VAN CANTO - A Storm To Come
Mehr über Van Canto
- Genre:
- A-Capella-Metal
- Label:
- General Schallplatten
- Release:
- 15.12.2006
- Stora Rövardansen
- King
- The Mission
- Lifetime
- Rain
- She's Alive
- I Stand Alone
- Starlight
- Battery
Als ich das Wort "Metal-A-Capella" höre, weiß ich nicht, was ich davon halten soll. Ich muss an "Mein kleiner grüner Kaktus" und "Puppchen, du bist mein Augenstern" denken, die Lieblingsmusik meiner längst verstorbenen Großtante. Aber in Verbindung mit Metal? Wie soll das denn gehen? Doch dann werde ich mit einer wunderschönen Kindheitserinnerung überrascht: 'Stora Rövardansen', der Titelsong der Verfilmung von Astrid Lindgrens "Ronja Räubertochter". Da sind meine Sinne doch gleich geschärft.
Und es funktioniert tatsächlich. Die sechs Musiker bringen es fertig, allein mit ihren Stimmen und einer Drum volltönenden Metalsound zu erzeugen. Ohne Gitarre, ohne Bass, ohne Keyboard. Wer es nicht weiß, merkt es fast erst beim zweiten Hören. Klar, irgendwas ist anders, aber einige der typischen Metal-Trademarks finden sich doch auch hier. Es bleibt nämlich nicht bei Ronja Räubertochter, sondern VAN CANTO präsentieren neben einem weiteren Coversong – tatsächlich wagen sie sich an METALLICAS 'Battery' heran – sieben eigene Kompositionen, die mit dem Bombast, der Melodik und dem Tempo so mancher gängigen Powermetalband allemal mithalten können.
Helden-Metal nennt die Band selbst ihre Darbietung, und das trifft es fürwahr. Track zwei mit dem Titel 'King' zum Beispiel hebt epische Männerchöre hervor, aus denen sich immer wieder die einzige weibliche Stimme der Combo, Inga Scharf, erhebt, ergänzt von Philip Dennis Schunkes Leadvocals. Die folgenden Songs beeindrucken durch eine unglaubliche Präzision, mit der die die einzelnen Instrumente imitierenden Stimmen sich teils in völlig unterschiedlichem Tempo ausbreiten. Die Mehrstimmigkeit lässt auf erfrischende Art neue Harmonien entstehen, die das ein oder andere Mal sogar eine Gänsehaut bei mir erzeugen.
Etwas aus dem Rahmen fällt das balladenhafte 'I Stand Alone', Track sieben, das eher an einen Folksong denn an eine Metal-Komposition erinnert. Umso mehr knallt es dann noch einmal beim folgenden 'Starlight'. Hier drehen sie richtig auf, die VAN CANTOS, und jagen das von ihnen kreierte Kunstwort "Rakka-Takka" durch die Takte, um eine fette Rhythmusgitarre zu imitieren. Und Inga Scharf zeigt im zweiten Teil des Stückes, dass sie sogar zu koloraturartigen Gesangspassagen in der Lage ist.
Und dann kommt das mit Spannung erwartete 'Battery' von den Übervätern des Metals, METALLICA. Wie bringt man das a-capella herüber? Die Befürchtung, dass das doch eigentlich nur schiefgehen kann, steigt in mir auf. Aber weit gefehlt! Sie bringen auch das fertig, ja, kommen dem Original in Melodie und Energie doch recht nahe. Mit unterschiedlichen Stimmhöhen, Lautmalerei und Silbenstakkato erzeugen die Künstler die Illusion von METALLICAs knallharten Gitarrengeschützen. Und auch Philip Dennis Schunkes Leadvocals fügen sich gut ein – die Stimme passt. Bemerkenswert! Ergänzt wird die am 15.12.2006 erschienene CD noch von einem Videoclip zu dem Song 'The Mission', der schlicht die Band bei der Aufführung des Stückes zeigt. Sicherlich nichts Spektakuläres, aber dafür wird man auch nicht mit einer unverständlichen Bildergeschichte belästigt, wie das andernorts oft der Fall ist.
Insgesamt überzeugen VAN CANTO mit "A Storm To Come" durch eine innovative, künstlerisch nach meiner Auffassung anspruchsvoll Idee, die trotz ihrer musikalischen Komplexität zugänglich bleibt und Spaß macht. Wenn VAN CANTO auch in letzter Konsequenz nicht an die wahre Härte des instrumental geführten Metals herankommen, ist diese Arbeit doch trotzdem auch für den beinharten Metaller durchaus interessant und es ist zu hoffen, dass es hier nicht nur bei einem Experiment bleibt.
Anspieltipps: The Mission, Starlight, Battery
- Redakteur:
- Erika Becker