POINTER BAND, MICK - Marillion's "Script" Revisited
Mehr über Pointer Band, Mick
- Genre:
- Progressive Rock
- Label:
- Verglas Music / Soulfood
- Release:
- 14.03.2014
- Script For A Jester's Tear
- He Knows You Know
- The Web
- Garden Party
- Chelsea Monday
- Forgotten Sons
- Three Boats Down From The Candy
- Charting The Single
- Grendel
- Market Square Heroes
- Margaret
Die Tonkonserve zum Theater-Event.
30 Jahre "Script For A Jester's Tear". Ein Jubiläum eines Werkes, das zu seiner Zeit zwischen Euphorie und Ablehnung als GENESIS-Kopie – ein nicht von der Hand zu weisender Vorwurf, war man doch stilistisch ähnlich und hatte einen Frontmann, der sicherlich von Peter Gabriel inspiriert worden war – pendelte, doch nach diesen drei Jahrzehnten bei den meisten Progfans als ein stilbildendes Genre-Werk angesehen wird. Ein wirklich würdiges Konzert wäre es natürlich, wenn sich alle Protagonisten von damals zusammenfinden könnten, also neben Mick Pointer an den Drums und drei der Ur-Marillions auch noch Sänger Fish, aber diesen feuchten Prog-Traum wagt kaum jemand noch zu träumen. So bleibt es bei Mick Pointer, der übrigens mit seiner zusammen mit Clive Nolan gegründeten Band ARENA große Erfolge in Progkreisen feiern konnte und kann, und einer Truppe aus britischen Prog-Musikern wie Nick Barrett fron PENDRAGON, Mike Varty von CREDO und LANDMARQ, Ian Salmon von ARENA und Sänger Brian Cummins, der die GENESIS-Coverband CARPET CRAWLERS frontet, das Erbe zu inszenieren. Das ist sicher nicht die schlechteste Auswahl, und sie macht aus oben erwähnter Nähe des zu feiernden Albums an die britischen Originale GENESIS keinen Hehl.
So hat dann auch "Marillion's "Script" Revisited" seine Existenzberechtigung, da Mick in diesem Fall versucht hat, die alte Show auf die Bühne zu bringen. Dabei wollte er alle Songs aufführen, an denen er kompositorisch beteiligt gewesen war. Deswegen besteht die erste CD aus dem kompletten Debütalbum seiner alten Truppe, und die zweite aus den frühen Songs, die als erste Prä-"Script" EP oder Single-B-Seiten veröffentlicht worden sind. Die sechs Songs der ersten CD sind natürlich bekannt, so dass ich darauf nicht im Detail eingehen werde. Sollte jemand nicht wissen, worum es hier geht, so möge er bitte "Script For A Jester's Tear" erstmal kaufen gehen (Empfehlung: in der remasterten Doppel-CD-Version, da sind nämlich die Songs der zweiten CD ebenfalls enthalten) und unsterbliche Hymnen wie den Titelsong, 'The Web'. 'Chelsea Monday' und das überragende 'Forgotten Sons' entdecken. Dann bitte wieder zurückkehren.
Die zweite CD enthält die Prä-"Script" Songs 'Market Square Heroes', 'Three Boats Down From The Candy' und den Longtrack 'Grendel' sowie 'Charting The Single', die B-Seite der 'Garden Party'-Single, und 'Margaret', B-Seite der 'He Knows You Know'-Single. Die Reihenfolge ist für das Live-Set arrangiert, indem zuerst die beiden ruhigeren Songs kommen, die nach dem Höhepunkt 'Forgotten Sons' einen willkommenen Kontrast setzen, und dann mit 'Grendel' der neunzehnminütige progressive Live-Klimax folgt. 'Market Square Heroes' und 'Margaret', das eigentlich nichts anderes ist als ein ausgedehnter Jam und teilweise aus dem frühen 'You Take The High Road, I Take The Low Road' entstanden ist, verabschieden das Publikum dann mit Energie.
Als Konzert scheint das Konzept ausgesprochen großartig gewesen zu sein. Leider zeigt das Booklet nur wenige Fotos des Auftrittes, dessen Idee es war, eben die Achtziger-Jahre-Show erneut zu zeigen. So ist Brian Cummins geschminkt und agiert theatralisch wie Mr. Derek Dick damals, als eine personifizierte Fish-Gabriel-Melange. Aus diesem Grund würde ich eine DVD-Version des Auftrittes deutlich vorziehen, denn die Musik ist doch nur ein Teil des Ganzen. Leider scheint eine solche nicht geplant zu sein, so dass wir mit der Doppel-CD vorlieb nehmen müssen.
Das wiederum wirft die Frage auf: Warum sollte jemand dieses Album kaufen? Denn, in der Tat: Es gibt keinerlei neue Musik und die Songs werden durchgehend von Musikern gespielt, die mit Ausnahme von Mick Pointer mit den Songs überhaupt nichts zu tun haben. Also ein Doppel-Album einer Coverband, wenn man böse sein will. Auf der Habenseite steht allerdings, dass wir es mit einer ganzen Phalanx der besten Prog-Musiker der Insel zu tun haben, die einem der Frühwerke Hommage zollen. Und einem Original-Mitglied. So nimmt es nicht Wunder, dass rein musikalisch auch alles im Reinen ist. Doch war MARILLION damals genauso eine Band, die durch ihren Frontmann lebte, wie sie es in der Phase mit Steve Hogarth auch noch ist. Deswegen kommt natürlich vordringlich die Frage auf, inwieweit Brian Cummins FISH das Wasser reichen kann.
Doch bevor ich diese Frage beantworte, sollten wir uns alle eher die Frage stellen, was wir denn wollen würden? Einen Sänger, der Derek Dick so perfekt wie möglich nachahmt? Oder lieber jemanden, der den Songs eine neue, moderne Interpretation gibt?
Aus Pointers Sicht ist die Antwort nach Hören der CDs klar, und auch die Wahl eines Frontmannes einer Coverband deutet an, was seine Präferenz war: Das Imitat. Brian sollte jeden Song so intonieren, wie Fish es im Original getan hat. Da sitzen die Töne exakt wie auf den Studioaufnahmen, ja, Cummins hat sicher die Alben und Singles häufig gehört, geübt und auswendig gelernt. Er macht unter dieser Voraussetzung einen großartigen Job, oft meint man, Fish stände selbst dort. Allerdings hätte dieser die Songs möglicherweise sogar mehr variiert. Oder hat, denn es gibt ja mittlerweile ein Tondokument, das genau das zeigt: "Recital Of The Script", eine Live-Aufnahme aus dem Jahr 1983, die zwanzig Jahre später auf DVD erneut veröffentlicht worden ist.
So gesehen ist "Marillion's "Script" Revisited" ein Tondokument einer Tour, die man sicher gesehen haben sollte. Jedoch auch eines, das als reine Tonaufnahme nur für wirklich eingefleischte Fans einen Mehrwert bietet. Dieser besteht vor allem in den Aufnahmen von 'Margaret', 'Three Boats Down From The Candy' und 'Charting The Single' und im guten Sound der Aufnahmen der Posse um Mick Pointer. So kann auch eine Empfehlung nur an die großen Fans der englischen Progszene gehen, während der normale Hörer zuerst einmal die Originale kaufen sollte. Sollte allerdings Mick Pointer sich durchringen, das Ganze zum 35-jährigen Jubiläum nochmal auf die Bühne zu bringen, dann empfehle ich dringend den Kauf einer Konzertkarte!
- Redakteur:
- Frank Jaeger