ROSANDER, CHRIS - King Of Hearts
Mehr über Rosander, Chris
- Genre:
- AOR / Melodic Rock /West Coast
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- AOR Heaven
- Release:
- 26.06.2020
- Online
- She's A Killer
- Don't Look Back
- Angelina
- Can't Let Go
- Could This Be Love
- Price Of Love
- Only For The Night
- Crossroads
- King Of Hearts
- No Destination
Mit einem richtigen Schlagzeug wäre dieses Quasi-TOTO-Album sehr stark!
Christian Rosander hat "King Of Hearts" quasi im Alleingang aufgenommen, nur der Bass und ein Gitarrensolo stammen nicht von ihm, Drums und Percussion hat er selbst programmiert. Schade, dass er kein Geld für ein anständiges Plattencover investieren wollte. Irgendwo zwischen AOR und Westcoast will er seinen Sound angesiedelt wissen. Hören wir mal nach, ob das passt.
Erst mal fällt schon beim Opener auf, dass ein richtiges Schlagzeug wirklich, wirklich sinnvoll gewesen wäre. Solche Drums können wir in unserem Cover-Projekt leider auch problemlos aus dem PC-Programm mitnehmen. Und unter dem Drumsound krankt und leidet leider das ganze Album. Schade eigentlich, denn die Songs sind zwar superseicht (stellt euch vor, TOTO wäre im Vergleich dazu hart), aber auch gut geschrieben. Die kitschigen Keyboard-Sounds und mehrstimmigen Gesänge (Westcoast eben!) passen hervorragend dazu. Die Produktion ist etwas zu dumpf, leidet aber vor allem am wirklich miesen Schlagzeugsound.
'Online' platziert sich zwischen BELINDA CARLISE und FLEETWOOD MAC. Harte Musik ist das nicht, der Gesang würde zu einem ruhigeren TOTO-Scheibchen passen. Aber es ist (abgesehen vom Drumming) ganz schön cool gemacht, und das Gitarrensolo sowie das Mitt-Achtziger-VAN-HALEN-Keyboard-Solo sind wirklich stark. Wer das Keyboard beim Opener kitschig fand muss bei 'She's A Killer' noch mehr aushalten. Dafür sind die Gitarren klar rockiger orientiert. Aber auch hier ist der Refrain stark, und das Schlagzeug nicht ganz so nervig wie im Opener. Die TOTO-Anspielungen werden noch prägnanter bei 'Don't Look Back', und obwohl Rosander insgesamt ein guter Sänger ist, merkt man hier doch, dass er nicht an Bobby Kimball, Joseph Williams oder Fergie Frederiksen heranreicht. Auch die kompositorische Genialität eines Steve Lukather fehlt hier, aber vom Charakter her ist man nah an einer guten TOTO-Kopie.
Ach ja, hatten wir schon TOTO erwähnt? Meine Güte, 'Angelina' ist halt sogar der typische TOTO-Frauennamen-Song. Auch dieser Song hält solides TOTO-Niveau und würde auf manchen Alben sogar zu den besseren der Band zählen. 'Can't Let Go' würde auch gut auf "The Seventh One" passen, meiner liebsten Scheibe einer bereits häufiger erwähnten AOR-Koryphäe. 'Could This Be Love' krankt ebenfalls am Schlagzeugsound, gewinnt aber mit dem sehr poppigen Keyboard meine Sympathien und klingt weitestgehend wie Dritte-Reihe-AOR von 1988. Da ich solche Sachen sammle, ist das durchaus als Kompliment zu verstehen. 'Price Of Love' ist dann eine wirklich belanglose Ballade, aber das gab es bei den Achtziger-Klassikern im AOR und bei Siebziger-Westcoast-Scheiben auch. Besser wird es wieder mit 'Only For The Night', einer Westcoast-Hymne mit Keyboard-Bläsern im CHICAGO-Fahrwasser. 'Crossroads' ist dann tatsächlich leicht bluesig angehaucht, ist aber kein Robert-Johnson-Cover, sondern eher ein etwas groovigerer Titel, der an TOTO in den Neunzigern erinnert, denkt mal an "Tambu" oder "Kingdom Of Desire". Es folgt der Titelsong "King Of Hearts", ein schnulziger Achtziger-Pop-Song, der gut in die meisten typischen Kultsoundtracks gepasst hätte, oder auf ein TOTO-Album. Mir gefällt der Track, aber wäre das ganze Album auf diesem Härtegrad, würden wir es wahrscheinlich nicht rezensieren. Mit 'No Destination' geht es auch härter zu Ende. Leider kranken vor allem die härteren Nummern am Drumsound. Bei den Balladen und Popsongs stört das kaum, aber neben den härteren Gitarren ist es echt ein Problem. Vom Songwriting mit den leicht jazzigen Akkord-Wechseln profitiert diese Nummer dagegen fraglos.
Ja, der Schlagzeugsound. Was wäre hier mit einem lebendigen Drummer drin gewesen? Denn auch wenn es sich teils wie eine dreiste TOTO-Kopie anhört, ist es doch enorm hochklassig, vom Songwriting, dem altbackenen Sound, den guten Gesangslinien und den starken Soli her betrachtet. Da das Schlagzeug nicht alles ruiniert, sondern nur manche rockigere Tracks, kann ich insgesamt schon von einem guten Album sprechen. Denn alles andere gefällt mir in der Schnittmenge zwischen TOTO, AOR, Westcoast und Belinda Carlisle wirklich gut. Klare Hörempfehlung für Genre-Fans, aber sagt nicht, dass ich nicht auf den Drumsound hingewiesen habe. Der kostet die Scheibe einen ganzen Punkt.
Anspieltipps: Online, Don't Look Back, Could This Be Love, Crossroads.
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Jonathan Walzer