SIEGES EVEN - Playgrounds
Mehr über Sieges Even
- Genre:
- Progressive Metal
- Label:
- Inside Out / SPV
- Release:
- 25.07.2008
- When Alpha And Omega Collide
- Tidal
- Unbreakable
- The Waking Hours
- Iconic
- These Empty Places
- Duende
- Paramount
- The Lonely Views Of Condors
- The Weight
Bevor wir zu der eigentlichen Scheibe kommen, muss ich eines loswerden: SIEGES EVEN sind grandios, und die letzten beiden Scheiben "The Art Of Navigating By The Stars" und "Paramount" sind das Beste, was Prog Rock in den letzten Jahren unter seinen Fittichen einordnen durfte. Wer die beiden Alben nicht hat, darf erst weiterlesen, wenn er sie erworben und mindestens fünfmal gehört hat.
So, sind wir soweit? Dann gehe ich mal davon aus, dass wir gerade gemeinsam 'Duende', 'Tidal' oder 'The Lonely Views Of Condors' pfeifen, summen oder – ganz banal – hören. Daher eine gute Nachricht vorweg: Die drei sind alle auf diesem Album vertreten. Wie auch bei den anderen sieben Songs lassen die Vier nichts anbrennen, sondern feuern ihre komplexen Underground-Hits ins Publikum, dass die Schwarte kracht. Die Holzwarth-Brüder haben einen ausgezeichneten Ruf, aber man muss sie gesehen haben, um zu wissen, wie unglaublich tight sie spielen. Und was für Dinge! Wenn ich nicht schon zu alt wäre, würde ich Bass lernen, nur des Olivers wegen. (Und ich Schlagzeug des Alex' wegen! - PK)
Das wäre jetzt eigentlich auch der Punkt für das Fazit der Scheibe: großartig und makellos. Ausgezeichnete Musiker bringen ihre Lieder fast perfekt rüber. Doch Moment mal: Das ist doch eine Live-Scheibe! Perfekt ist doch in diesem Fall eher nachteilig. Das genau ist die Krux von "Playgrounds". Die Musiker sind so gut, das es einfach schon zu gut ist. Sänger Arno Menses, den man auch nicht hoch genug loben kann ob seiner Stimme im Studio und seiner Performance auf der Bühne, ist der einzige, der ein wenig von der Studio-Langrille abweicht. Mal ein wenig tiefer, etwas anders betont, variiert er Nuancen, die dem Song aber keinen anderen Charakter geben. Die Band ist halt – nahezu perfekt.
Dennoch offenbart "Playgrounds" zwei Dinge: Einmal dass die Band weit davon entfernt ist, an zu großem Erfolg zu leiden. Die Clubs waren doch eher klein auf dieser Tour, und der Applaus ist nicht, oder nur wenig, nachbearbeitet worden. Das ist authentisch und transportiert die Atmosphäre ausgezeichnet ins heimische Stübchen. Selbstironische Ansagen wie "Dies ist unsere Hitsingle in Liechtenstein, wir haben sie ungefähr dreimal verkauft" sprechen die gleiche Sprache. Und zum anderen wird beim Anblick der Songauswahl klar, dass die Band sich ausschließlich auf die Phasen mit Markus Steffen an der Gitarre konzentrieren will und wird. Bei einem musikalischen Schaffen von sieben Studio-Alben mehr als die Hälfte davon komplett zu ignorieren, ist ausgesprochen schade. Zwar war die Band speziell in der Ohne-Steffen-Zwischenphase mit "Sophisticated" und "Uneven" ziemlich anders, aber dabei nicht weniger genial. Zumal beide Alben gerade remastered wiederveröffentlicht worden sind.
So bleibt das erste Live-Album eine Angelegenheit für Fans. Entweder es hätte nach sieben Alben seine Berechtigung, das Schaffen der Band zu dokumentieren, dann müsste man auch etwas von den anderen Werken erwarten dürfen und nicht nur zwei Songs, die nicht im Original mit Menses aufgenommen worden sind. Oder es kommt dann doch noch etwas zu früh, wenn man die Band auf die drei Alben reduziert sieht, die SIEGES EVEN offensichtlich als einzige für ihr aktuelles Line-up akzeptieren. So betrachtet ist "Playgrounds" eine Scheibe, die SIEGES EVEN anno 2008 dokumentiert und auch gefällt, ohne jedoch wirklich Aufsehen zu erregen. Wahre Fans werden aber dennoch die beiden Versionen von 'The Waking Hours' und 'These Empty Places' mit Arno Menses haben wollen, zumal bei aller Kritik - Kritik ist das ja eigentlich nicht, den Musikern vorzuwerfen, sie wären einfach zu gut, oder? - nicht zu vergessen ist, dass die Songs durch die Bank sehr gut sind. Wir granteln hier auf hohem Niveau, nur ist diese Live-Scheibe eine Best-Of mit ein bisschen Live-Atmosphäre. (Wir? Du allein, Kollege, Du allein! - PK)
Ansonsten bleibt es dennoch weiterhin wahr: Live-Scheiben von Prog-Bands sind im Regelfall nicht gerade die spannendsten Angelegenheiten. So könnte man am besten ein bisschen mehr Zeit investieren und die Alben "A Sense Of Change", "The Art Of Navigating By The Stars" und "Paramount" am Stück in dieser Reihenfolge hören. Aber vielleicht könnte SIEGES EVEN ja erstere Scheibe nochmal mit Arno am Mikrophon veröffentlichen? Das fänd ich noch viel spannender als "Playgrounds".
Anspieltipps: The Waking Hours, These Empty Places
- Redakteur:
- Frank Jaeger