch Referenzen an die eigene, fast 40 Jahre andauernde Karriere en Masse verbaut. Die Band hat noch lange nicht ausgedient und zeigt sich wieder angriffslustig, was kein Song deutlicher zeigt als 'We’ll Be Back', der sozusagen eine Hymne auf die Wiederauferstehung des Megatodes ist. Alleine diesen Song kann man nicht oft genug hören, da dieser bis zum Rand vollgestopft mit Soli und brillianten Ideen ist. Dazu kommt ein brutales Riffing, das man über die Jahre oft vermisst hat, über einem ebenso brutalen typischen Thrash-Beat. Verbeuren drückt hier das Gaspedal bis zum Anschlag durch und auch diese Geschwindigkeit hat man auf den letzten Alben oft vergeblich gesucht. Aber das ist ja erst der Rausschmeißer und davor finden sich zehn (mit 'Psychopahty' elf) Tracks, die sich auf einem ganz ähnlichen Niveau befinden.
Also fangen wir von vorne an. Es geht mit dem Titeltrack los, der von einem entstellten Rufen eingeleitet wird und dann die ersten Melodien entfaltet. Überhaupt wird einiges an Melodien auf dem Album verarbeitet, so auch der Titeltrack, der durch einige Breaks und verschiedene Teile, die organisch zusammengefügt wurden, ein äußerst schmackhaftes Opus ergibt. Einstand nach Maß. Das Solo erinnert übrigens an das von 'She-Wolf', ist also eigentlich perfekt. Dann folgt 'Life In Hell', der einfach ein straighter, schnell nach vorne gehender Thrasher ist, der durch einige Gesangslinien und durch ein paar Melodieführungen an "Super Collider"-Zeiten erinnert. 'Night Stalkers' wurde unter anderem als Single veröffentlicht und ist ein größer angelegter Song, der auch mit einem Rap-Part von Ice-T aufwarten und durch die erzeugte Atmosphäre durchaus überzeugen kann. Im Songwriting hat man es geschafft die einzelnen Parts sinnvoll miteinander zu verbinden und so ein Gesamtwerk zu schaffen. Davon wird auch in diesem Song eine Geschwindigkeit erreicht, die man vor ein paar Monaten nicht für möglich gehalten hat. Wieder einmal tragen die Soli einiges dazu bei, den Song insgesamt aufzuwerten. 'Dogs Of Chernobyl' ist laut Mustaine selbst ein "Lovesong" und das merkt man ihm im ersten Teil auch an. Mir kam 'The Scorpion' vom 2004er Album oder weitere melodische Ausflüge aus "Cryptic Writings" Zeiten in den Sinn. Aber dann folgt ein Break und alles wird auf den Kopf gestellt. Pfeilschnelles Drumming und Riffing und darüber Sprechgesang. Bei dieser Passage kam mir wiederum 'The Demon's Whip' von den Manowaren in den Sinn. Danach folgen zwei Tracks (bzw. drei), die noch auf hohem Niveau sind, meiner Meinung nach den anderen aber etwas hinterherhinken. Das kann auch daher rühren, dass diese, absolut gekonnt, aus "Countdown To Extinction" und "Youthanasia"-Zeiten zitieren und diese Alben nicht die höchste Gunst in meinem Ranking finden. Aber Fans dieser Phase sollte das gewisslich ansprechen. 'Psychopathy' ist dann nicht besonders und dient als Intro zu 'Killing Time', der für mich den Teil des Albums einleitet, der die höchste Hitdichte aufweist. Fünf Songs, Fünf Volltreffer.
Zunächst 'Killing Time', mit absolut mitreißenden Melodien und einem wunderbaren Refrain gesegnet und dann noch einem Solo, das auf diesem Album nach Vergleichbarem vergeblich sucht. Ein Solo, das so voller Gefühl ist, dass einen den vorher gesungenen Text mitfühlen lässt und somit auch den gesamten Song auf einer ganz anderen Ebene fühlen lässt. Ihr merkt schon, für MEGADETH-Fanboy ist es schwer unemotional zu bleiben. 'Soldier On' ist dann wieder einer dieser typischen Megadeth-Thrasher, der nicht auf Höchstgeschwindkeit agiert, aber trotzdem schön nach vorne geht. Besonderheit hier: auch die Strophen werden konstant mit Leads dekoriert und so wird der Song nie langweilig. Es folgt aber sofort der nächste schnellere Track. Irgendwie kommt mir das dann aber bekannt vor?! MEGADETH klingt bei 'Celebutante' ganz stark nach diesen ganz tollen Dio-Albumopener-Songs aus den 80ern. Also die Speed-Metal-Nummern, die Dio immer an den Anfang setzen ließ. Der Song ist, wie im Albumkontext gewohnt, mit Breaks und Solos vollgestopft, wirkt aber nicht verkopft, sondern absolut organisch. Das lässt sich auch über 'Mission To Mars', der einfach ein toller, gut gestrickter Gute-Laune-Rocker ist. Am Ende folgen dann aber noch einige Soli auf gesprochenen Passagen. Darauf entfaltet sich die vorher angesprochene Wiederauferstehungshymne, die das Album auf einem Höhepunkt ausklingen lässt.
Ihr seht es, ich bin absolut begeistert von MEGADETHs neuem Album, jedoch würde ich jetzt auch nicht direkt die Höchstnote ziehen. Hier und da gibt es Momente, die mich (jetzt) noch nicht ganz überzeugen wollen. Aber im Großen und Ganzen haben wir ein absolut DETH-typisches Album vor uns, auf dem sie sich nicht neu erfinden, aber alte Energien wiederaufleben und gekonnt ihre eigene Karriere Revue passieren lassen. Dabei verfängt man sich aber nie in Nostalgie, sondern kreiert mit dem frischen Wind, der durch die neue Besetzung und die tollen Musiker einhergeht, ein brilliantes, frisches, brutales, aber auch melodisches, manchmal besinnliches Album. Als MEGADETH-Fan sollte man "The Sick, The Dying...And The Dead" schon haben und alle Fans des Thrash Metals sollten sich das Album schleunigst ins Regal stellen, denn hier haben wir es mit einem Jahreshighlight zu tun.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Kenneth Thiessen