UNLOVED - Pay One Bliss With Another
Mehr über Unloved
- Genre:
- Progressive / Experimental Rock
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Kick The Flame / Gordeon Music Promotion
- Release:
- 20.02.2015
- Tempest
- All At Sea
- Final Person
- Sober
- Day Off
- The Home You Could Have Found
- Really Soon Now
- Aha Namnar
- Fraud Ridicule
- Deadlock
- Redundancer
- Saviour
Will geliebt werden, biedert sich aber nicht an: Eine experimenteller Stil-Hybrid aus Leipzig mit sehr cooler Sängerin!
UNLOVED. Ich hoffe mal nicht, dass dieser Bandname programmatisch für die Wahrnehmung im Ohr des Musikhörers stehen wird. Denn UNLOVED ist sehr hörenswert. Aber schwierig, und man muss sich seine Liebe zu dieser Band schon ein wenig erarbeiten. Denn so sehr man sich Stile mixende, Neues schaffende und unkonventionell arbeitende Bands als Fan und Reviewer immer wünscht, so herausfordernd ist es dann, wenn man tatsächlich so etwas bekommt. Andererseits: Wer hat seine Lieblingsalben schon auf den ersten Hör geliebt?
UNLOVED ist eine Leipziger Band der in den letzten Jahren aus dem Boden sprießenden Sorte mit Lead-Sängerin. Und diese - hier mit dem Namen Shya - steht auch bei UNLOVED im Zentrum der Musik. Das sind aber schon alle Parallelen zu anderen female-fronted Genres. Denn UNLOVED mixt viele Stile - was an sich auch nicht ungewöhnlich ist - aber UNLOVED mixt Stile tatsächlich für jeden Song neu. Was dadurch entsteht, sind zwölf absolut unterscheidbare, voneinander unabhängige Song-Entitäten. Das ist schon cool. Noch cooler indes ist, dass man alle Lieder dennoch einer verbindenden Kategorie zuordnen kann: Es sind typische UNLOVED-Songs.
Merkt ihr was? Immer wenn ich bei Reviews absatzweise ausholen und schwafeln muss, fällt es mir in Wirklichkeit schwer, die Musik in adäquate Worte zu kleiden. Nun, UNLOVED erschafft mit fast jedem Song einen Hybrid aus Rock mit Gitarre und elektronischer Musik, ohne dabei aber nur einem Moment lang nach den Meistern dieser Mixerei - ARCHIVE - zu klingen. Nein, die Bindeglieder sind hier eher im Jazz und Trip Hop zu finden. Ich weiß, das klingt ein wenig unglaubwürdig, aber es passt und Sängerin Shya verbindet dies alles.
Shya ist beileibe keine Rocksängerin. Sie hat eher etwas von den fragilen der Trip-Hopperinnen im Stile von Roya Arab (auf ARCHIVEs "Londinium"), Elisabeth Fraser (MASSIVE ATTACK; COCTEAU TWINS) oder aber Petrunella Nettermalm von PAATOS. Dieser Stimme stellt UNLOVED aber sehr oft harte Musik entgegen, sei es durch fast übersteuert verzerrte Gitarren oder noisige Electronica-Sounds. Shyas Vocals passen sich dort immer wieder hinein, mal singend, mal eher sprechend, und sie verfremden sich dabei immer wieder auch mit Effekten. Je genauer man darauf achtet, desto mehr gewinnt diese anfangs eher unscheinbare Stimme an Klasse. Vor allem die Passagen, in denen sie die etwas urbane Kälte der meisten Kompositionen urplötzlich erwärmt, zählen zu den Höhepunkten der Scheibe.
Doch nicht nur die Musik, sondern auch die Lyrics von UNLOVED haben Substanz und sind dabei fast wie ein Spiegel der Musik. Sie beschäftigen sich nämlich mit dem ganz normalen Alltag einsamer junger Menschen in Wohlstands-Deutschland. Und den Absurditäten, die dieser so mit sich bringen kann. Ein Mädchen ist auf der Tanzfläche einer Disco, sie ist schon betrunken, denn es ist nachts um Dreiviertel drei, doch sie will einfach noch nicht gehen. Der Song wirkt, als bettele sie nach Gesellschaft, auch wenn es nur ein Partner für den Rest der Nacht ist ('Sober'). Doch offenbar kommt da keiner und sie muss weiter trinken...
Der 'Redundancer' hingegen ist wohl ein ganz normaler Mittelstands-Arbeiter, gefangen im zum Sterben langweiligen und immer wieder sich wiederholenden "Nine-To-five"-Turnus. Bis er sich eines Tages dazu entscheidet, seinem Leben (und wohl dem anderer) den bitter nötigen Kick mit einer Schusswaffe zu verschaffen. Was passiert, bleibt unklar, es heisst im Song nur: "Are you afraid? Just kidding!".
Tja, hier wäre doch die eindeutig bessere Wahl, sich einfach mit "Pay One Bliss With Another" einzudecken und einfach mal drauf zu hören, was diese coole Band noch so alles zu sagen hat. Das lohnt sich, ist garantiert nicht langweilig und viel besser als Geballer!
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Thomas Becker