Folterkammer des Hexenjägers, Die
- Regie:
- Roger Corman
- Jahr:
- 1963
- Genre:
- Horror
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Haunted Palace, The
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18.08.2003 | 13:08Nach dem großen kommerziellen Erfolg der Edgar Allan Poe-Verfilmungen von Roger Corman beschloss man bei der Produktionsfirma American International Pictures auch dessen Leinwandadaption von Howard Phillips Lovecrafts "The Case of Charles Dexter Ward" als Teil der Poe-Reihe zu vermarkten und verpasste ihr deshalb im Original den Titel "The Haunted Palace". Mit diesem dennoch nicht ganz unpassenden Titel versuchte man eine Verbindung zu Poe und dessen Gedicht gleichen Titels herzustellen. So erhoffte man sich einen größeren Erfolg als bei der bloßen Verwendung von Lovecrafts Namen, dessen Popularität erst in den 70-er Jahren richtig anstieg.
Als der im Küstenstädtchen Arkham ansässige ehemalige Hexenjäger Joseph Curwen (Vincent Price) im 18. Jahrhundert wegen unheiliger Experimente von einem Lynchmob auf dem Scheiterhaufen verbrannt wird, schwört er, sich an den Bewohnern des Ortes und deren Nachkommen bitter dafür zu rächen. 110 Jahre später kommt Curwens Ur-Ur-Enkel Charles Dexter Ward (ebenfalls Vincent Price) nach Arkham und erntet wegen seiner Ähnlichkeit zu seinem gefürchteten Vorfahren das Misstrauen der Bevölkerung. Lediglich Dr. Willet (Frank Maxwell) ist Ward und dessen Ehefrau Ann (Debra Paget) freundlich gesonnen und weist den beiden den Weg zum ehemaligen Curwen-Anwesen, das nun in den Besitz der Wards übergegangen ist. Bei dem stattlichen Palast angekommen, fällt dem Ehepaar zuerst ein Gemälde auf, auf dem Curwen dargestellt ist, dessen erstaunliche Ähnlichkeit zu Ward ihnen jetzt erst richtig bewusst wird. Als sie dann noch auf den Haushälter Simon Orne (Lon Chaney jr.) treffen, scheinen sich die schlimmsten Befürchtungen der Ortsansässigen zu bestätigen, weil Ward von da an eine immer deutlichere Verwandlung durchmacht, die nicht zu seinem Besten ist.
Im Poe-Gedicht "The Haunted Palace" geht es um "einen von Phantomen heimgesuchten Geist – einen verstörten Verstand", wie Poe selbst es ausdrückte. Diese Störung des Geistes manifestiert sich in dem Gedicht wie auch schon in Poes Kurzgeschichte "The Fall of the House of Usher" (und später in Stephen Kings "The Shining") in der Darstellung eines Hauses, das als Brutstätte des Wahnsinns dient. In Lovecrafts "The Case of Charles Dexter Ward" scheint der Schlüssel für die rätselhaften Veränderungen Wards in einem Gemälde, nämlich dem seines Urahns Curwen, zu liegen.
Roger Corman und Drehbuchautor Charles Beaumont bauen auf dieser Basis eine Bilderwelt auf, in der sowohl der Palast als auch das Curwen-Gemälde einen Anhaltspunkt für den vermeintlichen Wahnsinn von Ward bieten sollen. Letztlich stürzt sich Corman allerdings allzu sehr und allzu ungeschickt auf das Gemälde als Spiegel von Wards geistigem Zustand. Glücklicherweise schafft es Vincent Price und dessen facettenreiches Schauspiel, den Film aus diesen Untiefen unzureichender Symbolismen zu retten. Sein Spiel illustriert nämlich jede innere Regung und Veränderung im von ihm verkörperten Charakter besser und überzeugender als es die halbgaren bildhaften Manifestationen jemals könnten. Unterstützt wird er dabei durch jeweils wechselnde unterschiedliche Ausleuchtung und einem dezent dem jeweiligen Geisteswesen Wards angepasstem Maskenbild. Weniger dezent und auch weniger gelungen ist das Maskenbild anderer Charakter, wobei dies im Falle von Curwens Assistenten zu übertrieben und bei den missgestalteten Stadtbewohnern einfach zu schlecht und durchschaubar ist.
Auch wenn Corman und Beaumont die Kurzgeschichte von Lovecraft bei der Adaption in mehr konventionelle Bahnen gelenkt und sich dabei besonders an den Strukturen der Gothic Novel bedient haben, ist die filmische Aufbereitung der Story doch lobend zu erwähnen und das nicht nur, weil sie im Gegensatz zur Vorlage nicht so sehr an Vorhersehbarkeit krankt. Einerseits wird es natürlich immer auch Lovecraft-Puristen geben, die jede Veränderung an der Geschichte als Verrat am Original betrachten, andererseits muss man sagen, dass die hinzugenommenen Elemente aus Poe-Stories und der gotischen Tradition doch eine Bereicherung darstellen. Hin und wieder stören dann aber doch einige Veränderungen, etwa, wenn die in der literarischen Vorlage nur vage angedeuteten Experimente zu an nationalsozialistische Hirngespinste erinnernde Versuche, eine Superrasse zu schaffen, umgedichtet werden. Andere teilweise auch massive Änderungen kann man dagegen als gut gewählten Kompromiss für die filmische Aufbereitung ansehen. Erfreulich ist auf jeden Fall, dass man bei einigen Komponenten - wie etwa der Kreatur in der Grube - ähnlich vage bleibt wie Lovecraft und auf eine übertrieben detaillierte Visualisierung verzichtet. Schade ist hingegen, dass das bei Lovecraft obligatorische Buch Necromicon zur bloßen Staffage verkommt.
Wirklich gelungen ist dann aber die düstere Lovecraftsche Atmosphäre im nebelverhangenen und mit schlichten, aber effektiven Kulissen versehenen Städtchen Arkham, welches einen festen Platz in den Alptraum-Geschichten Lovecrafts hat und im Film wohl selten derart beängstigend und bedrückend umgesetzt wurde, wozu auch die stimmungsvolle Musik von Ronald Stein ihren Teil beiträgt. Da verzeiht man es auch gerne, dass der Palast allzu leicht als Modell zu entlarven ist. Wie in allen Filmen der Poe-Reihe stand nämlich auch bei diesem ein nur sehr geringes Budget zu Verfügung, das aber an den richtigen Stellen investiert wurde, sodass der Film letztlich bei weitem nicht so billig wirkt, wie er tatsächlich ist.
Dass der Film nach nunmehr 40 Jahren etwas angestaubt wirkt, dürfte nicht verwundern, aber wer auf klassische Horrorfilme steht, ist mit "Die Folterkammer des Hexenjägers" auf jeden Fall bestens bedient. Auch Freunde der Werke von Poe und Lovecraft sind bei dem Film wohl gut aufgehoben und sollten einen Blick riskieren.
Die kürzlich bei e-m-s erschienene DVD zeigt den Film in seiner vollen Breitwand-Pracht und bietet neben der deutschen auch die Original-Tonspur, die ich jedem Kenner der englischen Sprache allein schon wegen Vincent Price ans Herz legen möchte. Neben dem obligatorischen Trailer und einigen Texttafeln mit Hintergrundinformationen zum Film und der Crew gibt es aber leider keine Extras.
- Redakteur:
- Andreas Fecher