WOBBLER - Dwellers Of The Deep
Auch im Soundcheck: Soundcheck 10/2020
Mehr über Wobbler
- Genre:
- Progressive Rock
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Karisma Records / Plastic Head
- Release:
- 23.10.2020
- By The Banks
- Five Rooms
- Naiad Dreams
- Merry Macabre
2020 ist ein guter Prog-Jahrgang.
Außerdem ist 2020 ein Jahr, in dem mir etliche Gruppen, die ich vor rund zehn Jahren kennengelernt und dann aus den Augen verloren habe, wiederbegegnen. Der nächste alte Bekannte, mit dem ich es zu tun habe, ist die Retroprog-Band WOBBLER aus Norwegen. Waren auf ihrem 2011er Album "Rites At Dawn" die Bezüge zu YES sehr stark, so ist bei der neuen CD "Dwellers Of The Deep" YES nur noch als eine von vielen Inspirationsquellen auszumachen. Stimme und Bass erinnern aber nach wie vor an Jon Anderson bzw. Chris Squire.
Und dieser Bass, der neben Gitarre und Tasten mitunter als drittes Melodieinstrument wirkt, prägt den Gesamtsound des Albums deutlich mit, ebenso wie ein ganzes Arsenal verschiedener Tasteninstrumente. Wie es sich für eine Scheibe, die sich am 70er Prog orientiert, gehört, ist gelegentlich auch eine Flöte zu hören. Außerdem rockt WOBBLER mittlerweile phasenweise wesentlich härter, doch dazwischen gibt es auch ruhige bis hin zu sehr introvertierte und verträumte Abschnitte. Insgesamt macht ein Wechsel, manchmal auch ein Nebeneinander von vertrackten Rhythmen und fließenden Melodien die Scheibe aus, wozu nicht zuletzt das gekonnte Schlagzeugspiel wertvolle Beiträge liefert.
"Dwellers Of The Deep" besteht aus vier Tracks, wobei der erste und der letzte über zehn Minuten dauern. Wesentliche Bestandteile des Einstiegs 'By The Banks' sind das Zusammenspiel von Gitarre und Bass sowie die erwähnten unterschiedlichen Tasteninstrumente. Dabei sprudelt dieser Long Track nur so über vor Ideen, hier etwas Folk, dort ein wenig Jazz, an ein oder zwei Stellen fühle ich mich an KANSAS erinnert. Bei 'Five Rooms' wird nach dem irreführend ruhigen Intro heftig gerockt, und im weiteren Verlauf des Stückes wechseln sich harte und zarte Passagen ab. Auch hier lassen eine stringente Rhythmik und originelle Kombinationen - so sind zu besonders heftigen Stellen der schwärmerische Gesang der hohen Stimme und Streicherklänge zu hören - nicht den Eindruck aufkommen, als seien willkürlich Fragmente zusammengeworfen worden. Zwischendurch gibt es eine Atempause in Gestalt des kurzen, hübschen und überwiegend akustischen 'Naiad Dreams'. Höhepunkt des Albums ist schließlich das genau neunzehnminütige 'Merry Macabre', das Einflüsse von Impressionismus und Jazz aufweist. Wieder erstaunt die Fähigkeit von WOBBLER, diesen akustischen Trip, in dem sich die Instrumente in der Führungsrolle ablösen und sich zugängliche liedhafte Passagen, scheinbare Improvisationen und Frickelabschnitte abwechseln, die Fäden zusammenzuhalten.
Mit "Dwellers Of The Deep" hat WOBBLER wieder ein gelungenes Prog-Album vorgelegt, das allerdings aufmerksames Zuhören verlangt. Insofern hätte man sich allenfalls wünschen können, dass die Scheibe ein wenig leichter greifbar wäre. Aber das ist ein Luxusproblem.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Stefan Kayser