SACRIFICE - Volume Six
Auch im Soundcheck: Soundcheck 01/25
Mehr über Sacrifice
- Genre:
- Thrash Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Cursed Blessings Records
- Release:
- 21.01.2025
- Comatose
- Antidote Of Poison
- Missile
- Underneath Millennia
- Your Hunger For War
- Incoming Mass Extinction
- Lunar Eclipse
- Explode
- Black Hashish
- We Will Not Survive
- Trapped In A World
Ein grandioses Thrash-Meisterwerk zum Jahresauftakt: Was für eine Säge!
Denken wir an Kanada und Thrash Metal der härteren Gangart und lassen wir dabei die Speed-Veteranen und Szene-Urväter EXCITER beiseite, dann fallen uns in der Regel zuerst die Jungs von RAZOR ein, vielleicht auch noch die von SLAUGHTER. Dass den meisten von uns SACRIFICE erst etwas später durchs Oberstübchen flattert, dürfte daran liegen, dass die Klassiker der Truppe aus Scarborough, einem Vorort von Toronto, lange Zeit sehr gesucht und teuer waren. Vielleicht aber auch daran, dass anno 1993, nach dem vierten Studioalbum "Apocalypse Inside", urplötzlich Schicht war, im Schacht. Es dauerte dann satte sechzehn Jahre, bis 2009 das starke Comeback-Album "The Ones I Condemn" erschien. Zweiter Frühling? Ja, Pustekuchen! Ratet mal, wie lange es bis zum sechsten Studioalbum gedauert hat? Nun, genau richtig, wiederum sechzehn Jahre, denn "Volume Six" ist passenderweise just zum Jahreswechsel hier bei uns ins den Soundcheck geschneit. Erst einmal ausgepackt und... direkt ungehört begeistert!
Schon das blutrote Artwork mit dem untoten, speerbewehrten König auf seinem diffusen Schädelthron, sieht bei aller Schlichtheit echt eindrucksvoll aus und passt zu SACRIFICE wie die unsäglich sprichwörtliche Faust aufs Auge. Ist so, kann man nichts machen. Dass dann aber auch musikalisch vom ersten Augenblick an der Hammer kreist, als wäre SACRIFICE nie weggewesen, ist noch faszinierender. Ihr werft den Opener 'Comatose' an, und nach wenigen Wimpernschlägen mystischer Atmosphäre sägt dir ein herrlicher Pick-Slide direkt deine Box in der Mitte durch. Die Klampfen von Rob Urbinati und Joe Rico riffen so herrlich schnörkellos, unprätentiös und fies durch die Lautsprecher, dass es eine Wonne ist. Drei Minuten... beep... beep... Flatline... Genau so sollen Thrash-Veteranen in eine neue Scheibe einsteigen!
Direkt weiter geht es mit 'Antidote Of Poison', bei dem Drummer Gus Pynn mit absolut bestechenden Breaks und Tempobremsen glänzt, einen meisterlicher Panzerketten-Groove zelebriert, und gerade dadurch eine sehr lässige aber auch kreative Death-Metal-Schlagseite erzeugt. Diese erinnert ein wenig an MORGOTH oder DEATH, ohne dabei die Thrash-Gefilde zu verlassen. Doch auch im Hinblick auf Robs extrem fiesen, aber stets sauber artikulierten Gesang, sowie in Bezug auf die durchaus ein wenig SLAYER-lastigen Klampfen, weiß das Stück rundum zu begeistern.
In dieser Tour geht es dann weiter, die ganzen elf Stücke lang - all hit, none miss: 'Missile' bringt tolle melodische Leadgitarren und Soli mit, während sich das ausladendere 'Underneath Millenia' wieder sperriger, dräuender und rhythmus- und breaklastiger präsentiert. Hier bricht neuerlich ein sehr spürbarer DEATH-Einfluss durch, der sich sowohl auf Robs Gesangsstil als auch auf die vertracktere Kompositionsweise und die Hooklines erstreckt. Auch Scott Watts am Bass darf immer wieder mit ein paar feinen Licks glänzen, etwa bei 'Your Hunger For War', oder zusammen mit Gus als Rhythmusgruppe die nackenbrechenden Generalpausen bei 'Incoming Mass Extinction' lancieren.
So sehr diese Platte auch den reinsten und härtesten Thrash Metal diesseits der Grenze zum Death Metal zelebriert: Sie wird im Gegensatz zu Konkurrenzprodukten vieler anderer Anbieter - alter Veteranen wie junger Epigonen - nie langweilig und nie vorhersehbar. Sogar das zweiminütige Instrumental 'Lunar Eclipse' setzt mit seinen tollen, orientalisch angehauchten Leadmelodien, den Cymbal-Patterns und einigen sehr hübschen Flageoletts tiefgehende Akzente, die man sonst nie in dieser Form serviert bekommt. Vor allem gehen hier solche Spezialeffekte endlich mal nicht in einem Sound-Overkill unter, weil Darius Szepaniak eine für diese Art von Musik perfekt ausgewogene, transparente und doch gnadenlos heavy geratene Produktion gelungen ist. Brachiale Jammerhaken-Abfahrten und Divebombs bei 'Explode', und dessen komplett humorloser Chorus, sowie die alles zerschrotenden Riffs offenbaren in einem solchen Klangbild eine ganz andere Qualität, denn man hört, was passiert. Besonders auffällig ist dies auch im doomigen SABBATH-Break im Mittelstück. Passenderweise erklingt auch ein mächtiger Hau von Psychedelik bei 'Black Hashish', bevor schließlich noch die Überhymne 'We Will Not Survive' und der 'amazing return of the pick slide' im Einstieg zum Nausschmeißer 'Trapped In A World' folgen.
Ihr seht mich begeistert. Was dem Ganzen allerdings die Krone aufsetzt, das ist am Ende, dass mich "Volume Six" als Gesamtkunstwerk auf eine Art und Weise überzeugt, wie es nicht mehr viele Thrash-Veteranen schaffen. Auf diesem grandiosen Thrash-Meisterwerk zum Jahresauftakt passt einfach alles zusammen: Artwork, Produktion, Songwriting, aber vor allem auch die individuelle instrumentale Klasse aller beteiligten Musiker, die unglaubliche Tightness, die gnadenlosen aber dennoch stets komplett verständlichen Shouts, und eben der grimmigste Klampfensound seit langer Zeit. Was für eine Säge! Mein Album des Monats steht!
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle