WEIGEL, DAVID - Progressive Rock – Pomp, Bombast und Tausend Takte (Buch)
Mehr über Weigel, David
- Genre:
- Biographie
- Label:
- Hannibal Verlag
- Release:
- 05.06.2018
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Lesenwertes Teil eines Polit-Journalisten mit Fanbrille
Da der US-amerikanische Autor David Weigel kein Musik-Journalist im eigentlichen Sinne ist, sondern sich durch seine Arbeit bei "The Washington Post" mit Artikeln zu diversesten politischen Themen einen guten Namen machen hat können, liest sich dieses Buch irgendwie anders als man es von Musikbüchern und Biographien gewohnt ist. Als überaus positiv erweist sich von Beginn an, dass der gute Mann in erster Linie aus Fan-Sicht an die Sache herangegangen ist und man sich als ebensolcher dadurch recht rasch in einem entsprechenden Lesefluss findet.
Deshalb gilt es auf jeden Fall auch die gelungene Übersetzung von Alan Tepper (die Original-Ausgabe trägt den Titel "The Show That Never Ends: The Rise And Fall Of Prog Rock") hervorzuheben, denn man verspürt von Anfang an wie sehr dem Autor die vorgestellten Bands am Herzen liegen und mit welcher Empathie er an das Schreiben herangegangen sein muss. Um keine falschen Erwartungen zu schüren, sei hinzugefügt, dass es sich bei vorliegendem Werk jedoch keineswegs um eine enzyklopädische Annäherung an das Genre "Progressive Rock" handelt. Das war auch nie das eigentliche Thema des David Weigel. Auch wenn er es sich gefallen lassen muss, dass man auf Grund des Titels sehr wohl eine Art Genre-Lexikon erwartet hat.
An Informationsgehalt und Unterhaltungswert mangelt es diesem Buch aber dennoch keineswegs. Im Gegenteil, der Autor beliefert uns mit reichlich Wissenswertem und jeder Menge an detailgetreu niedergeschriebenen Anekdoten. Allerdings beschränkt er sich auf seine persönlichen Heroen und die lauten in erster Linie YES, GENESIS, EMERSON, LAKE & PALMER und KING CRIMSON. Zwar ist durchaus auch eine Vorliebe des Autors für die berühmte Szene in Canterbury zu bemerken, doch selbst GONG und SOFT MACHINE, die es ihm während seiner Zeit im UK offensichtlich schwer angetan hatten, erhalten im Vergleich nur geringe Seitenanzahlen.
Nicht weiter schlimm, denn wenn man sich vor Augen führt, dass allein dieser überschaubare Kreis an präsentierten Bands für knapp 300 Seiten Lesestoff sorgt, bekommt man in etwa ein Gefühl für die Akribie des Autors. Der pflegt ganz offenkundig zu YES ein ganz besonders inniges (Fan)-Verhältnis. Nicht zuletzt deshalb beginnt das Buch auch mit seinen persönlichen Eindrücken von der "Cruise To The Edge"-Kreuzfahrt. Damit schloss sich für ihn in gewisser Weise ein Kreis, denn in den späten 60er Jahren verbrachte der US-Amerikaner lange Zeit in Großbritannien und durfte die Entwicklung dieser Band ebenso hautnah miterleben wie die Entstehungsgeschichte des Genres generell. Unter diesem Gesichtspunkt ergibt das vermeintlich lückenhafte Genre-Portrait des Autors schließlich sehr wohl Sinn.
Und da "Progressive Rock – Pomp, Bombast und tausend Takte" unterm Strich nichts weiter als ein subjektives, aus Fan-Sicht hingebungsvoll umgesetztes und aufgearbeitetes Werk darstellt, nimmt sich der Autor eben auch ganz ungeniert die Freiheit nicht minder essentielle Genre-Vorreiter und ganz große Namen wie MARILLION, DREAM THEATER oder RUSH nur am Rand zu erwähnen. Wer will, der kann eben - und daran besteht bei einem David Weigel überhaupt kein Zweifel.
- Redakteur:
- Walter Scheurer