PHOBOS - Tectonics
Mehr über Phobos
- Genre:
- Industrial Doom
- Label:
- Candlelight/PHD
- Release:
- 30.05.2005
- Nietschean Dynamics
- Gregarious
- Wisdoom
- Monochrome Red
- Engulfed In Subduction
- Nihil Credo
- Inseminator/Matrix
- Dormant/Dead End
Tektonik. Riesige Erdplatten schieben sich unterirdisch langsam, aber bestimmt vorwärts. Manchmal führt dies zu Eruptionen, aber zumeist verursachen die Gesteinsbewegungen kein großes Aufsehen. Heimlich, still und leise schieben sich die Platten Millimeter um Millimeter voran, reiben aneinander, stoßen sich ab, stetige, aber langsame Bewegung. Doch wie mögen diese Vorgänge klingen?
Eine mögliche Antwort darauf liefern die Franzosen von PHOBOS, deren Debüt passenderweise mit "Tectonics" betitelt ist. Ein Soundtrack für Geologen? Mitnichten. "Industrial Doom" nennt Bandkopf Frédéric Sacri diese Mischung aus Slo-Mo-Noiseattacken und Zeitlupenriffing, stets garniert mit einem garantiert fies klingenden Konservensound - passt also wunderbar.
Zunächst war ich von "Tectonics" extrem abgeschreckt. Nach dem Intro 'Nietzschean Dynamics' hatte ich zumindest eine kleine Änderung im Soundgewand erwartet, aber nix da: PHOBOS wollen den Hörer quälen, malträtieren, mit einem computergenerierten Grundsound, der Synapsen vaporisiert und Nervenenden in den Kurzschluss treibt. Gibt man der Band dann eine Chance und hört sich mal ausgiebiger in die Scheibe rein, so wird schnell klar, dass man es im Prinzip "nur" mit einem extremen Doom-Album in einem etwas ungewohnten Soundgewand zu tun hat. Sacri legte zunächst durch Bands wie NEUROSIS, VOIVOD oder GODFLESH inspiriert los, doch diese Einflüsse hört man auf "Tectonics" so gut wie gar nicht mehr. Höchstens noch eine zutiefst verstörende Grundstimmung, wie sie auch NEUROSIS nicht besser hinbekommen hätten. Stattdessen klingt die Scheibe so, als hätte jemand STRAPPING YOUNG LAD in Zeitlupe spielen lassen. Oder als würden SAMAEL plötzlich Doom spielen. Extrem zähen, nervenaufreibenden, psychotisch wirkenden Doom. Wenn man sich das irgendwie vorstellen kann. PHOBOS loten sämtliche Extreme aus, was sowohl das Noisige als auch die Monotonie, von der Doom mehr oder weniger in seiner Quintessenz lebt, betrifft. Kein Industrial-Sound aus dem Rechner ist zu schrill, manchmal muss man wirklich einiges an akustischer Vergewaltigung einstecken können. Insbesondere die beiden abschließenden Zehnminüter sind ein wahrer Ohren-Marathon, jedoch übertreiben PHOBOS es nie ganz extrem. Bevor man endgültig gewillt ist, die CD als Frisbee zu benutzen, drängt sich plötzlich eine interessante Wendung im Song auf.
An RED HARVEST erinnert mich die Band auch noch - aber auch nur, wenn das norwegische Abrisskommando plötzlich um ein Vielfaches langsamer agieren würde. In punkto Kompromisslosigkeit können die beiden Formationen sich aber ohne Weiteres das Wasser reichen.
Sacri testet die Geduld seiner Hörer, vermutlich wohlwissend, dass nicht viele etwas mit dem musikalischen Sperrfeuer namens "Tectonics" werden anfangen können. Dabei ist die Platte an sich nicht schlecht. Eigentlich sogar recht gut, bietet sie vor allem genügend Tiefgang für etliche Hördurchläufe. Diese braucht die Musik von PHOBOS allerdings auch - und Geduld. Viel Geduld. Wer darüber hinaus noch über lärmunempfindliche Ohren verfügt, der sollte eines seiner beiden Exemplare mal "Tectonics" leihen. Vielleicht ergeht es ihm dann wie mir, "krank" murmelnd, aber doch nicht in der Lage, sich von den irgendwie verstörend-faszinierenden Klanglandschaften loszureißen. Langsam schieben sich die Platten untereinander, kollidieren, rücken vor, Millimeter für Millimeter ...
Anspieltipps: Gregarious, Wisdoom, Inseminator/Matrix
- Redakteur:
- Rouven Dorn