American Roulette – Die Unschlagbaren
- Regie:
- Giuliano Montaldo
- Jahr:
- 1968
- Genre:
- Thriller
- Land:
- Italien/Frankreich/USA
- Originaltitel:
- Gli Intoccabili
1 Review(s)
08.01.2006 | 08:34Action, Erotik, Tod: Hank & Charlie gegen die Organisation
Nachdem der Gangster Charlie Adamo die Westküste unter seiner Kontrolle hat, will er sich nun ein Fünftel der Anteile am Casinohotel "Royal" in Las Vegas unter den Nagel reißen. Als ihm das Filetstück von dessen Inhaber verwehrt wird, heuert er Henry McCain an, um das Casino ausrauben zu lassen. Doch erstens hat dieser seine eigenen Pläne und zweitens muss Charlie erkennen, dass die wirklichen Besitzer des Hotels in New York sitzen und keine Gnade kennen, wenn man sie verrät. Charlie sollte jetzt möglichst keinen Urlaub planen.
Filminfos
O-Titel: Gli Intoccabili (Italien/F/USA 1968)
Dt. Vertrieb: e-m-s (13.10.2005)
FSK: ab 16
Länge: ca. 90 Min.
Regisseur: Giuliano Montaldo
Drehbuch: Ovid Demaris (Romanautor), Giuliano Montaldo
Musik: Ennio Morricone
Darsteller: John Cassavetes, Britt Ekland, Peter Falk, Gene Rowland, Gabriele Ferzetti, James Morrison u. a.
Handlung
Die Organisation sitzt in einem Hochhaus in New York City. Soeben hat der Exekutivrat beschlossen, eine Eigenmächtigkeit zu bestrafen. Wenig später wird in San Francisco ein Familienvater brutal überfahren.
Charlie Adamo (Peter Falk) trifft mit seinem Vize Massacca in Las Vegas ein. Charlie ist der frischgebackene Chef der Organisation an der Westküste. Dass man ihm ausgerechnet das Filetstück Las Vegas nicht ebenfalls unterstellt hat, wurmt ihn, aber es kümmert ihn nicht. Von seinem alten Bekannten Abe Silberman, dem Inhaber des Casinohotels "Royal", fordert er 20 % der Anteile am Haus. Als ihm das rundweg abgeschlagen wird, plant er, das Hotel ausrauben zu lassen. Dafür benötigt er einen erfahrenen Spezialisten.
Henry McCain (John Cassavetes) hat zwölf Jahre in Alcatraz wegen bewaffneten Raubüberfalls gesessen. Er war zu lebenslänglich verurteilt und wundert sich jetzt natürlich, dass man ihn vorzeitig entlässt. Sein Sohn Jack, der ihn abholt, sagt ihm, man (gemeint ist Charlie) habe 25.000 Dollar für ihn gezahlt – ein Vermögen im Jahre 1968. Dafür soll Hank an einem Raub mitmachen, doch die Pfeifen, die Jack dafür angeheuert hat, lehnt Hank ab. Er hat eigene Pläne mit seiner Freiheit.
Wie sich herausstellt, will er dieses Ding, von dem er den Auftraggeber noch nicht kennt (und den er auch nie zu sehen bekommt), mit nur einem Helfer durchziehen und dann untertauchen. Irene (Britt Ekland) ist ein leichtes Mädchen, das sich in den Klubs des Rotlichtbezirks von San Francisco herumtreibt. Nach einer gemeinsamen Nacht führt Hank sie vor den Altar. Als Mann und Frau können sie einiges auf die Beine stellen. Er kauft einen zweiten Wagen und fährt nach Las Vegas zum Royal. Sein Sohn trifft unterdessen Charlie Adamo.
Charlie bekommt unangemeldeten Besuch aus New York City: Don Francesco de Marco (Gabriele Ferzetti) ermahnt und tadelt Charlie. Gleich darauf entgeht Hank in San Francisco einem Mordkomplott Charlies, doch seinen Sohn Jack erwischt ein Messer. Wieder macht sich Hank auf nach Vegas. In einem Schuppen bastelt er für Charlie, von dem er kürzlich erfahren hat, und das Hotel eine bombige Überraschung …
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 1:1,78 (Anamorph)
Tonformate: D in DD 2.0
Sprachen: D (Deleted scenes in Italienisch)
Untertitel: keine
Extras:
- Bio- und Filmografien zu: Falk, Cassavetes, Ekland und Jim Morrison
- Deleted Scenes und alternativer Schluss (insgesamt 13:46 Minuten)
- Trailer zu sechs weiteren DVDs
Mein Eindruck
"American Roulette" ist ein knallharter und temporeicher Gangsterstreifen, der vor allem durch John Cassavetes über den Durchschnitt gehoben wird. (Er drehte im gleichen Jahr auch "Rosemary’s Baby".) Sein Hank ist ein abgebrühter Kerl, den zwölf Jahre Zuchthaus misstrauisch und knallhart gemacht haben. Als sein Sohn ihn rausholt, weiß er, dass das nicht mit rechten Dingen zugeht und besorgt sich ein Maschinengewehr. Auch die Rekrutierung einer Gattin in Gestalt der Nutte Irene geht ähnlich zielstrebig vonstatten. Schade nur, dass Hank nicht weiß, mit wem er es eigentlich zu tun hat: Die Organisation hat unerschöpfliche Mittel. Und diese setzt sie ein, sobald Hank die zwei Millionen Dollar aus dem Tresor des "Royal" geraubt hat, um eine Menschenjagd à la FBI zu inszenieren. Hank hat keine Chance, aber er nutzt sie, indem er seine alte Flamme Rosie (Cassavetes’ reale Frau Gena Rowlands) besucht. Sie gibt ihm ein Ticket in die Freiheit. Ob er es einlösen kann?
Gena Rowlands hat den zweiten eindrucksvollen Part in dem Streifen. Sie tritt zwar erst im letzten Viertel auf, aber dafür mit einem Charme und einer Härte, die ihresgleichen suchen. Auch ihre Rosie kommt aus dem Knast, denn man hat sie für das gleiche Ding verknackt, für das auch Hank eingebuchtet wurde. Sie müssen ein tolles Team gewesen sein und hängen nun den guten alten Zeiten hinterher.
Während Peter Falk – in einer ungewöhnlich ernsthaften Darstellung – und seine Handlanger fast überhaupt keinen Eindruck hinterlassen, tritt Gabriele Ferzetti mit einer beeindruckenden Eleganz auf. Ferzetti spielte in Sergio Leones Westernklassiker "Spiel mir das Lied vom Tod" den kranken Eisenbahnbaron. Doch im Seidenhandschuh seines "Don Francesco de Marco" verbirgt sich eine eiserne Faust, die der Organisation von ganzem Herzen gehört. Und er hat etwas für Charlies Frau Joni übrig, die ihm wie ein Vögelchen so manches pikante Detail ins Ohr flüstert. Dafür soll er sie zurück nach New York City, in die Zivilisation, holen. Sicherlich wird sich der Gentleman revanchieren.
~ Ausfälle ~
Einen gewissen Jim Morrison, den Sänger der "Doors" konnte ich in dem Streifen nicht entdecken und kann ihn deshalb auch nicht würdigen. In der International Movie Database wird er in der Rolle des "Joby Cudo" aufgeführt. Doch selbst nach zweimaligem Ansehen des Films konnte ich sein verkennbares Gesicht nicht sichten. Vielleicht spielt er jedoch jenen Polizisten, der nach dem Bombenanschlag dem Polizeichef Meldung erstattet und dessen Kopf man nur von hinten sieht, vom Helm fast völlig verdeckt.
Auch das ehemalige schwedische Model Britt Ekland ist enttäuschend: Irene Tucker hat lediglich gut auszusehen und alles zu tun, was Hank ihr befiehlt. Von Dialog kann bei ihr im Grunde keine Rede sein. Deshalb lässt sich der Film in keiner Weise mit dem ein Jahr zuvor veröffentlichten Klassiker "Bonnie und Clyde" vergleichen, in dem die Titelfiguren eine tiefe Beziehung zueinander eingehen und sich verändern.
~ Action ~
Die Actionszenen sind kurz, aber heftig. Die Serie von Bombenexplosionen, die im und um das "Royal" hochgehen, sind professionell und glaubhaft in Szene gesetzt. Die folgenden Panikszenen waren sicher recht aufwändig zu organisieren. Die Sequenz stellt den Höhepunkt, aber nicht das Finale des Films dar. Der finale Showdown zeigt Hank und den Killer der Organisation, dazwischen Irene. Für diese Szene gibt es einen alternativen Schluss (siehe unten).
~ Aussage ~
Insgesamt ist die Aussage des Films pessimistisch, wenn nicht sogar zynisch. Es gelingt weder dem organisierten Gangster Charlie Adamo noch dem Freelancer Hank McCain, sich gegen die Organisation durchzusetzen. Nur wer sich ihr wie Abe Silberman und Joan Adamo unterwirft, darf leben und gedeihen. Dies bedeutet das Ende des amerikanischen Individualismus. Die Zukunft gehört gesichts- und gewissenlosen "Organisationen", womit nicht einmal die Mafia oder Cosa Nostra gemeint sein muss.
~ Die DVD ~
War die im Hauptfilm zu sehende Version bis zu einem gewissen Grad auch für Zwölfjährige geeignet, so ist es die FSK-16-Fassung auf dieser DVD nicht mehr. Das liegt ausschließlich an den Deleted Scenes, die man zu sehen bekommt. In der ersten Szene besucht Hank ein Bordell, und eine Nutte bläst ihm einen. Es sind keine Genitalien zu sehen, aber der Vorgang ist eindeutig.
In Szene 5 betritt Hank ein üppig eingerichtetes Hinterzimmer des "Royal", in dem sich Besucher bei einer Nacktmodenschau entspannen können. Statt die blanken Brüste zu bewundern, platziert Hank in aller Seelenruhe eine Bombe unterm Sofa und geht. Der alternative Schluss zeigt Irene, wie sie Hank in die Arme schließt und mit ihm gen Mexiko schippert. Im Hauptfilm läuft es ganz anders für die beiden.
Was die Szenen etwas wenig befriedigend macht, ist der Umstand, dass in ihnen nur italienisch gesprochen wird. Da keine Untertitel mitgeliefert werden, muss der Zuschauer selbst italienisch können, um dem Dialog – es ist wenig genug – folgen zu können.
Das Bild ist zwar weitgehend von Artefakten gereinigt worden und von erträglicher Qualität, aber hie und da sind immer noch Einsprengsel zu finden. Der Ton liegt im Format DD 2.0 vor, ist also nicht digital aufgewertet worden, aber immer in Stereo. Es gibt keine Originalfassung und auch keine englischen oder deutschen Untertitel. So eine schlechte Ausstattung findet man heutzutage selten. Einen Audiokommentar oder eine Bildergalerie hat man sich ebenfalls verkniffen. Die Bio- und Filmografien sind mit Infos angereicherte Lobhudeleien. Auch hier taucht der mysteriöse Mister Morrison auf.
Unterm Strich
Wer die DVD wegen Jim Morrison gekauft hat, wird sie für eine Mogelpackung halten. Wer die DVD wegen John Cassavetes gekauft hat, wird voll auf seine Kosten kommen. Denn natürlich ist auch seine echte Gattin Gena Rowlands mit von der Partie und sie ist eine echte Schau, obwohl ihr Auftritt vielleicht nur fünf Minuten dauert. Ekland und Falk haben mich enttäuscht, im Gegensatz zu Gabriele Ferzetti, dessen Kunst ich schon in "Spiel mir das Lied vom Tod" bewundert habe, das etwa zur gleichen Zeit entstand.
Tempo und Action, organisiertes vs. individuelles Verbrechen bestimmen die steile Spannungskurve des Gangsterfilms. Vielfach sind Ansichten aus San Francisco (kein einziger Hippie weit und breit!) und Las Vegas (der alte "Strip") eingefügt, auch eine Prise Erotik. Der Regisseur, Giuliano Montaldo, machte seine Sache richtig, wenn auch offenbar etwas zu langsam für die Produzenten Bino Cicogna und Marco Vicario. Deshalb sind rund zwölf Minuten Deleted Scenes zu sehen, die mehr Erotik und mehr Gefühle zeigen als der Hauptfilm. Hinzukommt ein alternativer Schluss, der leider – wie jedes Happyend im Gangsterfilm – unbefriedigend ausfällt.
Die Ausstattung der DVD ist weniger als suboptimal, nämlich unbefriedigend – siehe oben. Man könnte sich auch gleich die Videofassung kaufen, falls es die gibt.
- Redakteur:
- Michael Matzer