MINISTRY - AmeriKKKant
Auch im Soundcheck: Soundcheck 03/2018
Mehr über Ministry
- Genre:
- Industrial Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Nuclear Blast
- Release:
- 09.03.2018
- I Know Words
- Twilight Zone
- Victims Of A Clown
- TV5/4Chan
- We're Tired Of It
- Wargasm
- Antifa
- Game Over
- AmeriKKKa
Der amerikanische (Alb)traum
Etwas Positives hat Trump doch erreicht: He makes MINISTRY great again! Denn immer wenn die US-Regierung gegen Onkel Al's-Strich ging, haute er ein absolutes Albumspektakel und Referenzwerk im Industrial-Bereich heraus. Das gab es 1992 mit "Psalm 69" und George Bush senior und 2006 mit "Rio Grande Blood" und Sohnemann so und gibt es aktuell mit "AmeriKKKant" und Donald John Trump als 45. Präsident der Vereinigten Staaten so. All die Wut, all der Hass und all der Ekel, der sich politisch in Jourgensen aufstaute, kompensierte er also stets in die entsprechende, mit allerlei Samples bespickte Industrial-Suppe.
Doch hat Al MINISTRY nicht eigentlich schon längst aufgelöst? Ja und nein, denn obwohl er nach dem Tod seines ewigen Companion Mike Scaccia mit "From Beer To Eternity" das Ende der Industrial-Legende verkündete, kehrte die neu zusammengewürfelte Truppe für einige Gigs zurück an die Oberfläche. Und wer MINISTRY – so wie ich – Mitte 2016 sah und bemerkte, in welcher vergleichsweise guten Verfassung Jourgensen war, der wusste, dass da noch irgendetwas kommen mag. Zudem durfte der eher mäßige Vorgänger nicht das letzte Studio-Lebenszeichen Onkel Al's sein. Lange Rede, kurzer Sinn – Trump an der Macht, die Welt versteht nur Bahnhof und MINISTRY haut mit "AmeriKKKant" lautstark auf die Kacke.
Zugegeben, "AmeriKKKant" ist kein einfaches Album, verbildlicht es dem Hörer doch eher den amerikanischen Fiebertraum, anstatt zahllose Hits aneinanderzureihen. Ein Album, das durch zahlreiche Samples und Zitate eine unheimlich dystopische und post-apokalyptische Atmosphäre aufbaut. Die fremdschämende Freiheitsstatue mit zerstörter Verfassung in der linken Hand? Nun, allein das Artwork sagt alles über dieses Album aus. Und wie schon gesagt, Jourgensen nimmt uns an die Hand und entführt uns in eine vollkommen kaputte, nervenaufreibende und verzweifelte Welt, lässt uns 48 Minuten lang mit all dem Schrecken und Elend zurück und blickt uns nach dem abschließenden Titeltrack tief in die Augen.
Was er sieht, sind Tränen des Unverständnisses. Doch auch der puren Entschlossenheit, an seinem eigenen Schicksal zu arbeiten. Denn das Album rüttelt wach und beginnt mit 'I Know Words' und einem wilden Mix aus Samples, Streichern, Piano und der Gewissheit, im schlimmsten Albtraum zu sein – Realität. 'Twilight Zone' ist ein zähflüssiger und folgerichtiger Industrial-Rocker, der wie Pech an der Haut haftet und langsam Besitz ergreift. 'Victims Of A Clown' geht in die ähnliche Richtung, bis einen das 'TV5/4Chan'-Trommelfeuer komplett um den Verstand bringt. Dann wird es laut, schnell und wütend – 'We're Tired Of It' sagt schon alles aus und beinhaltet neben dem politischen Statement auch Parolen, die bei keiner künftigen MINISTRY-Live-Show fehlen dürfen. Dass das folgende 'Wargasm' leichte FEAR FACTORY-Parallelen aufweist, kommt nicht von Ungefähr, steuert Burton C. Bell doch die Spoken-Words-Passagen bei, während die erste Single-Auskopplung 'Antifa' wie kein zweiter Song für das derzeitige Chaos steht.
Können wir kurz durchschnaufen, Al? Nein – denn 'Game Over' hat einen unglaublich schweren Groove und haut vollends in die Industrial-Kerbe, während schon angesprochener Abschluss-Titeltrack sogar leichte TOWNSENDsche Tendenzen der STRAPPING YOUNG LAD-Ära durchschimmern lässt. Und trotzdem ist dieser, sind alle Stücke zu 100% MINISTRY – unverfälscht, echt und ausholend zum kräftigen Punch ins Gesicht!
Absolut positiv und zu dieser mehr als bedrückenden und rohen Stimmung beitragend, ist der Zusammenhang der einzelnen acht Stücke. Eigentlich sollte "AmeriKKKant" wie ein einziger Song betrachtet werden, der die politischen und menschlichen Missstände wie kein Zweiter momentan aufzeigt und MINISTRY wieder zu alter Stärke verhilft. Als großes Ganzes ist dieses Album ein absolutes Kunstwerk, dass mehr mit – an manchen Stellen vielleicht zu vielen – Samples und dieser kaum beherrschbaren, dystopischen Aura glänzen kann als den einzelnen Songs. Wie dann beispielsweise 'We're Tired Of It' oder 'Wargasm' auf der Bühne funktionieren, ist wieder eine andere Frage. Nicht zur Debatte steht jedenfalls die rohe und wütende Klasse dieses Machtwerkes, mit dem sich ein wiedererstarkter Al Jourgensen wieder lautstark in die Ohren seiner Gefolgschaft manövrieren wird.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Marcel Rapp