NOCTE OBDUCTA - Irrlicht
Auch im Soundcheck: Soundcheck 11/2020
Mehr über Nocte Obducta
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Supreme Chaos
- Release:
- 27.11.2020
- Zurück im bizarren Theater
- Von Stürzen in Mondmeere
- Rot und Grau
- Der Greis und die Reiterin
- Der alte Traum
- Bei den Ruinen
- Noch
Raffiniert gestaltete Irrlichterei unter garstigem Gewand.
NOCTE OBDUCTA war noch niemals eine Band für jedermann. Egal, in welche Richtung sich die ewig Wandelbaren formen, es ist niemals allzu leicht greifbar, immer ein wenig skurril und jederzeit höchst eigenständig. Und soviel vorweg, auch mit "Irrlicht" bleibt NOCTE OBDUCTA eine Band für Insider, vielleicht sogar noch mehr als auf den vorherigen paar Alben. Warum?
Nun, "Irrlicht" ist auf den ersten Blick überraschend harsch und klirrend. Man muss schon größere Affinität zu schwarzmetallischer Klangweise haben, um überhaupt Lust zu gewinnen, das "Irrlicht" aufzustöbern. Ich gebe zu, ich war anfangs auch skeptisch, als sich NOCTE OBDUCTAs Lichtschein zu vielen anderen Irrlichtern auf einer vielbefahrenen nächtlichen Autobahn gesellte. Nein, im Auto hat es die Scheibe schwer zu bestehen, der Sound ist sehr mittig und flächig, Drums und Gesang erscheinen hintergründig, es fehlt ein wenig an Tiefe und Durchschlagskraft im Klang. Ich merke aber mehr und mehr, dass dies so gewollt ist, dass es zum Wesen des Irrlichts gehört, nicht eindeutig lokalisierbar zu sein und somit für Verwirrung und Grusel zu sorgen. Und so fängt die Musik an, mir zu gefallen.
NOCTE OBDUCTA erschuf schon seit langem eine sehr eigenständige Harmonik im Riffing und auf "Irrlicht" darf man diesen Aspekt so exzessiv wie schon lange nicht mehr bewundern. Schon 'Zurück im bizarren Theater' zeigt eine unglaubliche Raffinesse und Kreativität, und der Fakt, dass man diese hinter der Garstigkeit erstmal entdecken muß, macht das Ganze für mich sogar noch spannender. Wer sich nicht durch den kehligen Gesang stören lässt, der findet einen schier unendlichen Fundus an kleinen und großen Melodien, und das nicht nur beim Opener.
Es braucht zweieinhalb Lieder, bis ich dann auch den musikalischen Aspekt von NOCTE OBDUCTA ausmache, der mir die Band vor ein paar Jahren ins Blickfeld gerückt hat. Und das sind die herrlich schwurbedelischen Schwebepassagen, die mir die Band so gekonnt auf "Umbriel - Das Schweigen zwischen den Sternen" schmackhaft gemacht hat. Aber auch diese sind diesmal eher wie aus einem Horrorfilm oder aus einem deftigen Psychotrip. Und je weiter das Album fortschreitet, desto mehr verschiebt sich der musikalische Fokus hin zu solch einem avantgardistischem Gruselkino. 'Bei den Ruinen' ist tatsächlich Musik, die ich in der Form selbst von NOCTE OBDUCTA noch nicht gehört habe, also weit abseits aller Normen. Dagegen ist die pagan anmutende Abschiedsmelodie von 'Noch' beinahe irdisch.
Ich fasse zusammen: "Irrlicht" ist für mich ein weiterer Beweis für die Außergewöhnlichkeit von NOCTE OBDUCTA, ein irres Album voller eckig-kantiger Schönheit, das ich die letzten Wochen echt lieb gewonnen habe.
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Thomas Becker