PARLOR MOB, THE - And You Were A Crow
Mehr über Parlor Mob, The
- Genre:
- 70ies Hard Rock / Early Metal
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Roadrunner Records
- Release:
- 08.05.2009
- Hard Times
- Dead Wrong
- Everything You're Breathing For
- The Kids
- When I Was An Orphan
- Angry Young Girl
- Carnival Of Crows
- Real Hard Headed
- Tide Of Tears
- My Favorite Heart To Break
- Bullet
- Can't Keep No Good Boy Down
Ein zeppelinhafter, modernistischer Traum geht in Erfüllung. Echter Rock'n'Roll könnte kaum besser und frischer klingen und dabei gleichzeitig die Wurzeln blueshafter Urtümlichkeit umhegen. THE PARLOR MOB heißt die neue amerikanische Hoffnung, das neue Seelenprodukt unkomplizierter Genialität.
Es gibt ihn doch noch, den wahren, leidenschaftlichen, kompromisslosen Rock and Roll alter Tage! Dieser da trägt folgenden feierlichen Namen: THE PARLOR MOB. Es ist wahrlich beflügelnd und aphrodisierend zu hören, wie der amerikanisierte Hippie-Taoismus der 70ger auf einer einzigen Platte aus dem tiefsten Schlund des Hades an die gesegnete Oberfläche der Lebenswirklichkeit gerettet wird. Beim Lauschprozess begibt es sich doch tatsächlich, dass das delphische Orakel aufs eine und die Wunderseherin Kassandra aufs andere Ohr prophetische Zuckergüsse flüstern – ganz im Sinne zweistimmiger Stromaxtfideleien. THE PARLOR MOB – das ist die Reminiszenzen geschwängerte Reinkarnation der Neuzeit, von niemand geringerem als LED ZEPPELIN. Auf kommerzieller Ebene wird sicherlich der Erfolg als größte Rockband aller Zeiten zu gelten sich gewiss nicht wiederholen lassen (außer in den Augen eines Utopienträumerlings vielleicht). Im Zeitalter des scheinbar übersättigten Musikmarktes und der technokratischen Internetbürokratie ist solch ein betriebswirtschaftlich fixiertes Ziel auch nicht im Geringsten relevant. Keineswegs. Verkaufszahlen mögen zwar Auskunft über ökonomische Wirkungsgrade und individuelle Käuferpräferenzen und eventuell etwas über eine statistische Erhebung einer Publikumsmasse geben, doch geht es im Rock 'n' Roll wirklich um diese kühlen Machenschaften des Homo Oeconomicus? Rock 'n' Roll ist geteilte Weltanschauung, ist Magie, nicht gesellschaftliche Rebellion, ein seelisches Aufbäumen gegen Konformität, ist Ruhm, Spiritualität, Radikalität und Kompromisslosigkeit und definitiv kein Gut des Wahl- oder Zwangsbedarfs. Denn die Produktionsmaschinerie und – ja! – auch die Presseschaft sind bloß Begleiterscheinungen der Musik. Ohne Musik keine Industrie, keine Presse, kein Lifestyle, keine Kultur, kein Lebensgefühl und was auch immer mehr. Das lernt man spätestens durch "Almost Famous".
THE PARLOR MOB zeigen mit "And You Were A Crow", wie man’s anstellt, sich zu weigern, den Schweiß des Herzblutes mit dem Deodorant der Profitgeilheit zu neutralisieren. Diese Protesthaltung zieht sich wie ein roter Leitfaden durch die zwölf ekstatischen Statements der Platte, von 'Hard Times' bis zu 'Can’t Keep No Good Boy Down'. Organisch klingende Drums, zwischen crunchigem Verzerrtsein und transparentem Klarsein gepickte Gitarren, ein bluesiger Bass und ein ekstatischer LSD-Schreihals in bester Robert-Plant-Manier – das sind die instrumentalistischen Zutaten, mit denen die Jungs aus New Jersey, welche die Abkunft ihres Namens einer New Yorker Straßengang des 19. Jahrhunderts zu verdanken haben und gleich dieser zu Protesten, Aufruhren und rebellischen Operationen aufrufen – in diesem Fall nur gegen die Verwässerung des puristischen Rock-Erlebnisses und gegen das musikalische Trendsetter-Establishment. THE PARLOR MOB scheißen förmlich auf Alternative Rock, Gitarrenpop, Metalcore und dergleichen mehr. Sie machen wirklich das, was aus ihren Herzen kommt, nicht mehr und nicht weniger. Nicht der geringste Anflug einer Anbiederung an bestehende Verhältnisse. Und das war schon seit jeher der rote Faden der Rock-Musik, insbesondere der der wilden Hippie-Ära der amerikanischen Staaten. Genau zu der Zeit wollte man sich massengesellschaftlich von dem überkandidelten Massenkonservativismus der Meinungsmacher befreien. Man wollte nicht bloß wie in den 50gern mit Rock'n'Roll unterhalten, sich einer Motorrad-Gang anschließen, ein Außenseiter-Dasein fristen und die Erleuchtung für sich alleine suchen. Mit den 70gern begann man – auch bedingt durch die esoterische New-Wave-Ära – Rock'n'Roll als Zauber und Magie mit hoher Wirkungsmächtigkeit sowie magnetischer Anziehungskraft zu begreifen, der offenkundig machte, dass es im Rock bemühterweise um Liebe zum guten Ton ging, um existenziell-materielles Seelenheil, um Sound gewordene Poesie und nicht bloß um reine Unterhaltung oder um penetrant künstlerisches Gebaren wie in den 60gern. Irgendwie wurde zu der Zeit eine ausbalancierende Symbiose beider Stoßrichtungen unternommen. Selbst die Metalbegründer und eigentlich aus der Post-Hippie-Ära stammenden BLACK SABBATH sind ein bester Beweis dafür, ein Beweis für diese passionierte Ekstase und dieses parallelgesellschaftlich gemeinsam geteilte Lebensgefühl.
Mit THE PARLOR MOB fühlt man sich daran erinnert. Der Spirit von "And You Were A Crow"; die harten, mit dem archaischen Mississippi-Blues in Verbindung stehenden, protometallischen Pyroelektrifikationen wie 'Hard Times', 'Dead Wrong' oder 'Real Hard Headed' und den folkloristisch angehauchten Rhythm 'n' Blues-Balladen 'When I Was An Orphan' oder 'Can’t Keep No Good Boy Down' decken sie das Spektrum harter und weicher Felswellen aufs Ästhetischste ab. Ein tränenreicher Traum, der geradezu danach schreit alte Hoffnungen wiederzuerwecken und die Lebensenergie der 70ger nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Ganz großes Kino – nein – eine Offenbarung!
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Markus Sievers