PAIN OF SALVATION - Scarsick
Mehr über Pain Of Salvation
- Genre:
- Progressive Metal
- Label:
- InsideOut / SPV
- Release:
- 19.01.2007
- Scarsick
- Spitfall
- Cribcaged
- America
- Disco Queen
- Kingdom Of Loss
- Mrs Modern Mother May
- Idiocracy
- Flame To The Moth
- Enter Rain
Eines muss man PAIN OF SALVATION lassen: Sie schaffen es kontinuierlich zu überraschen, und auch wenn man glaubt, im Musikbereich schon alles gehört zu haben, so setzen die Schweden immer wieder eins drauf und beweisen uns, dass auch das scheinbar Unmögliche möglich ist! Der neue musikalische Geniestreich hört auf den Namen "Scarsick" und das "Sick" im Albumtitel darf man hier durchaus wörtlich nehmen. PAIN OF SALVATION lassen auf "Scarsick" all ihren kreativen Energien freien Lauf, präsentieren gewagte Arrangements, Kompositionen an der Grenze des Wahnsinns und eine absolut gelungene Mischung aus dem, was man von ihnen gewohnt ist (emotionalen Prog auf höchster Stufe) und total kranken Passagen (ich sag nur 'Disco Queen').
Mit 'Scarsick' eröffnen PAIN OF SALVATION ihre Reise durch den künstlerischen Wahnsinn und legen gleich recht heftig los mit schweren Riffs, klassischen Prog-Melodien und Daniel Gildenlöw in Bestform, wenn's um Sprechgesang geht. Die freakigen Zwischenparts, der dramatische Aufbau des Songs, der geniale Groove und die fast schon exotischen ruhigen Teile machen 'Scarsick' zu einem gelungenen und vielseitigen Einstieg in ein noch viel gelungeneres und vielseitigeres Album!
'Spitfall' kommt dann mit einem Rap-Einstieg daher, und wer glaubt, das passe jetzt so gar nicht hier rein, der hat sich geirrt, denn PAIN OF SALVATION sind Meister, wenn es darum geht, verschiedene Musikstile zu vermischen und das Ganze auch noch wie eine Einheit klingen zu lassen. Hier wirkt nichts gekünstelt oder zusammengestückelt, und diese authentische Atmosphäre macht die Band so besonders. Ein emotionaler Ohrwurmrefrain gepaart mit Sprechgesang (der teilweise in wütenden Hasstiraden ausartet) macht 'Spitfall' zu einem weiteren Highlight des Albums.
Bei 'Cribcaged' zeigen sich die Schweden von ihrer emotionalen Seite und der Song erinnert stark an die traumhaften Balladen auf "Remedy Lane". Im Gegensatz zur sanften, fast schon romantischen Atmosphäre, die die Melodie des Songs verbreitet, steht hier allerdings der Text, in dem permanent das Wort "fuck" fällt. Eine seltsame Kombination, die auch den scheinbar normalsten Song des Albums zu einem freakigen Gesamtwerk werden lässt und einen wütend-zynischen Grundtenor in den Lyrics erahnen lässt.
Dass sich PAIN OF SALVATION auch nicht vor kritischen Worten fürchten, zeigt 'America', ein Song, der in seinem musikalischen Feeling zwischen Happy-Melodien und fast schon beklemmenden Parts schwankt und im Refrain mit einem wiederholten "I'm sick of America" daherkommt.
Pünktlich zur Steigerung in den Wahnsinn schwappt dann der komplette Freak-Overkill über den Hörer und fast glaubt man, man hat die falsche CD im Player. Fette Disco-Beats und eine total kranke Mischung aus Prog und Disco überfordern zuerst die Ohren, doch hat man sich erstmal an diese seltsame Kombination gewöhnt, so weiß 'Disco Queen' durchaus zu gefallen. Und damit sind PAIN OF SALVATION sicher die erste Band, die Disco-Prog zelebriert!
Nach dieser musikalischen Achterbahn beruhigt 'Kingdom Of Loss' die Nerven. Eine Ballade im PAIN OF SALVATION-Stil, die nichts Neues bringt und sich an liebgewonnenen, verträumten Melodien orientiert. Und auch 'Mrs Modern Mother Mary' ist ein klassischer Prog-Song, der ohne große Überraschungsmomente und mit einem sehr eingängigen Rhythmus gut ins Ohr geht. Aber ab und zu braucht man auch Songs zum Entspannen, und die Schweden haben diese schon gekonnt nach dem ersten Ansturm des Wahnsinns platziert.
Da fordert 'Idiocracy' den Hörer schon ein wenig mehr mit seinem düsteren Einstieg und seinen Elektrospielereien. Mit einem extrem vielseitigen Gesang und finstersten Melodiebögen wirkt der Song fast beängstigend und könnte auch als Soundtrack zu einem Horrorfilm dienen. Die Steigerung am Ende des Stücks verursacht eine Gänsehaut nach der anderen und zeigt PAIN OF SALVATION als dramatische Dirigenten der Gefühle, die mit ihrer Musik eindrucksvoll Geschichten und Bilder erschaffen.
'Flame To The Moth' geht in eine ähnlich düstere Richtung, überrascht aber mit einigen erschreckenden Schreien und einer vielschichtigen Instrumentalisierung, die zuerst fast wirr erscheint und nur bei mehrmaligem Hören ihre eigene, irre Logik offenbart. 'Enter Rain' ist dann wieder einer dieser verträumten Momente, die einfach nur fesseln und mitreißen und beweisen, dass Daniel Gildenlöw einer der besten Sänger seines Genres ist.
Eigentlich schreibe ich ja nicht so gerne "Song für Song"-Reviews doch auf "Scarsick" ist es einfach unmöglich, einen Song auszulassen, denn so vielseitig und überraschend war ein Album selten! Die Chronologie einer besonderen Reise durch die Höhen und Tiefen, durch Wahnsinn, Genie und Emotionen ist nur ein Bruchteil dessen, was PAIN OF SALVATION hier wirklich bieten. Vieles kann man gar nicht in Worte fassen, und wer selbst erleben will, was musikalische Größe ist, der sollte sich unbedingt auf eine intensive Reise durch "Scarsick" begeben, und zwar gleich mehrmals!
Anspieltipps: Spitfall, Cribcaged, Disco Queen, Enter Rain
- Redakteur:
- Caroline Traitler