MINDSTRIP - Polymere
Mehr über Mindstrip
- Genre:
- Synth Pop / Art Pop / Electro
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Echozone
- Release:
- 07.11.2014
- Anybody Out There
- Lose You
- Beautiful Liar
- By The Way
- What Kind Of Fool
- Black Swan
- Superstar
- Girl Like You (Keen K Remix)
- On the Run
- Birdy
- Get Out Of My Way
- Cold Like You
- Dangerous
- Know Where You Are (Sister)
Viel Melodie und Harmonie in elektronischer Soundhülle
In dieser Rezension zu MINDSTRIPs "Polymere" geht es um die wohl vom stilistischen Selbstverständnis unseres Magazins am weitesten entfernte Musik, die ich bislang zu behandeln hatte. MINDSTRIP spielt nämlich elektronischen Synth-Pop. Rein klangästhetisch mag das nun sicher den einen oder anderen abschrecken, doch Musik besteht eben nicht nur aus einer äußeren Hülle. Essenz eines Songs sind Harmonie und Melodie. Und davon hat MINDSTRIP eine ganze Menge zu bieten!
Oder lasst es mich drastischer formulieren: In den Opener 'Anybody Out There' habe ich mich unsterblich verliebt! Auf den ersten Hör! Es klingt, als hätten die wundervollen Norweger GAZPACHO ihren Faible für zarten Artpop wiederentdeckt. Melodieführung, Stimmfarbe und Intonation von Sänger Marco Dames erinnern mich nämlich schon arg an Jan Henrik Ohme, und diese Refrainmelodie ist ganz einfach traumhaft schön. Die Frage, die hier gestellt wird, gehört wohl mit zum Essentiellsten in unserem Menchenleben: "Is there anybody out there who's like me?" Seit Bemusterung läuft dieser Song täglich mehrmals.
Ist "Polymere" also ein One-Hit-Album? Nein, ist es nicht. Auch 'Beautiful Liar' mit seiner bittersüßen Zartheit, das leicht rockige 'By the Way', die melancholische Ballade (ja, auch Synth-Pop hat mitunter Gitarren) 'What Kind Of Fool' oder das tief unter die Haut gehende 'On the Run' gehen sofort ins Ohr und nicht wieder hinaus. Für musikalische Softies wie mich ist es ein Traum, hier zuzuhören! Und wenn man es genau nimmt, ist MINDSTRIP manchmal tatsächlich gar nicht so arg weit von GAZPACHOs Frühwerken ("Bravo" und "When Earth Let's Go") weg. Auch wenn Ohme dort noch deutlich anders klang.
Hach, und dann die Texte. Oft lese ich die ja nicht, aber hier gehen die Lyrics wirklich Hand in Hand mit der Musik. Es geht um die kleinen und die großen Geheimnisse des Lebens. Zum Beispiel, wie man ein Mädel (nicht) rumkriegt. In 'Girl Like You' erlebt der Protagonist - wohl nicht zu ersten Mal - dass das heiße Mädel, das ihn gerade anlächelt, in Wirklichkeit nur etwas vom Typen daneben will. Mal wieder ein Samstag abend für den Popo also. Auch bei 'Beautiful Liar' und 'What Kind Of Fool' ist das mit der Liebe so eine Sache. Sie will einfach nicht so wie sie sollte.
Aber MINDSTRIP kann auch sehr tiefgängig und zum Heulen melancholisch sein: 'On The Run' thematisiert, dass im Leben irgendwann gewisse Züge einfach mal abgefahren sind und dass man sich damit zu arrangieren hat. In 'Get Out Of My Way' ist das Scheitern gar so dramatisch, dass der Charakter um eine letzte Chance vor seinem Tod bittet. Was sehr cool durch schräge Gitarren-Töne und ungewohnt rauen Gesang untermalt wird. 'Black Swan' mit weiblichem Gastgesang dagegen wirkt so herrlich naiv und gutgläubig, dass es fast schon etwas zuviel ist. So einen Song muss man wirklich im Albumkontext sehen.
Ja, "Polymere" ist innerhalb des stilistischen Rahmes sehr facettenreich und wird immer besser, je mehr man sich damit beschäftigt. Wozu das schöne Booklet auch herzlich einlädt. Ganz wie bei chemischen Polymeren setzt die Band ihre Bausteine immer ein wenig anders zusammen und mixt vierzehn mehr oder weniger elektronische Cocktails wie viel Melodie und Harmonie. Welcher davon am besten mundet, ist schließlich vom individuellen Geschmack abhängig. Ich mag alle Songs, aus denen noch ein Schimmer Rock hervorlugt. Die vollsynthetischen und zu discopoppigen Lieder (u.a. 'Dangerous' oder das erwähnte 'Girl Like You') sorgen für ein wenig Abzug in der B-Note. Unsere Notendefinition zu "8,5" passt hier also wie Faust aufs Auge: "Polymere" ist durchweg mindestens gut und hat auf jeden Fall Hits. Einen sogar für die Ewigkeit!
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Thomas Becker