POISON THE WELL - The Tropic Rot
Auch im Soundcheck: Soundcheck 07/2009
Mehr über Poison The Well
- Genre:
- Postcore/Hardcore
- ∅-Note:
- 8.75
- Label:
- Hellfest/Universal
- Release:
- 10.07.2009
- Exist Underground
- Sparks It Will Rain
- Cinema
- Pamplemousse
- Who Doesn't Love A Good Dimsmemberment
- Antarctica Inside Me
- When You Lose I Lose As Well
- Celebrate The Pyre
- Are You Anywhere
- Makeshift Clay You
- Without You And One Other I Am Nothing
Prog gemischt mit Hardcore und Alternative gibt's nicht? Gibt's doch, bei POISON THE WELL! Und gut klingt das Ganze auch noch...
Ja. JAAA! Die neue POISON THE WELL-Platte ist da! Und wie immer bei sehnlichst erwarteten Scheiben öffne ich das Paket, das besagten Silberling enthält, mit gemischten Gefühlen. So ist die Gefahr, bei gerade diesen Platten enttäuscht zu werden, am höchsten. Heute, etwa dreißig Durchläufe später, bin ich nicht nur beruhigt, nein, ich kann es praktisch immer noch nicht fassen, wie gut den Jungs aus Florida "The Tropic Rot" gelungen ist. Aber fangen wir von vorne an:
Musikalisch haben sich POISON THE WELL seit "Versions" und "You Come Before You" definitiv weiterentwickelt, insgesamt gehen die Jungs um Sänger Jeffrey Moreira auf dem aktuellen Output erwachsener, durchdachter und zeitloser zu Werke, als sie es auf den letzten Platten getan haben. Zielsicher gelingt es POISON THE WELL, die Qualitäten der Vorgänger auszufeilen und gleichzeitig die Schwächen auszumerzen. Dabei fällt es relativ schwer, die Amis in eine Schublade zu stecken. Viele Kollegen benutzten in dem Zusammenhang gern den Begriff Post-Hardcore, letztendlich weiß aber kein Mensch, was das eigentlich bedeuten soll. Frei von der Leber weg beschreibe ich die musikalische Melange auf "The Tropic Rot" mal als Prog-Alternative-Hard- bzw. Metalcore. Und schon beim Schreiben dieser Zeilen bereue ich dies, denn da steht es, das "schlimme" Wort, dass viele von euch direkt abschrecken wird: "Metalcore". Lasst euch davon nicht entmutigen, ich verspreche euch, "The Tropic Rot" funktioniert gänzlich anders, als die Musik, die man sonst so aus diesem Genre, das nicht gerade für seine Originalität bekannt ist, kennt.
Da wäre etwa das absolut geniale und unvorhersehbare Songwriting, das definitiv einer der Stützpfeiler der Qualität von "The Tropic Rot" darstellt. Beispiel gefällig? Hört euch mal das äußerst interessante 'When You Lose I Lose As Well' an, dass zwar nicht der beste Titel auf dem Silberling darstellt, aber recht gut veranschaulicht, was ich mit unvorhersehbarem Songwriting meine. Der Titel beginnt mit einer relativ chilligen und swingähnlichen Melodie und erweckt zu Beginn den Eindruck, bei dem Song handle es sich um eine eher positive Nummer. Dies täuscht aber, der Song ändert, ohne dabei einen direkten Bruch zu begehen, die Stimmung und wird relativ melancholisch. Ähnlich das geile 'Sparks It Will Rain', dass, wie es Kollege Mathias schon angesprochen hat, mit einem westernähnlichem Intro aufwartet bevor es ordentlich entfesselt wird. Sehr gut liegt es POISON THE WELL auch, spannungsaufbauende Momente in ihre Songs einzubauen, bevor diese in mitreißenden Nackenbrecher münden, die immer wieder zum Durchdrehen auffordern. Die meisten Bridges sind unvorhersehbar aber dennoch treibend, diese Eigenschaft wird im Speziellen durch das für diese Musikrichtung völlig untypische progressive Drumming und durch Moreiras interessante Gesangsmelodien mit klarer Stimme hervorgerufen. Insgesamt fällt mir der Gesang auf "The Tropic Rot" extrem positiv auf, gerade im Vergleich zu den POISON THE WELL-Platten vor "You Come Before You". Auch die Screams gehen für mich völlig in Ordnung, die Vocals nerven mich in keinem Song und haben kaum Emo-Einschlag, wie er den Amis gerne unterstellt wird.
Einzelne Songs hervorzuheben fällt mir relativ schwer, einzig 'Are You Anywhere' und 'Pamplemousse' können mit den anderen Titel nicht ganz mithalten. Dennoch sind auch diese Lieder auf ihre Art gute Songs, einzig das Ideenreichtum lässt bei diesen Titeln etwas zu wünschen übrig, wobei 'Pamplemousse' dies durch einen (für diese Musikrichtung) recht hohen Prog-Einschlag versucht wettzumachen. Ich spare es mir nun, die ganzen andern Perlen wie 'Cinema' (geiler Text!), 'Exist Underground' oder 'Makeshift Clay You' auseinander zu nehmen, hört in die Songs einfach rein und lasst euch begeistern. Lediglich eine gewisse musikalische Aufgeschlossenheit ist dafür notwendig, wer nicht gewillt ist, die manchmal etwas vertrackten Melodien und Rhythmen zu durchforsten, wird mit "The Tropic Rot" nicht viel anfangen können.
Abschließend bleibt zu sagen: holt euch die Platte! POISON THE WELL haben eine ungeheuer starke Scheibe hingelegt und jeder, der einigermaßen objektiv über diese Platte urteilt, wird mir dabei zustimmen. Klar, die Musik ist nicht jedermanns Fall, darüber brauchen wir nicht diskutieren. Aber musikalisch beweisen die Amis wieder einmal, dass es im Hard- und Metalcore Bereich eben doch originell und eigenständig zugehen kann. Und ich predige es nochmals: lasst euch nicht von diesen Begriffen abschrecken, POISION THE WELL nehmen dort lediglich ihre Wurzeln her und ziehen am Ende dennoch ihr eigenes unabhängiges Ding durch.
Anspieltipps: Sparks It Will Rain, Cinema, When You Lose I Lose As Well, Makeshift Clay You
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Hagen Kempf