Akte X - Der Film
- Regie:
- Bowman, Rob
- Jahr:
- 1998
- Genre:
- Thriller
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- The X-Files: Fight the Future
1 Review(s)
06.07.2008 | 07:34Auf sagenhafte neun Staffeln brachte es die Mystery-Serie, welche in den späten Neunzigern die Bildschirme eroberte. Mittendrin im Zenit der TV-Serie kam es 20th Century Fox in den Sinn, den Erfolg der X-Files (dt: Akte X) doch einmal auf die Big-Screen ausweiten zu wollen. Mit eher mäßigem Erfolg. Fans und Kritiker murrten unisono. Das war 1998. Aus gegebenen Anlass zum anstehenden Start des zweiten Kinofilms in den Lichtspielhäusern (Stand 06/2008), werfen wir doch mal einen Blick zurück auf das DVD-Release seines Vorgängers aus dem Jahre 2000. Dieser wird mittlerweile jedem ungefragt hinterhergeschmissen, der sich auch nur in der Nähe eines Wühltisches aufhält.
Vorgeplänkel
Ohne gewisse Vorkenntnisse ist der Kinofilm zur berühmten Serie eigentlich unverdaulich: Der FBI Agent Fox Mulder ist sicher, dass sich Außerirdische auf der Erde tummeln und Menschen aus bislang ungeklärten Gründen entführen. Das weiß er, seit er in Kindertagen mit ansehen musste, wie seine Schwester Samantha von Aliens gekidnappt wurde. Seit er dem FBI beitrat, ist der hochintelligente Sonderling vornehmlich mit der Klärung mysteriöser und angeblich paranormaler Fälle (den so genannten X-Files) betraut, was ihm bei seinen Kollegen auch den spöttischen Beinamen "Spooky Mulder" einbrachte. Dabei will er nur die Wahrheit ans Licht bringen - und gegebenenfalls seine Schwester wiederfinden.
Seine Vorgesetzten schicken ihm als neue Partnerin die Pathologin Dana Scully auf den Hals - auf dass sie sein Kindermädchen sei und dem FBI-Oberen laufend Bericht über Mulder und seine sonderbaren Fälle erstatte. Natürlich soll Scully die Thesen und Beweise, die Mulder zusammenträgt, als Humbug entlarven bzw. Mulder als paranoid diskreditieren. Doch die ober-rationale Agentin merkt bald, dass an den Verschwörungstheorien mehr dran ist als Spinnerei. Da bestimmte, sehr einflussreiche Kreise diese Entwicklung nicht gerne sehen, endet die erste Staffel mit dem Schließen der X-Files. Da es bekanntlich mehr als nur diese Staffel gibt, müssen sie logischerweise irgendwann wieder geöffnet worden sein. Hier setzt der Film an.
Zur Story
35.000 v. Chr., Texas. Zwei fellgewandete Primaten der Gattung Homo Sapiens stapfen durch die unwirtliche Eiswüste, die heute den mittleren Westen der USA darstellt. Sie betreten eine Eishöhle, in der sie vermutlich Schutz vor dem eisigen Wind und dem Schneesturm zu finden hoffen. Im verzweigten Höhlensystem wartet aber etwas ganz anderes als Gemütlichkeit - nämlich ein Wesen, das offensichtlich nichts von Lagerfeuerromantik tumber Keulenschwinger hält. Im kurzen aber heftigen Handgemenge wird einer der Höhlenmenschen getötet, der andere putzt den garstigen Alien weg. Was ihm nicht viel hilft, denn das schwarze Blut des Unholds ergreift auf mysteriöse Weise Besitz von ihm. Schnitt. Ende des Vorspanns.
Die gleiche Stelle ein paar Jahrtausende später. Spielende Kinder entdecken zufällig eine alte Höhle mit prähistorischen Knochenresten und einem alten Bekannten: Das seltsame Alien-"Blut". Das schwarze, ölige Zeugs ist nicht tot zu kriegen und kriecht in einen der Jungs. Drei Feuerwehrmänner erwischt es ebenfalls beim Rettungsversuch, bis eine höchst seltsame Eingreiftruppe mit allerhand futuristisch anmutendem Equipment auftaucht und die Fundstelle militärisch zackig und hermetisch abriegelt. Die Körper von dreien der infizierten Opfer werden in Spezialcontainern weggeschafft. Niemand spricht ein Wort. Schnitt.
Dallas/Texas. Mulder und Scully sind einer Bombendrohung in einem Regierungsgebäude auf der Spur. Die beiden tun wieder "normalen" FBI-Dienst, nachdem man ihnen die X-Akten wegnahm. Mulder folgt einer Eingebung und inspiziert mit Scully ein Nachbargebäude und wird durch Zufall fündig. Die Bombe befindet sich hier, nicht gegenüber. Es bleiben noch knappe zehn Minuten für die Evakuierung des Gebäudes, bis das Ding hochgeht. Mulder und Scully will man die Schuld für die missglückte Entschärfung in die Schuhe schieben, obwohl sie es waren, die Schlimmeres verhinderten. Offensichtlich soll hier etwas vertuscht werden. Während Scully sich mit dem Gedanken trägt, das FBI zu verlassen und zu kündigen, hat Mulder wieder einmal Blut geleckt.
Eindrücke
Spätestens seit die X-Files im TV liefen, wissen wir vier ganz elementare Dinge über unsere kümmerliche Existenz. Erstens: "Traue niemandem". Zweitens: "Die Wahrheit ist irgendwo da draußen". Drittens: Außerirdische sind unlängst mit irdischen Verschwörern an höchster Stelle des Regierungsapparats Amerikas (wo auch sonst) verbandelt und planen im Geheimen und fern der Öffentlichkeit die Apokalypse. Das führt beinahe unvermeidlich direkt zu viertens: Dass aus einer erfolgreichen TV-Serie mindestens ein Kinofilm als Spin-off produziert wird. Zum Leidwesen des Kinostreifens hat Chris Carter mit der Serie storytechnisch jedoch ein so enges Korsett festgelegt, dass wenig Spielraum für diese eingeschobene Episode in Spielfilmlänge bleibt. Denn etwas anderes ist "Fight the Future" nicht. Eventuell noch ein Zwei-Stunden-Teaser für die Serie.
"Fight the Future" ist zeitlich zwischen Staffel eins und zwei angesiedelt und könnte als Bindeglied dienen, wären da nicht diverse Sachen, die erst in noch späteren Staffeln enthüllt werden. Das dürfte unter anderem daran liegen, dass, als der Kinofilm herauskam, die Serie bereits kräftig Fahrt aufgenommen hatte. So hoffte Chris Carter offensichtlich, dass der Film für eingefleischte X-ler nicht zu fade geriet, indem man auf Informationen verzichtete, welche das Publikum im Fernsehen schon gesehen hatte. Das ist auch die Crux des Kinofilms. Er gibt gemessen an seinem Zeit- und Handlungsrahmen eigentlich zu viel Stoff preis, der im TV erst später drankommen würde. Er bleibt aber auf der anderen Seite offen und vage, damit die Serie für angefixte Quereinsteiger spannend bleibt. Eine Gratwanderung, welche Carter nicht überall geglückt ist.
Zum zeitlich inhomogenen Handlungsablauf gesellen sich auch Logikfehler bzw. Brüche mit alltäglichen Realitäten. So ist kaum zu erklären, wie es Mulder innerhalb von 24 Stunden schafft, von den USA aus an den Südpol zu gelangen, um Scully aus einer höchst prekären Situation zu boxen. Dabei schafft er nicht nur dieses Kunststück, überhaupt innerhalb dieser Zeitspanne die Antarktis zu erreichen, er verfügt auch wie selbstverständlich über die nötige Komplett-Ausrüstung vom Schneemobil bis hin zum GPS-Tracker. Und das an einem (hoch geheimen) weit abgelegenen Ort buchstäblich am Arsch der Welt. Spätestens hier graust es selbst den glühendsten Fan der X-Files, denn eines war trotz aller Alien-Fantasiegespinste bisher immer heilig gewesen: die Plausibilität.
Tricktechnisch musste man nicht sehr tief in selbige Kiste greifen, wiewohl die vergleichsweise spärlichen Effekte gut gesetzt und überdies auch sauber ausgeführt sind. Auch bei den Darstellern gibt es wenig zu meckern. David Duchovny und Gilian Anderson kennen ihre Rollen aus dem Effeff und füllen sie entsprechend perfekt aus. Sie SIND Mulder und Scully. Auch der - teils hochkarätige - Rest gibt sich keine Blöße, leidet aber etwas darunter, dass insbesondere auf Seiten der hochrangigen Verschwörer zu schnell und zu viel von der Motivationen der geheimen Organisation verraten wird. Trotzdem sind John Neville und Amin Müller-Stahl sowie natürlich auch Martin Landau eine Bereicherung für die X-Files. Fehlen darf keinesfalls auch der ominöse Kettenraucher, wobei ihm der Hauch des Mysteriösen, der ihn in der Serie ständig umweht, hier ein wenig abgeht.
DVD und Bonusmaterial
Die Singe-Disk-Edition strotzt nicht gerade von Bonus-Features, lediglich ein nichts sagender Making-of-Beitrag ist die karge Ausbeute. Zu allem Überfluss ist dieser dergestalt, dass sich alle wieder einmal versichern, wie toll sie die Mitwirkung am Film (und damit natürlich auch sich gegenseitig) fanden. Warum sich manch eklatante Lücke in der Erzählstruktur auftut, wird leider nicht geklärt - dafür wäre sicher ein Audiokommentar seitens Chris Carter aufschlussreich gewesen. Doch ein solcher ist dummerweise nicht vorhanden. Bild und Sound der DVD sind klassentypisch gut und unauffällig. Thema Sound: Eine Auskopplung des gegenüber der Serie etwas aufgebohrten X-Files Main Themes hätte sich gelohnt, die aufgehübschte Erkennungsmelodie dürfte das Einzige sein, was sich mit Aufkommen des Films tatsächlich drastisch verbessert hat.
Fazit
Als Mystery-Action-Thriller für sich allein sicher spannend gemacht, als Gesamtpaket jedoch kein stimmiges Spin-of zur genialen Kultserie. Carter hat hier zu vieler Herren Diener sein wollen und es damit letztendlich keinem wirklich recht gemacht; nicht den Einsteigern und erst recht nicht den Fans. "Fight the Future" wirkt wie ein nicht passendes Puzzleteil, welches man mit dem Hammer ins Bild prügeln will und muss. Die DVD-Fassung hätte die Möglichkeit gehabt, wenigstens ein paar Erklärungsversuche unters Volk zu bringen, doch davon machte man leider auch keinen Gebrauch. Summa summarum: Mittelmaß.
Die DVD-Daten auf einen Blick:
OT: "The X-Files: Fight the Future"
Idee, Story und Drehbuch von Chris Carter
USA 1998
Genre: Mystery-Thriller
20th Century Fox 2000
Laufzeit: 118 Minuten
Version: Single Disk, FSK 16
Bonus: Making Of Featurette
Bildformat: 16:9 (2,40:1)
Soundformat: DD 5.1 (Deutsch, Englisch, Spanisch)
Produktion: Chris Carter, Daniel Sackheim, Lata Ryan
Regie: Rob Bowman
Kamera: Ward Russell
Musik: Mark Snow / Diverse
Darsteller u.a.: David Duchovny (Fox Mulder), Gillian Anderson (Dana Scully), Martin Landau (Dr. Kurtzweil), Mitch Pileggi (Director Skinner), William B. Davis (Der Kettenraucher), Armin Müller-Stahl (Conrad Strughold )
- Redakteur:
- Jürgen Pern