RUDRA - Brahmavidya: Primordial I
Mehr über Rudra
- Genre:
- Death Metal
- Label:
- DemonZend / Cyclone Empire
- Release:
- 19.05.2006
- Twilight Of Duality
- Ananya Chaitanya
- The Pathless Path To The Knowable Unknown
- There The Sun Never Shines
- Veil Of Maya
- Ageless Conciousness, I Am
- Meditations On The Mahavakya
- Aham Brahmasmi
- Shivoham
- In The Fourth Quarter: Turiya
Ende der Neunziger ist mir irgendwann das Debüt einer der heute führenden Metalbands aus Singapur in die Hände gefallen, und ich war damals schon sehr angetan von dem, was RUDRA zu bieten hatten. Das war technisch höchst anspruchsvoller Death Metal, der sich eben nicht auf das reduzieren ließ, was wir im Westen darunter verstehen. Die Band überraschte mit traditionellen indischen Elementen, die ihren Sound unheimlich bereicherten. Aus mir unerfindlichen Gründen habe ich die Band hernach aus den Augen verloren, bis mir vor Kurzen ihr mittlerweile viertes Studioalbum "Brahmavidya: Primordial I" in die Hände fiel.
Auf diesem präsentiert sich das Fernost-Quartett musikalisch gereift, aber noch immer in seinem ureigenen Stil zu Hause. Die Band beschäftigt sich - wie auch auf den früheren Werken - mit der Tradition des vedischen Hinduismus und setzt dies musikalisch sehr konsequent um. Das bedeutet sie spielt nach wie vor technisch enorm beeindruckenden Death Metal mit beinharten Thrash-Kanten und massenweise glänzenden Soli von Selvam, sowie Akustikleads von Kennan. Das Tempo ist im Mittel deutlich höher als noch vor einigen Jahren, doch was gleich geblieben ist, ist die Seele der Musik, die eben zu einem großen Teil darauf basiert, dass RUDRA ihrem metallischen Grundgerüst massenweise Elemente aus der indischen, oder besser hinduistischen Tradition hinzufügen. So begegnen uns in den meisten Stücken des Albums sehr ungewöhnliche Perkussions-Elemente mit starkem Tribal-Feeling, mantra-artige, klar gesungene Passagen in Sanskrit - der heiligen Sprache Indiens - und etliche weitere, von Gastmusikern gespielte Instrumente aus der indischen und südostasiatischen Folklore, wie etwas Tabla, Dolki und Bhajan.
So gelingt RUDRA ein perfekter Crossover, wie ich ihn in ähnlicher Weise bisher nur von THE FIRSTBORN kenne, die sich allerdings vor allem zentralasiatischer und dabei insbesondere tibetischer Folklore widmen und den indischen Subkontinent nur peripher tangieren. Schon der Opener 'Twilight Of Duality' glänzt ebenso wie 'Ageless Conciousness I Am' mit mehrstimmiger Perkussion. Beim durchweg akustischen Traditional 'Shivoham' begegnen uns Tabla-Klänge und klassischer Gesang, der von Gastmusikerin Aishwariyah S. auch auf 'Aham Brahmasmi' und dem völlig genialen 'There The Sun Never Shines' zum Besten gegeben wird. Am perfektesten kommt der urtypische RUDRA-Sound bei 'The Pathless Path To The Knowable Unknown' (was für ein Titel!) zur Geltung, das mit tonnenweise ungewöhnlichen Rhythmusfiguren, Gamelan-Klängen, Tribal-Percussion, hypnotisierenden Gesangsmantras sowie weiteren aufregenden und völlig ungewöhnlichen Klängen aufwarten kann, dabei aber nie aus den Augen verliert, dass RUDRA noch immer eine Metalband ist. Bei allen Stücken begegnet uns Gesang in Englisch und Sanskrit, der perfekt harmoniert, aber eben trotzdem großartige Kontrastbilder entwirft, die in dieser Form eben völlig einzigartig sind. Das unglaublich intensive 'Veil Of Maya' widmet sich der vedischen Tradition der Findung der Selbsterkenntnis durch konsequente Verneinung - genannt "Adhyaropa Apavada" - und durchstreift dabei musikalische Extreme von tranceartigem, purem Tribalfeeling bis hin zu extremen Blastsequenzen. 'Meditations On The Mahavakya' wird durch den meditativen Gurugesang seinem Namen gerecht und 'In The Fourth Quarter: Turiya' beschließt ein ganz großes Album mit einer über-epischen Veda-Hymne, die ihresgleichen sucht. Schlicht perfekt!
RUDRA ist eine sehr ungewöhnliche Band, deren Schaffen anfangs sicherlich einiges an Zeit erfordert. Die Werke entfalten dennoch für mein Empfinden recht schnell fesselnde Qualitäten und tragen den Hörer immer weiter fort in eine fremde Welt und Kultur, wo sich immer neue Faszinationen offenbaren, die der große Gott Shiva (der auch den weniger gebräuchlichen Beinamen Rudra trägt) für uns bereit hält. Es lohnt sich definitiv in diese fremde Welt einzutauchen, was diese wunderbar aufgemachte CD mit sehr informativen Linernotes und Lehrweisheiten hinduistischer Gelehrter dem Hörer auch ausgiebig ermöglicht. "Brahmavidya: Primordial I" ist eine Scheibe, in deren musikalischen und lyrischen Inhalt man sich ewig versenken kann und somit im Prinzip ein Pflichtkauf für anspruchsvolle Death-Metal-Fans mit Hang zur Exotik.
Anspieltipps: The Pathless Path To The Knowable Unknown, There The Sun Never Shines, Veil Of Maya, Aham Brahmasmi, In The Fourth Quarter: Turiya
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle