RANCOR - Bury The World
Mehr über Rancor
- Genre:
- Thrash Metal
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Xtreem Music
- Release:
- 14.06.2022
- Berserk
- Bury The World
- Daggers In The Chest
- Evil Subjugation
- Evade
- Bad Angel
- Digital Criminal
- Hunting Humans
- Crushing Your Bones
- Rat Licker
"Rancors sind emotional komplexe Kreaturen."
Neben dieser Berufsweisheit eines Rancor-Pflegers in einer Folge der Fernsehserie "Das Buch von Boba Fett" kann man einiges an mehr oder weniger Wissenswertem über diese fiktive Raubtiergattung aus dem Star-Wars-Universum erfahren, wenn man im Internet danach sucht. So werden Rancors bis zu 5 Meter groß und können über 1500 Kilogramm wiegen, außerdem sind sie den Reptilien zuzuordnen und Allesfresser. Der bekannteste Rancor war das Lieblingshaustier von Jabba dem Hutten, beide kennt ein Millionenpublikum aus dem Blockbuster "Die Rückkehr der Jedi-Ritter". Dort wurde das Tierchen regelmäßig mit unliebsamen Geschäftspartnern des krötenartigen Gangsterbosses gefüttert. Wie ich nun erfuhr, hieß dieser Rancor "Pateesa"! Oh wie köstlich kann Ballastwissen einem Star-Wars-Fanboy das Recherchieren versüßen, ohne dass dieser es vorher geahnt hätte!
Mit "Bury The World" legt die schon seit 1998 bestehende spanische Thrash-Metal-Band RANCOR aus Madrid bereits ihr viertes Album vor. Von dieser härtemäßig ordentlich knallenden Scheibe kann über den Begriff "Allesfresser" allen Ernstes eine metaphorische Verbindung zum Star-Wars-Monster aufgebaut werden: Wenn auch nicht gänzlich "alles", so verarbeitet RANCOR doch sehr viele verschiedene Stilelemente, um seinen "80ies American Thrash Metal" aufzupeppen und mit einer eigenen musikalischen Handschrift zu versehen. Daher finden sich viele Versatzstücke aus Speed-, Heavy- und American Power Metal, wie beispielsweise ausgearbeitete, komplexe Riffs und dynamische Tempowechsel neben kraftvollen Chorussen in der Musik der fünf Spanier wieder.
Dennoch birgt dieser Versuch, die auf Thrash Metal geeichte eierlegende Rancorlöwensau zu erschaffen, gewisse hörbare Schwierigkeiten in sich: Durch die vielen aneinandergereihten Riffs, Melodien, Soli, Hooklines, et cetera entsteht in meinem Hörerleben kein richtiger Flow in den meisten der Stücke. Noch am ehesten 'Evade' kann mir momentan wirklich länger im Gedächtnis haften bleiben. Nicht falsch verstehen! Ich halte "Bury The World" für ein interessantes, spannendes Album, aber aufgrund der durchschlagenden vielschichtigen Komplexität eben doch eher für Kopfhörerfutter.
Sofort zum Albumbeginn, mit den ersten Takten von 'Berzerk' werde ich an eine Band erinnert, die im Infotext nicht als Einfluss genannt wird. Dort zählt man zwar außer METALLICA und EXODUS zu Recht fast alle großen US-Thrash-Metal-Bands wie SLAYER, OVERKILL, MEGADETH und TESTAMENT auf, aber die für mich offensichtlichste fehlt! Ob sich da ein wenig Absicht vermuten lässt, dass DEATH ANGEL bei den Einflüssen unter den Tisch gekehrt wird?
Na ja, wollen wir mal nicht der Schelm sein, der immer Böses denkt. Denn auch wenn ich aufgrund der Rhythmik und vor allem der Stimmfarbe sowie der angewandten Phrasierungen des Sängers von RANCOR nahezu ununterbrochen an Death Angel denken muss, wenn man mal von den powermetallischen Stilelementen wie einigen Chorussen, Gitarrenklängen und Riffs absieht, können mich Brecher wie der melodische Titeltrack 'Bury The World' oder das heftige aber im Abwechslungsreichtum auch unberechenbare 'Daggers In The Chest' durchaus erfreuen.
'Bad Angel' gefällt durch groovige Gitarrenarbeit und mitreißende, geradezu tanzbare Rhythmik. Leider besteht auch dieser sehr bemühte und interessante Song für seine 4 Minuten 46 Sekunden aus zu vielen unterschiedlichen Teilen und Passagen, so dass einem manchmal der Begriff "progressiv" kurz vor dem inneren Auge aufblitzt. Die etwas geradlinigeren Abrissbirnen 'Evil Subjugation' und 'Digital Criminal' sind leichter konsumierbare Thrash-Nahrung, während es in 'Hunting Humans' gleich wieder vertrackter zur Sache geht.
'Crushing The Bones' holt mich dann wieder aus dem Sessel und deathangelt endlich etwas eigenständiger mit anders abgeschmeckten Gitarren und seiner langgezogenen Hookline erneut wunderbar durch die US-Thrash-Metal-Küche. Der letzte Song heißt 'Rat Licker', hört sich überraschenderweise wie eine SUICIDAL TENDENCIES – Coverversion inklusive Mike Muir-mäßiger Vocals an, und ist leider nach eineinhalb Minuten schon wieder zu Ende.
Sänger Dani, Vasco und Ricky an den Gitarren, Serra am Bass und Jorge am Schlagzeug ist mit "Bury The World" ein abwechslungsreiches, wenn auch etwas sperriges, knapp vierzigminütiges Album gelungen, dem ich einen hohen Wachstumswert einräume. Ich persönlich werde diese Scheibe der im Livesektor über die letzten zwei Jahrzehnte sehr erfahren gewordenen spanischen Thrash-Kapelle RANCOR jedenfalls sicherlich noch einige Male hören, bis sich eines Tages vielleicht die Möglichkeit einer livehaftigen Inaugenscheinnahme vor einer Festival- oder, noch besser, Clubbühne ergibt.
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Timo Reiser