PERSEPHONE - Letters To A Stranger
Mehr über Persephone
- Genre:
- Gothic / Classic
- Label:
- Curzweyhl / Rough Trade
- Release:
- 02.11.2007
- Strange
- Stained
- Wishful
- Everlasting
- Fateful
- Mean
- Untitled
- Buried
- Blue
- Stranger
- Merciless
Glaubt ihr an Liebe auf den ersten Blick? Ich auch nicht. Und trotzdem hört man immer wieder von Paaren, die eben genau auf dieses Phänomen schwören. Zu dieser Gruppe würde auch die fiktive Heldin des neuen PERSEPHONE Albums gehören, denn die Dame hat eine einmalige Begegnung mit einem Fremden hinter sich, den sie danach nicht mehr vergessen kann und dennoch weiß, dass sie ihn höchstwahrscheinlich nie wiedersehen wird. Dennoch schreibt sie ihm Briefe in denen sie ihre Liebe, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit ausdrückt. Passend dazu heißt das neue Werk der Combo um L'AME IMMORTELLE-Stimme Sonja Kraushofer und Cellist Martin Höfert auch "Letters To A Stranger" und wartet mit einigen interessanten Neuerungen in dem Projekt auf.
Zum einen ist auf dem mittlerweile vierten Album von PERSEPHONE der Gothic-Einfluss derart zurückgewischen, dass man ihn fast schon mit der Lupe suchen muss. Statt dessen bewegt man sich nun mehr in Richtung der Klassik, komplett mit Orchester. Hierbei kommt allerdings rein gar nichts aus der Konserve, auf "Letters To A Stranger" gibt es nur authentische Instrumente, was dem Werk eine einzigartige Seele verleiht. Wer bei dem Wort Orchester allerdings sofort an Bombast denkt, der könnte nicht weiter daneben liegen, denn die Instrumente drängen sich nie in den Vordergrund, sondern bilden eher einen samtigen Teppich für Sonjas unverkennbare Gesangsstimme.
So beginnt der Opener 'Strange' zuerst nur mit Klavier als einzigem Begleitinstrument, doch bei 'Stained' und den meisten der Folgetracks stoßen die Streicher gleich von Beginn hinzu und tragen zur melancholischen Grundatmosphäre des Albums bei. Die ohnehin traurigen Texte werden von Sonja so herzzereißend emotional interpretiert, dass es dem Hörer selbst weh tut und er (oder sie) sich an vergangene Beziehungen oder solche die nie zu Stande kamen erinnert. Doch PERSEPHONE wäre nicht PERSEPHONE wenn es in den fünfzig Minuten Spielzeit nicht die ein oder andere Überraschung geben würde. Den Anfang macht der Track 'Wishful', der je nach Geschmack des Hörers wohl zu einem Lieblings- oder Hass-Stück mutieren wird. Märchenstundenartiger Sprechgesang mischt sich mit TripHop-Elementen und fügt sich zu einem experimentellen Ganzen zusammen, das definitiv aus dem Rest der Lieder herauszustechen vermag. Auch 'Mean' hebt sich heraus, erklingen hier doch plötzlich energische Tangoklänge, die gleich stark von Leidenschaft und Traurigkeit zeugen. Dennoch haben die leisen Töne auf "Letters To A Stranger" defintiv die Überhand und manifestieren sich in wundervoll einlullenden Songs wie 'Blue', 'Untitled' oder 'Everlasting'.
Ein großes Lob verdient nicht nur die Musik, sondern außerdem die äußerliche Gestaltung der CD. Diese wurde von Joachim Luetke, der bereits DIMMU BORGIR und MARILYN MANSON gestalterisch beglückte, entworfen, und bietet einen unumstößlichen Grund, sich das Album lieber zu kaufen anstatt herunterzuladen. Verpackt in einem schmucken Pappkästchen findet man neben der CD selbst ein detailverliebtes Panorama-Bild und eine ganze Ansammlung von Zetteln. Diese Zettelwirtschaft entpuppt sich als Booklet-Ersatz, denn auf ihnen sind die Texte des Albums zu finden: elf Lieder, elf Zettel, also elf Briefe an den geheimnisvollen Fremden. Eine tolle Idee, die das ohnehin schon überzeugende Album noch zusätzlich aufwertet.
Zugegeben, man muss schon ein Faible für ruhige und klassische Töne haben, um das neue PERSEPHONE Werk wirklich genießen zu können. Bei wem eine solche Ader aber vorhanden ist, dem wird bei "Letters To A Stranger" das Herz aufgehen, denn ein emotionales Hörerlebnis diesen Kalibers bekommt man sonst nur selten aufgetischt. Trotz des Konzeppts der Briefe, beinhaltet der Silberling elf Stücke, die auch einzeln genossen werden können ohne zu sehr aus dem Kontext gerissen zu wirken. Sonja und Martin haben sich mit diesem Werk selbst übertroffen und ein kleines Meisterwerk kreieren können. Ein perfektes Album für die kalten Herbsttage und -abende, die man am besten mit einem Glas Rotwein vor dem Kamin (okay, vor der Heizung) verbringt.
Anspieltipps: Mean, Untitled, Blue, Stained
- Redakteur:
- Ricarda Schwoebel