MOTöRHEAD - Kiss Of Death
Mehr über Motörhead
- Genre:
- Rock'n'Roll
- Label:
- Sanctuary Records/SPV
- Release:
- 25.08.2006
- Sucker
- One Night Stand
- Devil I Know
- Trigger
- Under The Gun
- God Was Never On Your Side
- Living In The Past
- Christine
- Sword Of Glory
- Be My Baby
- Kingdom Of The Worm
- Going Down
MOTÖRHEAD ist Baujahr 1975. Genau wie ich. Damit will ich nicht sagen, dass das ein guter Jahrgang sein muss, auch wenn zumindest die Motörköpfe diesen Schluss nahelegen. Immerhin hat die britische Rocklegende in diesen gut dreißig Jahren in steter Regelmäßigkeit Alben veröffentlicht, von denen kein einziges von schlechten Eltern war. Nun ist Lemmy sechzig Jahre alt, doppelt so alt wie seine Band, und letztere geht mit "Kiss Of Death" in ihre neunzehnte Studiorunde. Nachdem ich mittlerweile also schon zu achtzehn Studioalben der Band um Szene-Urgestein Lemmy Kilmister ausgeflippt bin, werdet ihr euch denken können, dass sich das nicht plötzlich ändern wird, und da habt ihr Recht.
Wenn eine neue Scheibe von MOTÖRHEAD ansteht, dann erwart ich keine Innovation, keine Experimente, aber auch keinen Durchschnitt und nicht nur solides Handwerk. Ich erwarte nichts weiter als eine Scheibe, die gnadenlos abgeht, die mir die Rübe abschraubt, die rockt und groovt ohne Ende und deren Songs einfach all die Seele und den Charakter haben, wie sie nur MOTÖRHEAD-Songs haben können. Das ist Lemmy & Co. mit ganz wenigen klitzekleinen Abstrichen eigentlich immer gelungen, und das wird sich auch mit "Kiss Of Death" nicht ändern. Das macht schon der Opener 'Sucker' klar, der nicht weniger ist als ein Schädelspalter der allerersten Ordnung. Das Teil bläst dir den Kopf von den Schultern und wirft ihn dir ins Gesicht. Im verschärften Uptempo brettern die Herrschaften los, Mikkey prügelt die Felle von seinem Drumkit, Phil schüttelt sich speedig-aggressive Riffs aus'm Handgelenk, Lemmys Bass pumpt den Groove in die Meute und seine Stimme klingt fast bissiger und gemeiner als je zuvor. Bei dem Song war richtig Wut im Bauch, das spürt man. 'One Night Stand' kommt demgegenüber viel entspannter und rock'n'rolliger aus den Boxen, glänzt mit lässigem, tanzbarem Groove in den Versen und einem Refrain mit Seele. 'Devil I Know' ist ein klassischer MOTÖRHEAD-Stampfer mit einem etwas melodischeren Refrain, bevor 'Trigger' wieder metallischer und härter um die Ecke kommt. Das Tempo ist angezogen, die Riffs kantiger, Lemmys Shouting aggressiver, wobei der Refrain auch seine melodischen Elemente hat, die sich auch in Phil Campbells genialem Pre-Chorus-Lead niederschlagen.
Die düstere Seite des Bandsounds deckt dann erstmals auf dem neuen Album 'Under The Sun' ab, das irgendwo zwischen getragen und richtig heavy zu verorten ist und erneut mit einem überragenden Refrain und einem tollen Solo von Phil besticht. Noch ein gutes Stück melancholischer wird's dann mit dem genialen 'God Was Never On Your Side', das einmal mehr beweist, dass MOTÖRHEAD die besten und traurigsten Balladen der Rockgeschichte machen. Vom akustischen Spiel von Bass & Gitarre und Lemmys traurig-beschaulichem Singen in den Versen, bis hin zum anklagenden und dramatischen Refrain mit seinen intensiven Akkorden und dem tollen Gastsolo von C.C.Deville, hier passt mal wieder alles, was nur passen kann. Mit dem kalten Stampfer 'Living In The Past' bemühen die Herrschaften die Tradition von Stücken wie 'Orgasmatron' und 'March Ör Die', bevor das extrem lässige 'Christine' wieder mal ganz klar aufzeigt, dass Lemmys musikalische Haupteinflüsse aus den 50ern und 60ern stammen. Ja, das ist purer Rock'n'Roll im Heavy-Soundgewand. Dafür kommt dann bei 'Sword Of Glory' wieder die speedige Metalkeule zum Einsatz - der Song hat einen mörderischen Drive, rockt aber dennoch auch melodisch und eingängig. Der coole, aber doch mitreißende Groove, wie er einst 'Snake Bite Love' prägte, ist es, der 'Be My Baby' eine Sonderrolle auf der neuen Scheibe zuweist, dazu ein sehr eigenwilliges Solo im letzten Drittel - alle Achtung! Dann wird's mit dem basslastigen 'Kingdom Of The Worm' richtig hart und zerstörerisch. Hier trifft die Kälte von 'Orgasmatron' auf die Unbarmherzigkeit der Verse von 'Sacrifice'. Ein durchweg fieser Song. Das reguläre Album wird dann von 'Going Down' beschlossen, das den Hörer noch mal flott, rockig und hart durchschüttelt. Die Käufer des sehr schönen, limitierten Digipacks bekommen als Bonus ein Poster und eine Coverversion von METALLICAs 'Whiplash', mit der sich Lemmy & Co. für die Ehre revanchieren, die ihnen Hetfield, Ulrich & Co. dereinst durch diverse MOTÖRHEAD-Covers erwiesen haben. Lohnt sich.
MOTÖRHEAD beschließen ihr Album übrigens mit dem lateinischen Mottospruch "Quodcumque facis, nos primi, et melius, fecimus." und übersetzen ihn gleich selbst: "Whatever you do, we did it first, and better." - Wenn eine Band der Metalwelt sich so einen Spruch leisten kann, dann sind das MOTÖRHEAD. Klingt komisch? Ist aber so! Mehr gibt's eigentlich nicht zu sagen.
Anspielltipps: Sucker, Trigger, God Was Never On Your Side, Sword Of Glory
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle