TEA FOR TWO - Twisted
Mehr über Tea For Two
- Genre:
- Prog/Art Rock
- Label:
- Quixote Music
- Release:
- 24.10.2006
- Spanish Night
- Soundscapes
- Out In The Sun
- Last Drink
- Autumn
- Hold On
- My Own Way
- Scar Folk
- Why?
- Come What May
In die Kategorie "It's no metal, but I love it!" gehört für mich die Musik der faszinierenden Proggies TEA FOR TWO. Die Lieder dieser Truppe um Michael Schumpelt (Klavier, Flöte) und Oliver Sörup (Gitarre) sind so schillernd und farbenfroh, so einfühlsam und lebendig, so klug und doch so wunderbar naiv, dass ich mich immer wieder völlig darin verlieren und versenken kann. Seit 1985 musizieren Schumpelt und Sörup bereits unter diesem Namen, zunächst als Instrumental-Duo, bis zwei Jahre später Sänger Stephan Weber hinzu stieß. Das Debüt "Dream Or Reality" erschien 1993, doch danach wurde es schnell wieder still um TEA FOR TWO. Erst 2001 erschien das Trio mit "101" wieder auf der Bildfläche. Nach zahlreichen Konzerten und noch mehr wunderbar grenzenlosen musikalischen Experimenten gibt es mit "Twisted" nun wieder ein Tondokument, eine Momentaufnahme aus dem Klang-Universum dieser Ausnahmemusiker.
Stilistisch sind TEA FOR TWO mit jedem Album schwerer zu fassen. Hier verschmelzen mit atemberaubender Leichtfüßigkeit und Selbstverständlichkeit Prog Rock, Folk, Blues, Jazz, fast schon meditative Klänge und Singer/Songwriter-Stoff zu einer anmutigen und berührenden Einheit. Natürlich hört man auch hier und da mal vertraute Töne heraus. Manchmal muss man unweigerlich an BOB DYLAN denken, was aber eher mit dem Feeling einiger Songs als mit echten musikalischen Gemeinsamkeiten zu tun hat. Außerdem schimmern stellenweise Parallelen zu JETHRO TULL durch, vor allem beim großartigen 'Out In The Sun'. Auch frühe MARILLION und GENESIS geistern immer mal wieder durch diese Platte. Doch die Herangehensweise der TEA FOR TWO-Musiker ist eine andere. Sie denken nicht in Stilen oder in Songwriting-Schemata, sondern in Klangfarben und Stimmungen. Es gibt hier keine Regeln, die es, komme was wolle, zu befolgen gilt. Die Musik verströmt das Gefühl der Freiheit, der Grenzenlosigkeit und der Liebe. Wen eine traumhafte, unglaublich eindringlich gesungene, zutiefst melancholische Nummer wie 'My Own Way' nicht zu Tränen rührt, der muss aus Stein sein. Wenn Stephan Weber mit seiner einzigartigen, manchmal leicht gedrückt und klagend tönenden Stimme "Look in these eyes, look at my heart, see how it's breaking!" singt, dann trifft mich das tatsächlich mitten ins Herz.
Wie entspannt, glücklich und lebensfroh tönt dagegen das mit Flamenco-Gitarren unterlegte 'Spanish Night'. Zum Träumen und Genießen lädt das facettenreiche Instrumental 'Soundscapes' ein, das für mich symbolisch für die verschiedenen Seiten des Lebens stehen könnte. Da gehen naturverbundene Romantik, orchestrale Dramatik, chillig-urbane Töne und kindlich verspieltes Geklimper fließend in einander über, ein unendlich reiches Stück Musik. Die Piano-Nummer 'Last Drink' fühlt sich so sehr nach einer fast schon geleerten Hotelbar um drei Uhr morgens an, dass man die Melancholie und Einsamkeit dort förmlich greifen kann. 'Come What May' beginnt als relaxte Art Rock-Ballade, steigert sich bedrohlich hoch zu einem dramatischen Mittelteil, der ziemlich abrupt in sich zusammen bricht, und in diese verstörende Leere hinein erklingt ein herrlich trauriges Cello, das dieses grandiose Album schließlich zu seinem Ende führt.
Allen Prog-Liebhabern und sonstigen Feingeistern, die es nicht immer mit dem Hammer auf den Schädel brauchen, möchte ich TEA FOR TWO und ihr neues Album "Twisted" einfach nur allerwärmstens ans Herz legen. Ebenso große wie echte und natürliche Emotionen treffen auf dieser Platte auf ein bewundernswert beschwingtes und unverkrampftes Musikverständnis, das man bestimmt nicht an jeder Straßenecke geboten bekommt. Lasst Euch davon einhüllen, aufsaugen und mitreißen!
Anspieltipps: Spanish Night, Soundscapes, Out In The Sun, My Own Way, Come What May
- Redakteur:
- Martin van der Laan