SOULFLY - Dark Ages
Mehr über Soulfly
- Genre:
- Metal
- Label:
- Roadrunner / Universal
- Release:
- 30.09.2005
- The Dark Ages
- Babylon
- I And I
- Carved Inside
- Arise Again
- Molotov
- Frontlines
- Innerspirit
- Corrosion Creeps
- Riotstarter
- Bleak
- (The) March
- Fuel The Hate
- Staystrong
- Soulfly V
Max Cavalera macht es einem verdammt schwer. Während die ältere Generation immer noch den guten alten SEPULTURA-Zeiten hinterhertrauert, weiß die jüngere Generation nicht einmal, dass der Mensch früher mal Brasilianer war (obwohl er nie müde wird, das in irgendeiner übertriebenen Art und Weise zu unterstreichen), alle die dazwischenstecken, also zu jung für die frühen 90er und zu alt für die späten 90er sind, weinen auf dem einen Auge über die musikalische Frische SEPULTURAs, andererseits ist auch nicht zu leugnen, dass SOULFLY, trotz stetig wechselnder Besetzung, etwas hat, das die Nackenmuskeln in Bewegung hält.
Das Dumme an SOULFLY ist einfach, dass Max seit fünf Alben immer wieder dasselbe fabriziert. Knallender Thrash Metal mit orientalischen Einflüssen, ruhigen Tribal-Intermezzos und dem maxistischen Rumgebrülle dürfen wir uns jetzt bald schon seit zehn Jahren alle zwei Jahre mit neuem Cover in die Regale stellen. Im Ernst: Der Mann kann von Glück reden, dass seine alte Band nach seinem beleidigten Abzug keinen Bock mehr auf Thrash Metal hatte und sich seitdem in anderen musikalischen Gefielden herumtreibt.
Sowas Ähnliches will der ältere der beiden Cavalera-Brüder jetzt auch durchziehen, und misst sich laut Aussage seines Gitarristen an nichts anderem als den Kultwerken seiner ehemaligen Band. Bisher war SOULFLY ja noch als handzahme Metalband zu verstehen, die ihr Image ein wenig mit extravaganten Elementen aus Orient und Südamerika schmückte und damit vor allem jüngere Hörer begeisterte, aber jetzt nach fast zehn Jahren scheint Max genug Mumm und positive Pressetexte angesammelt zu haben, um sich endlich mal aus dem enormen Schatten SEPULTURAs herauszutrauen. Die blutige Nase, die er sich dabei holen wird, ist natürlich vorprogrammiert.
SEPULTURA (Version 2.0) haben es sich relativ einfach gemacht und eine kleine Nische im musikalischen Nirgendwo gepachtet, wo sie jetzt kleine HardCore-Setzlinge anpflanzen und höchstens noch einmal on stage die Abrissbirne auspacken. Welche von beiden Bands es sich jetzt am einfachsten gemacht hat, ist nicht so leicht zu sagen. Die eine, die sich beinahe völlig von der musikalischen Richtung der ersten SEPULTURA-Version abwendete, oder jene, die seit 1996 immer wieder die "Roots" neu vertont?
Egal welche Band man bevorzugt, bisher hat es keine von beiden gewagt, sich an den alten Sachen zu messen, und jede ließ die übermächtige Vergangenheit lieber gut verstaut auf dem Dachboden. Der erste, der das Sakrileg begann und meinte, es besser machen zu können, war natürlich Max, der mit Label und Band unter einem viel größeren Druck steht als die Band seines Bruders.
Was sich im Nachhinein als enormer Fehler erweisen wird. "Dark Ages" klingt so uninspiriert und erzwungen wie kein anderes SOULFLY-Album, so dermaßen überfrachtet und zugepappt mit den Geistern Tribal, Thrash Metal und natürlich hüpfkompatiblem Rumgejamme, dass dem Geist, der diese Musik hören muss, nicht wirklich Zeit bleibt, die Scheibe auch nur im Ansatz zu genießen. Max, der selbstverständlich wie immer selber am Produtionstisch saß, hat die Liebe zum Soundeffekt wiederentdeckt und kleistert beinahe jeden Song so dermaßen mit mehr oder weniger abstraktem Krach zu, dass jeder Vergleich mit der "Arise" nur noch lächerlich wirkt. Die Worte seines Gitarristen, die da lauteten, dass die Scheibe "härter als die 'Arise', abwechslungsreicher als die 'Chaos A.D.' und tiefgründiger als die 'Roots'" werden würde, wirken nach: Abwechslungsreicher als die "Chaos A.D."? Auf jeden Fall, so überladen klingt die sechste SEPULTURA-Scheibe in keiner Nanosekunde. Wenn Marx Rizzo, der sich seit seiner Zeit bei ILL NINO enorm weiterentwickelt hat, mal eine Sekunde Ruhe in sein Gitarrenspiel bringt, knallt sofort ein anderer, meistens der Chef selber, in selbige und nimmt der Platte jegliche Atmosphäre (was dann auch den "Roots"-Vergleich zur Lachnummer verdreht), und was den "Arise"-Vergleich angeht: Wenn "Härte" mittlerweile mit unvorstellbar irrem und kaum erträglichem Instrumentalgeschrammel und ganz großem Krach gleichgesetzt wird, dann ist die "Dark Ages" ohne Zweifel härter als Werk Nummer fünf auf der SEPULTURA-Liste.
Wenn es aber darum geht, dem Nacken durch kompromissloses und durchstrukturiertes Gebolze keine Sekunde Ruhe zu lassen, mit knallhartem Drumming und gekonnten Riffs den Geist in Bewegung zu halten, dann ist "Dark Ages" nicht einmal im Ansatz mit dem SEPULTURA-Thrashgewitter überhaupt zu vergleichen.
Selbst den Vergleich mit den alten SOULFLY-Scheiben hält das neue Werk nicht aus, wo "SoulFly" noch frisch und unverfälscht war, "Primitive" durch einen Haufen Gastmusiker glänzte, "III" sich schon gefasster präsentierte und "Prophecy" einen Hoffnungsschimmer in Sachen "der kommt doch noch über seine alte Band hinweg" bedeutete, so ist "Dark Ages" wohl die Summe der negativen Aspekte aller bisherigen Post-SEPULTURA-Alben: uninspiriert, gewollt, verdreht, überladen, belanglos.
Anspieltipps: Soulfly V, Babylon, I and I
- Redakteur:
- Michael Kulueke