PATRONS - Patrons
Mehr über Patrons
- Genre:
- Alternative / Emo / Post Hardcore
- Label:
- I Hate It Records
- Release:
- 28.03.2014
- Rituals
- Movements
- Little Victories
"Extrem laut und unglaublich nah" - Tief melancholisches Post-Hardcore-Häppchen
Stellt euch vor, die Post-Hardcorler von FUGAZI schmeißen gemeinsam mit PLACEBO 'ne Party, die Musik ist schräg, alle sind gut drauf, bis ein Haufen düsterer Emos auftaucht und die Stimmung in den Keller sackt. TAKING BACK SUNDAY entert die Bühne um zu retten was zu retten ist, doch nach Feiern ist damit erst recht keinem mehr zumute. Während halbleere Bierflaschen im Gras liegen und das Buffet kalt wird, die Hälfte der Festgesellschaft schon das Weite gesucht hat und der Rest in kleinen Gruppen zusammensitzt und deprimierte Gedanken über Schicksalsfragen und die Sinnlosigkeit des Lebens und der Liebe austauscht, schnappen sich vier unscheinbare junge Männer die Instrumente, saugen die deprimierte Stimmung in sich auf und setzen sie postwendend in drei ebenso rockige wie zerfahrene Emo-/Hardcore-Klagelieder um. Auf Scheibe gebannt nennt sich das Ergebnis "Patrons", das kurze Debüt des gleichnamigen Quartetts aus Großbritannien.
Post Hardcore? Doch, ja. Ein wenig Alternative Rock, auch das - aber vor allem sehr sehr viel Gefühl, Herzschmerz und innere Zerrissenheit erwarten den Hörer bei PATRONS. Dagegen war der schwermütige Hardcore von HAPPENING der reinste Partysoundtrack! Der Opener 'Rituals' beginnt fahrig, verträumt, springt urplötzlich in körnige Rock-Gefilde, doch der kehlige, gewimmerte, verzweifelt geschriene Gesang lässt keinen Zweifel daran, dass "Patrons" nicht die Untermalung einer Kneipenschlägerei liefert, sondern einen erbarmungslos extrovertierten Seelenspiegel der Protagonisten darstellt. Das ist überwältigend, nahegehend, aber mitunter auch ziemlich anstrengend. Der Hörer fühlt sich nämlich in kürzester Zeit in die Rolle des Seelenkatalysators für die vier Musiker gedrängt. Mit 'Movements' wird der kurze Ausflug in das Innenleben von Danny, Mark, Olly und Corby noch intensiver, noch schräger, noch aufwühlender. Eine mitreißende Nummer, zugleich kaum erträglich vor weinerlichem Gejammer und klagendem Geschrei. 'Little Victories' beginnt zunächst etwas zurückgenommener, entwickelt sich jedoch auch schnell zu einer rockigen, expressiven Emo-/Post-Hardcore-Elegie.
Emotionaler und ehrlicher geht Rockmusik im Grunde nicht. Ob man als Hörer aber so intensiv am Seelenleben der Protagonisten teilnehmen will, kann jeder Einzelne nur für sich selbst beantworten. Faszinierend ist die Musik von PATRONS auf alle Fälle, und die Bühnenperformance der Engländer dürfte ein Erlebnis für sich sein, wenn die vier Herren ihre Songs live auch nur annähernd mit so viel Herzblut zelebrieren wie auf ihrem Erstling. Ich kann selbst noch nicht abschließend beurteilen, ob mir "Patrons" auf Dauer zu anstrengend und in dieser extremen Emotionalität auch zu einseitig ist oder nicht.
- Redakteur:
- Timon Krause