MORTAL ILLUSION - Facing The Noumenon
Mehr über Mortal Illusion
- Genre:
- Heavy Metal
- Release:
- 26.06.2006
- Intubated
- Of Clouds And Clocks
- Facing The Noumenon
- Blinded
- 9692 - The Age Of Machines
Die Band aus Hessen konnte mich ja schon mit ihrer vorangegangenen Eigenpressung "Voices" sehr positiv für sich einnehmen, und war der Sound auf der letzten Scheibe noch ein gewisses Manko, hat die zum Quartett geschrumpfte Band dies nun erfolgreich ausmerzen können. Der Klang ist sehr passabel, ganz ordentlich druckvoll und vor allem differenziert genug, um jedem Instrument den ihm gebührenden Raum zuzugestehen. Die leicht modernisierte Produktion bringt es natürlich auch mit sich, dass MORTAL ILLUSION nicht mehr ganz so undergroundig klingen wie noch im Vorjahr. Das Hauptcharakteristikum der Band ist nach wie vor der ziemlich tiefe, aber meist auch schön klare Gesang von Fronter Erdmann Görg, der alle Songs veredelt und der Truppe eine sehr eigenständige Ausstrahlung verleiht, wie sie kaum wo anders zu finden ist, was Vergleiche jeder Art relativ schwer gestaltet.
Der siebenminütige Opener 'Intubated' legt nach einem OP-Saal-Intro recht klassisch metallisch mit melodischen Leadgitarren los, ist aber alles andere als ein simpler, straighter Rocker. Man merkt trotz aller Energie und flotten Dynamik, dass die Jungs auch im klassischen Gewand wert auf Atmosphäre, Dramatik und einen gewissen Grad an Epik legen. Dazu passt auch der ausgedehnte, sehr eingängige Refrain, dessen Hooks sehr schnell hängen bleiben. Das fast ebenso lange 'Of Clouds And Clocks' hat demgegenüber einen völlig anderen Charakter. Es ist spaciger, noch stärker auf das Atmosphärische fixiert. Es ist etwas vertrackt und streckenweise recht zäh, so dass es vermutlich länger braucht, um vollends zu zünden. Das sehr melodische Leadmotiv zur Bridge reißt aber gut mit, und der getragene Refrain ist einfach toll gesungen. Es folgt das geniale Titelstück, das mit einem richtig fetten Riff einsteigt und danach etwas speediger und stampfender wird. Allgemein ist das Lied ganz im Sinne der philosophischen und tiefgründigen Lyrik sehr abwechslungsreich gestaltet, kehrt aber mehrfach zu einem erneut extrem prägnanten Refrain zurück und wird zwischenzeitlich auch wieder von majestätischen Synths bereichert. Stefan Radls Solo lässt dazu auch ordentlich aufhorchen, vor eine dramatische, ausufernde Passage erneut in den Refrain überleitet, dessen mehrfache Wiederholung das Stück im Fade-out beendet. Da wäre vielleicht eine einfallsreichere Coda noch das Tüpfelchen auf dem i gewesen. Als nächstes begegnen wir einer schönen, anfangs ruhigen und vom Piano dominierten Ballade namens 'Blinded', die von Erdmann Görg sehr ausdrucksstark gesungen wird und ein klein wenig von den späteren SAVATAGE zu haben scheint. Im zweiten Teil kommen die E-Gitarren dazu und erhöhen die Dramatik noch um ein gutes Stück. Zum Abschluss präsentiert sich die Truppe von ihrer extremeren Seite. Ebenfalls recht atmosphärisch arrangiert sind es bei '9692 - The Age Of Machines' aggressives Drumming und thrashige Riffs, die eine tragende Rolle spielen. Auch der Gesang ist ein gutes Stück bissiger. Während die Verse und Instrumental-Teile viel vom amerikanischen Thrash Metal haben, ist der melodischere Refrain ein willkommener Kontrastpunkt, wie auch der etwas theatralischere Abschnitt vor dem Schlussteil.
MORTAL ILLUSION können mich auch dieses Mal weitestgehend überzeugen, und ich denke, dass es so langsam an der Zeit für einen Plattenvertrag sein dürfte. Denn die Band hat - vor allem beim Gesang - eine sehr individuelle Ausstrahlung, viele interessante Ideen und ein Gespür für bemerkenswerte Refrains. Das Album ist eigenständig und abwechslungsreich, was zwei der wichtigsten Grundzutaten sind, um heutzutage als junge Band noch ein Bein auf den Boden zu bekommen. Zu wünschen wäre es den Jungs, also gebt ihnen eine Chance. Weitere Infos gibt es auf der Bandhomepage.
Anspieltipps: Facing The Noumenon, Blinded, Intubated
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle