THERMALITY - The Final Hours
Auch im Soundcheck: Soundcheck 08/24
Mehr über Thermality
- Genre:
- Melodic Death Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Black Lodge Records
- Release:
- 16.08.2024
- MMXXIV
- Weeping Angels
- Thorns Of Salem
- Fire Will Reign
- Stranger
- Windigo
- Clones
- Forsaken
- Nightfall
- The Hunter & The Nightmare
- The Guardian
- Divinity Pt. I
- Divinity Pt. II
Feiner Retro-Melodic-Death zwischen "Clayman" und "Come Clarity".
Oha, der August 2024 hat es in Sachen Melodic Death Metal aber wirklich in sich. Nicht nur, dass die Genre-Väter DARK TRANQUILLITY uns frisches Futter bescheren und WINTERSUN nach jahrelanger Warterei endlich "Time II" veröffentlicht, auch beim Nachwuchs für die Szene tut sich etwas, denn die Schweden THERMALITY servieren uns mit "The Final Hours" ihr zweites Album. Gegründet im Covid-Jahr 2020 hat der Fünfer aus dem Städtchen Vara dabei mit dem Debüt "Before I Get To Rest" und der EP "Tales From The North" gerade in der Heimat ordentlich Staub aufgewirbelt und schickt sich nun an, mit dem Zweitwerk auch auf dem europäischen Festland für strapazierte Nackenmuskulatur und Begeisterung bei Göteborg-Liebhabern zu sorgen.
Im beiliegenden Pressetext macht die Band dann auch keinen Hehl daraus, dass die Vorbilder ganz klar bei den Legenden der Szene zu suchen sind, die namentlich mit ARCH ENEMY, AMON AMARTH und CHILDREN OF BODOM benannt werden. Auf dem zweiten Album will man sich aber nun von der reinen Heldenverehrung entfernt haben, indem man auch neue musikalische Ecken auslotet, die nicht direkt mit dem melodischen Todesblei verknüpft sind. Ob diese vollmundige Ankündigung nötig war? Immerhin weckt sie Erwartungen, die schlicht und ergreifend nicht erfüllt werden, denn schon von den akustischen Gitarren des Intros 'MMXXIV' und den treibenden Gitarren des ersten Metalbretts 'Weeping Angels' an stecken die Schweden so tief im klassischen Melodic Death Metal, wie man sich das in Zeiten von meist modern ausgerichteten und im Core beheimateten Genre-Beiträgen nur wünschen kann. Erstaunlicherweise sind dabei aber die Namen, die wohl primär die Träume der beteiligten Musiker heimsuchen, noch überhaupt nicht gefallen, denn anstatt der oben genannten Kollegen höre ich hier primär IN FLAMES und das DARK TRANQUILLITY-Frühwerk als Inspiration heraus. Gerade 'Thorns Of Salem' klingt dabei teils so frappierend nach dem IN FLAMES-Kracher 'Artifacts Of The Black Rain', dass es fast schon etwas zu auffällig ist. Auch die immer wieder in Sprechgesang umschlagenenden Screams von Fronter Ludvig Sommar lassen gerade in ruhigeren Momenten, die etwa in 'Stranger' eingestreut werden, massiv an Anders Fridén denken, wobei mir hier vor allem "Come Clarity" aus der späteren Ära der Genre-Titanen als Referenz in den Sinn kommt.
Eine musikalische Revolution ist "The Final Hours" also definitiv nicht geworden. Schaden tut das dem Album aber überhaupt nicht, denn wenn eine Band so gekonnt die diversen Vorbilder zu einem unterhaltsamen und kurzweiligen Album vermengt, dann muss das musikalische Rad nicht neu erfunden werden. Im Gegenteil, mir persönlich gefällt der Retro-Charme der Scheibe extrem gut, weswegen mir angesichts von Tracks wie dem eben erwähnten 'Stranger' oder 'Fire Will Reign' das Herz regelrecht aufgeht. Einzig dieser eine ganz große Song der Marke 'Only For The Weak' fehlt den Schweden heuer noch, wobei 'Nightfall' mit seinen tollen Leads noch am dichtesten an Hit-Sphären heranreicht und mich auch langfristig restlos begeistert. Gleiches kann ich von 'Forsaken' nicht behaupten, denn der Versuch einmal flugs ins CHILDREN OF BODOM-Fahrwasser zu wechseln scheitert kläglich. Einerseits weil die neoklassischen Gitarren-Leads nicht mit der Klasse eines Alexi Laiho serviert werden und daher zum Stolperstein geraten, andererseits weil die Band es trotz massiver Bemühung nicht vermag, die Leads, Keyboards und stampfenden Riffs perfekt unter einen Hut zu bekommen. So stolpert der Track eher hüftsteif zum unrühmlichen Titel des schlechtesten Songs dieser Scheibe.
Der COB-Tribut bleibt aber auch der einzige wirkliche Ausfall eines Albums, das ich gerade Fans der IN FLAMES-Phase zwischen "Clayman" und "Come Clarity" wärmstens ans Herz legen darf. Wenn ihr euch nämlich diesen legendären Sound zurückwünscht, hat THERMALITY genau die richtige Retro-Medizin für euch im Gepäck, die auch bei mir sicher noch die eine oder andere Runde im Player drehen wird. Eine Anwendung bei pathologischen Nörglern in Bezug auf mangelnde Eigenständigkeit ist aber nicht zu empfehlen, denn wie bereits erwähnt, haben wir es hier schlicht mit einem klassischen MDM-Album zu tun, das sich wohltuenderweise um den Zeitgeist überhaupt nicht schert.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Tobias Dahs