QUEENSRYCHE - Frequency Unknown
Auch im Soundcheck: Soundcheck 05/2013
Mehr über Queensryche
- Genre:
- Hard Rock
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- Cleopatra (H'ART)
- Release:
- 26.04.2013
- Cold
- Dare
- Give It To You
- Slave
- In The Hands Of God
- Running Backwards
- Life Without You
- Everything
- Fallen
- The Weight Of The World
- I Don't Believe In Love (Re-Recorded)
- Empire (Re-Recorded)
- Jet City Woman (Re-Recorded)
- Silent Lucidity (Re-Recorded)
Geoff Tate legt vor.
Es hat Jahre gegeben, da wurde ich schon bei der Ankündigung eines neuen QUEENSRYCHE-Albums überaus nervös, ungeduldig, wollte das kommende Meisterwerk in den Händen halten. Speziell bei "Empire", "Promised Land" und "Hear In The Now Frontier" gab es dieses Gefühl, da meine zu diesem Zeitpunkt unumstrittene Lieblingsband mich bis dahin noch nie enttäuscht hatte. Und auch in der Retrospektive sind die Alben bis einschließlich "Promised Land" durch die Bank Klassiker, die in jeder gut sortierten Sammlung stehen sollten. "Hear In The Now Frontier" war dann schließlich die erste dicke Negativerfahrung mit Geoff Tate und seinen Sidekicks. Und seitdem hat es die Legende aus Seattle nie wieder auch nur annähernd auf die Klasse der Debüt-EP und der ersten fünf Alben gebracht. Nein, vielmehr geriet die Band in einen akuten Negativstrudel, der seinen akustischen Tiefpunkt im 2011er-Werk "Dedicated To Chaos" fand. Ein zerfasertes, orientierungsloses Werk einer zerfaserten, orientierungslosen Band.
Wer - wie ich - geglaubt hatte, dass es schlimmer nicht mehr geht, hatte sich gründlich getäuscht. Die folgende, sehr öffentliche Schlammschlacht mit der Entlassung von Geoff Tate bei QUEENSRYCHE, bösen Anschuldigungen beider Parteien um Spuckattacken, Songwriting-Credits und Tyrannei sowie dem noch offenen Rechtsstreit um den Namen der Band, war hochgradig peinlich und dürfte beiden Seiten - hoffentlich - eine Vielzahl Fans gekostet haben. Warum zur Hölle kann man so etwas nicht ohne Facebook-, Blabbermouth- und Twitter-Meldungen lösen? Warum löst man nicht einfach die Band auf und macht unter zwei neuen Namen - Vorschläge: RAISING WEST und GEOFF TATE BAND - weiter? Das wäre absolut sauber gewesen. Aber natürlich geht es um Geld. Und mit dem Namen QUEENSRYCHE lässt sich das sicher viel einfacher verdienen als mit RAISING WEST oder als GEOFF TATE BAND. Denn es gibt ja immer noch viele Menschen, die nicht auf den Inhalt achten, sondern aus Gewohnheit, Loyalität oder Komplettierungswahn Alben einer Band kaufen oder zu einem Konzert gehen. Anders ist nicht zu erklären, dass es selbst "Dedicated To Chaos" noch in die Charts geschafft hat oder QUEENSRYCHE (mit Todd LaTorre) jetzt ein mittelgroßes Festival anführen dürfen.
Diese beiden Absätze hätte ich ganz problemlos auch beim demnächst erscheinenden QUEENSRYCHE-Album mit Todd LaTorre am Mikro schreiben können. Mich hat der ganze - sorry, aber das muss in dieser Deutlichkeit auch mal gesagt werden - Mist um die Band zuletzt so sehr genervt, dass ich weder auf Geoff Tates QUEENSRYCHE und dem hier vorliegenden Werk "Frequency Unknown" noch auf das LaTorre-Album Lust gehabt hätte. Doch ist es natürlich auch unsere Aufgabe euch zu berichten, wenn neue Musik vorliegt.
So, nach dem wohl längsten Vorwort, das ich je geschrieben habe, können wir uns nun doch endlich um "Frequency Unknown" kümmern. Wie gesagt, war meine Lust das Album zu hören eher mal mäßig, zumal auch das Tate-Solowerk wenig spektakulär geraten ist und sich der Mastermind mit albernen Aussagen über Heavy Metal zuletzt noch ein wenig weiter ins Abseits gestellt hat.
Immerhin hat er sich mit Rudy Sarzo (b., u. a. DIO, OZZY), Roberto Sarzo (gt., HURRICANE), Kelly Gray (gt., QUEENSRYCHE) und Paul Bostaph (dr., TESTAMENT, SLAYER) eine namhafte und fähige Hintermannschaft zusammengestellt. Daneben geben sich noch diverse Gäste wie Ty Tabor (KING'S X), Chris Poland (MEGADETH) oder K. K. Downing (JUDAS PRIEST) hier die Klinke in die Hand. An den Namen kann dieses Album also nicht scheitern.
Und zu meiner großen Überraschung sind auch die meisten Songs wirklich gelungen. Der bissige Opener 'Cold' kann mit Tates typischen Vocallines punkten, das dramatische 'In The Hands Of God' macht ebenfalls Laune und auch die folgenden 'Running Backwards' und 'Life Without You' sind starke Rocksongs, die zudem toll produziert sind. Das epische 'The Weight Of The World' lässt sogar ein wenig Gänsehaut aufkommen, so sehr geht da Tates Gesang unter die Haut. Zwar gibt es mit den zu sehr auf modern getrimmten 'Dare' und 'Give It To You' gerade am Anfang auch Songs, die selbst nach mehreren Spins weder zu Tate noch zu QUEENSRYCHE noch zu "Frequency Unknown" passen wollen, aber diese sind deutlich in der Unterzahl. Das hat zwar musikalisch alles so viel mit QUEENSRYCHE gemein wie Demokratie mit Nordkorea, aber das ändert nichts daran, dass hier einige sehr gute, mit mächtig Drive interpretierte Rocksongs zu finden sind. Und so würde ich nach zehn Songs und 43 Minuten Spielzeit wohl auch eine höhere Note zücken, als sie unten zu finden ist.
Doch aus irgendeinem blöden Grund ist Geoff Tate der Meinung gewesen noch vier QUEENSRYCHE-Klassiker neu interpretieren zu müssen. Das ist in den allermeisten Fällen bislang schief gelaufen. So auch hier. Während 'Empire', 'Jet City Woman' und 'Silent Lucidity' noch ganz passabel geworden sind und meist lediglich im Refrain deutlich den Kürzeren ziehen, weil die Energie oder die Emotionen nicht eingefangen werden können, habe ich es jetzt bei fünf Anläufen nicht geschafft 'I Don't Believe In Love' bis zum Schluss anzuhören, so grausam ist diese Interpretation geworden. Das Gitarrenspiel: schrecklich, die Hooks: vernichtet, der Refrain: vergewaltigt, der Gesang: grausam. Ich kann gar nicht verstehen, warum Geoff Tate das nicht selbst hört. Unfassbar.
Ebenfalls nicht von echter Größe zeugt zudem das Cover, auf dem eine geballte Faust ein deutlich vernehmbares "F*** U" in Richtung der alten Bandkollegen sendet. Aber das ist nur noch eine Randnotiz in dieser unzumutbaren Schlammschlacht.
Wer das ganze Getöse um die Band komplett ausblenden kann, den erwartet ein gutes, stellenweise sehr gutes Rockalbum, das man aber nach zehn Songs beenden sollte. Allerdings kann ich jeden gut verstehen, der dank des Vorspiels hier abwinkt und sich lieber talentierten, neuen Bands widmet. Verdient haben diese es deutlich mehr.
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Peter Kubaschk