STORMWITCH - Season Of The Witch
Auch im Soundcheck: Soundcheck 01/2015
Mehr über Stormwitch
- Genre:
- Heavy Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Massacre Records (Soulfood)
- Release:
- 23.01.2015
- Evil Spirit
- Taliesin
- Last Warrior
- True Until The End
- Season Of The Witch
- Runescape
- At The End Of The World
- The Trail Of Tears
- Harper In The Wind
- The Singer`s Curse (Digipak Bonustrack)
- Different Eyes (Digipak Bonustrack)
Eine erfreuliche Rückkehr mit einem trotz gewisser Schwächen soliden Album.
Wanderer, sofern du hierher aus dem Tal der Ahnungslosen angereist sein solltest, sprich von unserer aktuellen Soundcheck-Seite, lass dir gesagt sein, dass du den ansonsten hochgeschätzten Kollegen kein Wort glauben darfst, wenn es um STORMWITCH geht. Glaubt mir, Hexenfreunde, zeitweise wähnte ich mich in der internen Diskussion im Kampfe gegen Windmühlen, Drachen und die Heilige Inquisition; vor allem jedoch gegen Windmühlen. Was das Kollegium von diesem Album hält, das lässt sich ja an anderer Stelle nachlesen, daher an diesem Orte nun die Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Also die völlig subjektive Wahrheit eines langjährigen Hexenanbeters, versteht sich. Einer, der Ende der Achtziger in der Ulmer Ecke mit dieser feinen Band von der Schwäbischen Alb aufgewachsen ist, die in ihren goldenen Jahren etliche viel zu wenig beachtete Klassiker des Teutonenstahls abgeliefert hat, und die mich auch danach zunächst mit ihrem flotten, mystischen Heavy Metal und später immer wieder mit ihren einschmeichelnden, ja, schon auch mal etwas kitschigen Balladen, ihren eingängigen Mitsinghymnen und vor allem eben mit Andy Mücks völlig eigenständigem, gerne mal sehr kontrovers aufgenommenen Gesang fesseln konnte.
In diesem Kontext ist nun das zehnte Studioalbum "Season Of The Witch" einzuordnen und zu bewerten, das satte zehn Jahre nach "Witchcraft" in die Regale kommt, sich dabei stilistisch jedoch nicht allzu sehr von dem seinerzeit in völlig anderem Line-up über Nuclear Blast erschienenen Vorgänger unterscheidet. Das etwas seltsame Artwork und die Produktion des neuen Werkes umweht ein etwas amateurhafter Charme, den man positiv als unpoliert und negativ als unprofessionell umschreiben könnte. Ob ein mutmaßlich deutlich geringeres Budget für die Produktion der Grund ist, kann ich weder verifizieren noch falsifizieren, doch den Verdacht mag man haben. Jedenfalls wurde im Studio von Gitarrist Stoney aufgenommen und selbiger war zusammen mit Minz Meyer auch für das Artwork zuständig, das leider nicht ganz so hübsch geworden ist wie jene der beiden letzten Alben. Doch hübsch waren auch die Artworks der STORMWITCH-Klassiker nur bedingt. Sehen wir von diesen offensichtlichen, dabei aber eher lässlichen Schwächen einmal ab, so gefällt mir "Season Of The Witch" auf der kompositorischen Seite sogar ein gutes Stückchen besser als sein Vorgänger, der von wenigen starken Songs abgesehen doch teilweise sehr kitschig und flach herüber kam und manchen Song härtetechnisch nicht über Schlagerniveau hieven konnte.
Diesen Missstand hat die Band nun mit "Season Of The Witch" ein gutes Stück weit behoben, denn nach dem schrulligen, dabei aber fast schon wieder kultigen Kindervers-Intro rifft der Opener 'Evil Spirit' gleich mal simpel aber doch recht heftig los. Dass Andy Mücks eigenwillige Sirene gleich zum Einstieg einen schrillen und schiefen Hexenschrei von sich gibt, ist gute alte Tradition und schlägt die ganzen Kostverächter und Audiophilen direkt in die Flucht. Das getragenere, ruhige 'Taliesin' ist ein wenig seicht und eher in der Tradition von "Witchcraft" zu sehen, während 'The Last Warrior' wieder metallischer zupackt, sich ein Stückchen weit in Richtung JUDAS PRIEST bewegt und im Refrain mit Chören ankommt, die zwar etwas ungewohnt klingen, mir aber gerade deshalb sehr gut gefallen. Jedenfalls ist es nicht die Art von Konservenchor der im Euro-Power-Metal der Neuzeit zum Standard gehört oder der sich auf Joey DeMaios Tastatur befindet. Dass die Band ihre flotteren Wurzeln mit leichter IRON MAIDEN-Schlagseite im Bereich der doppelten Klampfe nicht ganz vergessen hat, zeigt sich im gelungenen Titelstück, und dass eine hübsche Ballade auch mystisch und einfühlsam sein kann, ohne dabei ein Schunkelschlager zu sein, das zeigt das wirklich schöne 'Runescape', bei dem mir auch das Gitarrensolo zusagt. Wieder flotter und härter wird es mit dem eingängigen, refrainlastigen 'At The End Of The World', während das bewährte "Indianerriff" dem folgenden 'The Trail Of Tears' eine gewisse Schwere verleiht.
So weit, so gut, doch neben dem Licht gibt es, das will ich nicht verheimlichen, auch jenen Schatten, der verhindert, dass aus diesem Comeback ein richtiger Knaller wird. So ist die bereits als Schwäche erwähnte Produktion leider recht hölzern und unrund, was vor allem den Drumsound sehr anstrengend und monoton macht. Leider klingt Micha Kasper im Mix sehr mechanisch, auch rhythmisch ist nur wenig Abwechslung geboten, denn der 4/4-Takt klöppelt sehr stoisch, und auch spannende Breaks oder Fills sind Mangelware. Dazu kommen einige Stücke, wie etwa 'True To The End', denen der nötige Fluss fehlt, um mich vollends begeistern zu können, oder das an sich sehr feine 'Harper In The Wind', dessen ausgeblendetes Ende zumindest in meiner Promoversion sehr abrupt kommt und nicht fertig komponiert wirkt. Dennoch überwiegt für mich klar die Freude über die Rückkehr einer langjährigen Lieblingsband und vor allem die Freude darüber, dass die Sturmhexen ihr neues Werk auch mit wirklich umfangreichen Festivalauftritten live promoten werden. Denn im Endeffekt gibt mir "Season Of The Witch" trotz seiner Schwächen einiges mehr als sein formell vielleicht sorgfältiger ausgearbeiteter und homogener produzierter, kompositorisch aber flacherer Vorgänger "Witchcraft". Das Niveau des starken 2002er-Werks "Dance With The Witches" wird jedoch leider nicht erreicht. Es bleibt ein solides Werk, das natürlich in erster Linie treue und langjährige Fans anspricht, die auch die letzten vier bis fünf Werke nicht verschmähten. Auch wenn die Band damit nur wenige Chancen auf eine nennenswerte Erweiterung der Zielgruppe haben wird, so ist es dennoch einfach schön, die gute alte Hexe wieder zu haben, und genau deshalb wird diese Scheibe auch immer wieder den Weg in meine Anlage finden, was die nachstehende Note letztlich definitionsgemäß vorgibt. Wer sich also wie ich zu jener kleinen aber feinen Fangemeinde der Band aus Gerstetten zählt, der möge sich bitte unbedingt den Digipak sichern, der über zwei Bonustracks verfügt, die das Niveau des regulären Albums durchaus halten. Wer sich lieber an den Schwächen aufhängt, der zieht im Geiste zwei Punkte von der Note ab und geht weiter.
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle