National Geographic - Geheimnisvoller Voodoo
- Regie:
- -
- Jahr:
- 2002
- Genre:
- Dokumentarfilm
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- National Geographic - Taboo
1 Review(s)
25.12.2003 | 19:48Schon zu den Tagen der großen Entdeckerreisen von Kolumbus und anderen herrschte in der westlichen Welt reges Interesse an fremden Kulturen, die aufgrund ihrer unverständlichen Bräuche mit Mensch- und Tieropfern oder Blut- und Totenkulten nicht selten eine Grundlage für die schrecklichsten Gräuelgeschichten boten. So wird auch heutzutage noch die Voodoo-Religion mit dem Bösen, mit schwarzer Magie oder einfach dem Reiz des Verbotenen assoziiert, was in der Populärkultur vor allem durch Horrorfilme auch noch unterstützt wird.
Die National-Geographic-Reportage "Geheimnisvoller Voodoo" hat es sich nun zum Ziel gesetzt, derartigen Vorurteilen entgegen zu wirken. Dazu besucht man Voodoo-Gläubige im westafrikanischen Benin, wo Voodoo sogar Staatsreligion ist, auf Haiti und in Venezuela, um einzelne Episoden aus deren Leben für die Kamera festzuhalten. Kommentiert werden diese Szenen durch fachkundige Personen wie dem Anthropologen Wade Davis und der Religionswissenschaftlerin Yvonne Chireau.
In Benin erwählt ein Geist die Tochter eines Priesters als Medium. Der Priester sträubt sich jedoch gegen den Gedanken, seine Tochter an einen Geist herzugeben. Ihm wäre es lieber, wenn sie einen höheren Bildungsweg gehen würde, um dann ein besseres Leben führen zu können. Der Einfluss des Geistes jedoch hindert sie am Lernen, und so beschließt der Priester letztendlich doch, seine Tochter dem Geist als Medium zur Verfügung zu stellen, was in einer großen Zeremonie vollendet wird.
In der Voodoo-Gemeinde auf Haiti merkt man deutlich den Einfluss, den die katholische Kirche auf den Voodoo in der Neuen Welt hatte. Nachdem afrikanische Sklaven nämlich dorthin verfrachtet wurden, kam es zu einer Verschmelzung verschiedener Eingeborenen-Religionen mit dem Voodoo und dem katholischen Glauben. Hier wird uns ein Voodoo-Priester gezeigt, der sich dem Problem einer Besessenheit gegenüber sieht und dieses nun zu lösen versucht.
In Venezuela, wo der Einfluss der westlichen Kultur auf die Voodoo-Religion noch augenfälliger ist als auf Haiti, werden wir Zeuge eines großen Voodoo-Festes, an dem auch viele Angehörige anderer Religionen teilnehmen. Einer der Gläubigen versetzt sich in Trance und stellt seinen Körper als Gefäß für die Geister zur Verfügung, um in diesem Zustand anderen Gläubigen mit ihren Sorgen und Problemen helfen zu können.
Dass man bei einem einstündigen Film keinen umfassenden Überblick über ein so weit reichendes Thema wie den Voodoo erhalten kann, sondern allenfalls einen kleinen Einblick, dürfte klar sein. Aus diesem Grund ist die Herangehensweise von National Geographic, durch möglichst verschiedenartige Erfahrungen von einzelnen Voodoo-Gläubigen das ganze Spektrum dieser Religion zu repräsentieren, ein guter Ansatz. Vor allem auch, da dadurch gezeigt wird, dass die meisten Vorurteile und Stereotypen, die dem Voodoo oftmals zugeschrieben werden, einfach nur haltlos sind. So schafft man es auf jeden Fall, dem interessierten Zuschauer einen doch recht breit gefächerten Einblick in die Facetten dieses Glaubens zu gewähren, der dann auch des öfteren mit dem Christentum verglichen wird, um zu zeigen, dass es sich entgegen landläufiger Meinungen eben doch auch um eine ganz normale Religion wie jede andere handelt.
Wer sich allerdings tiefergehend mit dem Thema beschäftigen möchte, dem wird diese Reportage nicht unbedingt weiterhelfen. Zu selektiv sind die einzelnen gezeigten Ausschnitte, zu oberflächlich die Erläuterungen. So darf man auch den Zuschnitt der Reportage auf ein Fernsehformat und das damit verbundene Publikum als den Hauptkritikpunkt an dieser betrachten. Zu sehr merkt man am Aufbau die eingeplanten Werbepausen – die freilich auf der DVD nicht vorhanden sind – und den Versuch, den Zuschauer durch die Dramaturgie auch über diese hinaus bei der Stange zu halten. Das geht auf Kosten der Sachlichkeit und lässt nicht selten einen Hauch von Sensationalismus erahnen. Leider leidet die Objektivität der Reportage an einigen wenigen Stellen auch an der unglücklichen Wortwahl des Kommentars, und die oftmals vorgenommene Zwei-, bzw. Dreiteilung des Bildes sieht zwar interessant aus, überlädt das ganze allerdings zu sehr.
Nichtsdestotrotz bietet "Geheimnisvoller Voodoo" für den interessierten Zuschauer eine brauchbare Einführung in das Thema, bei dem das Grundlagenwissen für jeden gut verständlich aufbereitet wurde. Auch der Versuch, bei einem breiten Publikum die Vorurteile gegenüber dem Voodoo abzubauen, muss man der Reportage als Pluspunkt anrechnen. Allerdings sollte der geneigte Zuseher gewarnt sein, dass diese vor Tieropfern und Blutfontänen nur so strotzt (während man in typisch amerikanischer Prüderie das Zeigen von entblößten Brüsten tunlichst vermied).
Als Bonus erhält man auf der DVD die vollwertige, halbstündige National-Geographic-Reportage "Borneo – Die Geister der Toten" (Originaltitel: "Borneo: Beyond the Grave") aus dem Jahre 1997. Hier begleitet man die Anthropologin Anne Schiller bei einem Besuch eines Eingeborenenstammes auf Borneo, in dessen Kreis sie aufgenommen wurde. Anfänglich war sie nur von wissenschaftlicher Neugierde getrieben und von den Berichten über Blutopfer unter den Eingeborenen eher abgeschreckt, aber mittlerweile sieht sie die Besuche als ein persönliches spirituelles Erlebnis an.
Die Reportage stellt den aktuellen Aufnahmen altes Schwarzweiß-Archivmaterial aus Zeiten, zu denen Borneo noch eine Kolonie war, gegenüber und versucht – so wie auch "Geheimnisvoller Voodoo" – einen Bogen zu spannen von den Vorurteilen des westlichen Kulturkreises zu den tatsächlichen Gegebenheiten. Dabei werden natürlich auch die Hintergründe des Stammesglaubens, der sowohl Tieropfer als auch einen Totenkult einschließt, beleuchtet. Der Totenkult sieht vor, dass das Sterben eines Menschen nicht betrauert, sondern im Gegenteil gefeiert werden soll. Zudem ist es üblich, die sterblichen Überreste eines Menschen, nachdem sie vergraben wurden, wieder auszugraben, zu säubern und erneut zu vergraben.
Wie bei "Geheimnisvoller Voodoo" wirkt "Die Geister der Toten" ein wenig oberflächlich, vermag es aber durch die Konzentration auf den einen Kult, diesen etwas näher zu beleuchten, und leidet zudem nicht zu sehr an dem Fernsehformat der Sendung. Allerdings muss der Zuschauer auch hier zahlreiche blutige Tieropfer über sich ergehen lassen.
Als weiteres Extra erhält die DVD einen Themenglobus "Mystische Rituale der Völker der Welt", in dem zahlreiche Rituale von den Hexen-Ritualen in Europa bis zu denen der neuseeländischen Maori durch gesprochenen Texte näher erläutert werden. Zudem gibt es noch eine chronologische Texttafel über die "Meilensteine der Geschichte des haitianischen Voodoo". Sowohl die beiden Reportagen als auch die Texte der Extras kann man sich wahlweise auf Deutsch oder auf Englisch zu Gemüte führen.
Alles in allem bietet National Geographics hiermit eine durchaus informative DVD zu dem Themenkomplex "Fremde Kulturen", die stellenweise allerdings mehr in die Tiefe hätte gehen können.
- Redakteur:
- Andreas Fecher