THY CATAFALQUE - Meta
Auch im Soundcheck: Soundcheck 09/2016
Mehr über Thy Catafalque
- Genre:
- Progressive Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Season Of Mist / Soulfood
- Release:
- 16.09.2016
- Uránia
- Sirány
- 10^(-20) Ångström
- Ixión Düün
- Ősszel otthon
- Malmok járnak
- Vonatút az éjszakában
- Mezolit
- Fehérvasárnap
Abwechslungsreich, atmosphärisch und mutig!
Gerne zitiere ich bei meinen Reviews spontane Kommentare meiner Kollegen. So schrieb Haris in einer unserer kontroversen Soundcheck-Geschmacksdispute: "THY CATAFALQUE ist für mich neben HIGH SPIRITS das Monatshighlight: abwechslungsreich, atmosphärisch und mutig.
Dazu herrlich erdig produziert." Ganz genau so ist es, und demnach finde ich es sehr schade, dass sonst keiner aus unserem Team in Euphorie verfiel, denn die Band rund um den Ungar Kátai Tamás bietet mit Abstand den außergewöhnlichsten und vielfältigsten Musikgenuss des Soundcheck-Monats September.
Dazu muss aber der Eispanzer, den die Band anfangs ('Uránia') mit schweren Riffs und heiserem, verhalltem und sehr hintergründig abgemischten Gekeife legt, erstmal aufschmelzen. Und es gibt Bands, die ganz genau so klingend ein ganzes Album füllen. Aber nicht THY CATAFALQUE! Es ist einfach herrlich, wie der Klang sich allmählich öffnet, wie Melodien durch den harten Beat brechen, sphärische Keyboards an Raum gewinnen, Chöre in fremder Sprache erhabene Melodien anstimmen, bis schlussendlich ein BURZUM-ähnlicher Part das Ende krönt. Und das ist noch lange lange nicht alles!
Das folgende 'Siraly' ist so faszinierend schön, dass es bei mir in Endlosschleife laufen kann. Dieser Track entzückt zunächst durch eine zarte, ambiente Folk-Atmosphäre und den ätherischen Soprangesang einer gewissen Ágnes Tóth. Bis die breiten doomigen breiten Gitarren in Wellen einfallen und damit ein Teppich für eine sehr charismatische Lead-Gitarre legen. Das Gefühl von Weite und Breite ist grenzenlos. Ich habe diese Musik auf einem Berggipfel mit einer wolkenlosen Rundumsicht so weit das Auge reicht gehört, und sie war in diesem Moment einfach perfekt.
THY CATAFALQUE wäre aber nicht THY CATAFALQUE, wenn nicht danach etwas völlig anderes käme. Hinter dem Titel '10^(-20) Ångström' verbirgt sich ein verstörendes Avantgarde-Black-Metal-Ungetüm. Das Drumming ist hier allerdings weit weg vom 08/15-Blast-Nähmaschinen-Geschredder, und wieder gewinnen Synthies und die flirrenden Soli langsam die Oberhand. Völlig verblüffend ist dabei jedoch der Übergang in einen elektronischen Loop und auf einmal bin ich unvermittelt in der düsteren Welt, die ARCHIVE bei mit "Controlling Crowds" designt hat. Gott im Himmel, diese Scheibe hat schon in drei Songs so viele Elemente, die ich toll finde, dass ich aus dem Staunen gar nimmer raus komme.
Es wird dramatisch, düstere Fanfaren lassen bei 'Ixión Düün' gar nichts Gutes verheißen und so ist es dann auch. Finsterschwarze Avantgarde türmt sich auf, die Fratze des Schreckens greift mit eiserner Hand in mein Genick und willig folge ich ihr in eine Welt von Folter und Grauen. Zwar verstehe ich kein Wort, doch die Fantasie spielt umso mehr mit. Und natürlich durchläuft auch dieser Track Wandlungen, fast in Sekundenschnelle und es gibt für den Hörer gar keinen Ausweg als völlig atem- und regungslos zuzuhören. Denn nichts wird auf diesem Album so bleiben, wie es war.
"Meta" durchläuft in der zweiten Hälfte nämlich eine weitere, globalere (Meta)morphose. Denn mit fortlaufender Spielzeit gewinnt die Harmonie die Oberhand, die Musik wird zugänglicher, repetitiver, manchmal gar meditativ. Bestes Beispiel ist das einundzwanzigminütige 'Malmok Járnak', in dem der eine oder andere Hörer sicher auch mal Längen entdecken wird. Doch auch hier bleibt meine Aufmerksamkeit voll auf Fokus, denn wer hier ganz genau hinhört, wird vielleicht merken, dass Klangtüftler Kátai Tamás keinen Ton dem Zufall überlässt. Er beherrscht die Kunst, Tönen Raum zu geben und hilft ihnen, die Zeit zu überbrücken. Oder zu durchtunneln, denn sie vergeht wie im Fluge. Und als ob das alles noch nicht genug wäre, kommt am Ende mit 'Mezolit' noch ein ganz besonderes Melodien-Bonbon, das nicht nur wegen Gastsänger Lambert Ledeczys Stimme ohne Zweifel auch auf den letzten SÓLSTAFIR-Platten ein Highlight gewesen wäre.
So eröffnet mir "Meta" eine gute Stunde lang eine neue musikalische Welt, denn "Meta" ist etwas völlig Eigenständiges (oder ich kenne Ähnliches nicht) und mit viel Freude stelle ich fest, dass THY CATAFALQUE schon vorher sechs Alben eingespielt hat. Nein, schöner kann ein Einstieg in eine Diskografie einfach nicht sein. Großartig!
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Thomas Becker