Anastasia - Das Geheimnis der Anna A.
- Regie:
- Marvin J. Chomsky
- Jahr:
- 1986
- Genre:
- Melodrama
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Anastasia - Das Geheimnis der Anna A.
1 Review(s)
09.05.2005 | 08:50"Anastasia screamed in vain ..." (Mick Jagger in "Sympathy for the Devil") ... Dies ist die Geschichte von Anna Anderson, der Frau, die bis zu ihrem Tod im Jahre 1984 behauptete, Großfürstin Anastasia Romanova zu sein, das einzig überlebende Kind des russischen Zaren Nikolas II. Für viele wurde die Erzählung ihres Lebens eine der großen Romanzen des zwanzigsten Jahrhunderts: Die Kindheit als Adelige, die Flucht vor dem Henker und der Kampf, den Adelstitel zurück zu gewinnen. Laut den Geschichtsbüchern wurde Anastasia im Jahre 1918 zusammen mit ihrer Familie hingerichtet, doch ihr Mysterium lebt bis heute. (Klappentext)
Anastasia prozessierte 31 Jahre lang gegen die Romanovs. Am Schluss stand es unentschieden. Anna Anderson starb 1984, und zwei Jahre später entstand der Film.
Der dreistündige Streifen erhielt die Auszeichnungen des Emmy Awards (Fernsehpreis) und des Golden Globe (Kritikerpreis).
Filminfos
O-Titel: Anastasia - The Mystery of Anna (USA 1986)
FSK: Freigegeben ab 12 Jahren
Länge: 192 Min.
Regie/Koproduzent: Marvin J. Chomsky ("Holocaust"-Serie)
Drehbuch: James Goldman, basierend auf dem Roman "Anastasia: Das Rätsel der Anna Anderson" von Peter Kurths
Musik: Laurence Rosenthal
Darsteller: Amy Irving ("Carrie", "Teufelskreis Alpha", "Falsches Spiel mit Roger Rabbit"), Olivia De Havilland ("Robin Hood-König der Vagabunden", "Vom Winde verweht"), Omar Sharif ("Doktor Schiwago", "Der 13. Krieger"), Rex Harrison ("My Fair Lady", "Cleopatra", "Doctor Dolittle"), Edward Fox, Christian Bale ("American Psycho", "Equilibrium", "Batman Begins"), Elke Sommer, Claire Bloom u. a.
Handlung
Anastasia (Amy Irving) ist die jüngste der vier Töchter des Zaren Nikolaus II. (Omar Sharif). Im Sommer 1916, als die Handlung einsetzt, befindet sich Russland im Krieg mit den Achsenmächten Deutschland und Österreich-Ungarn. Im Zarenpalast zu St. Petersburg fühlt sich Anastasia beim Tanz mit dem Papa einfach glücklich. Das bleibt natürlich nicht so.
Schon zwei Monate später gibt es Unruhen und man redet von Revolution - man erinnert sich noch gut an die von 1905. (In einem plombierten Zugwaggon befindet sich ein gewisser Uljanow, genannt "Lenin", auf dem Weg von Zürich durchs Deutsche Reich nach Moskau.) Ein Jahr später, im Sommer '17, muss die Zarenfamilie packen; man ist ein wenig enttäuscht, dass die Verwandten in London nicht eingegriffen haben, um zu helfen. Nun geht's ab nach Sibirien.
Als sie 1918 auch aus Tobolsk abreisen sollen, um im Pferdekarren nach Moskau gebracht zu werden, versucht sich Alexej (Christian Bale), Anastasias Bruder mit der Bluterkrankheit, umzubringen. Der Transport kommt nur bis Jekaterinburg, wo sich die Familie von ihren Bediensteten und dem Arzt trennen muss - zu deren Glück. Denn mitten in der Nacht holen die Revolutionäre alle aus den Betten, stecken sie in einen Raum und knallen sie ab. Alle - ohne Ausnahme?
Berlin 1923. Eine junge Frau springt von einer Brücke in den Landwehrkanal, um sich umzubringen. Das Hospital, in das man sie bringt, entpuppt sich als Irrenhaus. Dr. Hauser (Edward Fox) gelingt es, die an Amnesie Leidende aus ihrer Lethargie zu wecken und per Zufall das traumatische Erlebnis der Erschießungsszene zu enthüllen. Ist die Frau, die so verhärmt und abgerissen aussieht, wirklich ihre kaiserliche Hoheit, die Großfürstin Anastasia Romanova?
Leider gibt es allzu viele Frauen, die sich für diese berühmte Person ausgeben, denn in Zeiten der Nachkriegsdepression sucht jeder seinen Vorteil, indem er sich einen Weg zu den Besitzern von Reichtum, Ansehen, Sicherheit und Macht erschleicht. Und warum sollte die Patientin in Dr. Hausers Anstalt eine Ausnahme bilden? Noch dazu macht sie sich verdächtig, indem sie sich weigert, auch nur ein einziges Wort Russisch zu sprechen, die Sprache der Mörder.
Immerhin spricht für sie, dass sie eine Reihe von Schusswunden aufweist und hinter dem Ohr einen schweren Schlag erhalten haben muss, was ihre Amnesie erklären würde. Aber sie hat bereits eine Geburt hinter sich. Wo war sie in den letzten sechs, sieben Jahren? Das möchte auch Prinz Erich von Althohendorf (Jan Niklas) wissen, der ebenfalls zu den 47 überlebenden europäischen Romanovs gehört. Seine Mutter, Anastasias Tante Olga, schickt ihn vor, um die Wahrheit herauszufinden. Ist diese Person die echte Anastasia?
Wenn auch Olga und ihr Mann, Großfürst Kyril (Rex Harrison), nach einem weiteren Test diese Person ablehnen, so hat sich Erich doch auf den ersten Blick in die schöne Irrenanstaltpatientin verliebt. Er nimmt sie mit auf sein Landhaus und zeigt ihr mehr Fotos aus ihrer Vergangenheit. Was nun unbedingt nötig ist, ist eine einzigartig Erinnerung, die nur die echte Anastasia haben kann. Nur so, hofft er, kann sie die Anerkennung durch das Oberhaupt des Romanov-Clans, die Zarenmutter Maria Feodorovna und Anastasias Großmutter, erlangen.
Doch die gewünschte Erinnerung belegt einen ungeheuerlichen Vorgang aus dem Krieg gegen Russland, der das Deutsche Reich diskreditieren würde ...
Die DVD
Kauf-DVD: 28.04.2005
Vertrieb: www.e-m-s.de, EAN: 4020974156714
Technische Infos
Bildformat: Vollbild (4:3)
Tonformat: Dolby Digital 2.0 deutsch, Dolby Digital 2.0 englisch
Sprachen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Keine
Extras:
- Keine
Mein Eindruck
"Anastasia" erfüllt so viele in romantischen Herzen gehegte Wünsche, dass es schwerfällt, einen Verriss zu schreiben. Aber der Film steckt so voller Klischees, dass sich ein kritisch denkender Mensch ständig sagen muss: "Es war eine andere Zeit, es war eine andere Zeit!", um sich nicht ständig nur an den Kopf fassen zu müssen.
~ Im Märchenland ~
Selbstverständlich ist Anastasias Papi, der Zar, das Inbild eines stolzen Herrschers. Und selbstverständlich ist seine ebenso schmucke Tochter glücklich, mit ihm den Ball eröffnen zu dürfen. Die Geigen schwelgen im Walzertakt dazu, als müssten sie ein Märchenkönigreich herbeibeschwören. Was es ja offensichtlich nicht ganz war, dieses Russland der Zaren. Sonst würden die Angehörigen des Pöbels nicht anfangen, Bäckereien auszuplündern und erneut eine Revolution anzuzetteln. Dass der Zar gezwungen wurde, im März 1917 abzudanken - davon verlautet im Film kein Wort. Stattdessen unbegründete Deportation ins ferne Sibirien. Und die superfromme Zarin wünscht den Mönch Rasputin zurück, der hätte alles wieder gerichtet.
~ Der Märchenprinz ~
Als 1923 die leicht lädierte und von Amnesie heimgesuchte Person, die sich zunächst gar nicht als Zarentochter ausgibt, sondern dazu quasi gemacht wird, in Berlins Irrenanstalt untergebracht wird, taucht auch prompt der Märchenprinz auf. Nur dass er kein weißes Pferd reitet, sondern einen Rolls-Royce. Und selbstverständlich ist er auch so unerschütterlich in seiner Liebe zu dieser "Anastasia", dass selbst die Widrigkeiten, die ihr im fernen New York zustoßen, ihn keineswegs fernhalten, sondern im Gegenteil herbeirufen.
Am Tiefpunkt ihres amerikanischen Abenteuers, bei dem sie Russen und Medienzaren gleichermaßen als williges Spiegelbild ihrer Sehnsüchte diente, hockt Anastasia quasi exkommuniziert, rat- und mittellos im Café und kann sich gerade mal einen Café latte leisten. Na, und wer spaziert da zur Tür herein? Dreimal darf man raten. Und der Dampfer in die Heimat wartet schon. Europa, du hast es besser.
~ Eye Candy ~
Der Film fällt also unter die beliebte Hollywood-Rubrik "eye candy", und in der Tat ist die Story weitaus weniger wichtig als die Ausstattung, die Stars und die Herzschmerzdramatik von James Goldmans Drehbuch. Gefilmt wurde hauptsächlich in den Schlössern von Wien, sei es nun Schönbrunn oder die Hofburg. Und dem unbedarften Zuschauerlein gehen die Augen über angesichts der ausladenden Herrensitze, allen voran das palaisartige Domizil der Zarenmutter. Wahrlich eine noble Hütte! Wer könnte unserer Heldin verdenken, dass sie auch in so einer wohnen möchte.
~ Schauspielerin ~
In New York durfte sie diese ihr vom Schicksal zugedachte Rolle schon mal proben. Sie kleidet sich in edlen Pelz und flüsternde Seide, dazu klimpern die Klunker allerliebst. Doch nur wer zahlt, schafft an, und das ist nicht Anastasia, sondern der Verleger Harvey Coward (= Randolph Hearst?). All die schöne Staffage, sie ist lediglich geliehen, und als die Blase platzt, weil Kyril sie als Hochstaplerin hinstellt, ist der Fall ins bürgerliche Outfit umso tiefer.
Immerhin weint unsere Heldin dem Krempel keine Träne nach, sondern legt den Abholern sogar noch ein paar Dollar obendrauf. Das nenn' ich Untergang mit Stil. Sie hat New York als Bühne entlarvt, auf der man nur etwas zählt, wenn man eine Rolle korrekt spielt, vor dem richtigen Publikum und in den passenden Kostümen. All the world's a stage? In New York ist dieser Shakespeare-Vers zutreffender als anderswo.
~ Die Darsteller ~
Wieso ausgerechnet Amy Irving mit ihrem knochigen Gesicht diese glamouröse Rolle erhalten hat, wird lange nicht verständlich. Sie macht sich jedoch hervorragend als Irrenanstaltspatientin, die man nur bedauern kann. Wesentlich passender erscheint hingegen Jan Niklas in der Darstellung des Prinzen Erich von Althohendorf. Zufall oder Notwendigkeit, dass er später selbst einen Zaren spielte?
Die klingendsten Namen haben leider die kürzesten Auftritte. Muss wohl an ihrer hohen Gage liegen. Omar Sharif, bekannt als "Doktor Schiwago", tritt als Nikolaus II. natürlich nur in der russischen Episode auf. Rex Harriso, der rechthaberische Professor Higgins aus dem Musical "My Fair Lady", darf auch diesmal wieder rechthaberisch, stur und griesgrämig agieren. Dieser Großfürst ist ein echter Unsympath. Der Zuschauer lacht sich ins Fäustchen, wenn beim einzigen Treffen mit "dieser Person" herauskommt, dass er sich in jungen Jahren mit einer Balletttänzerin eingelassen hatte - höhö.
Die DVD
Über drei Stunden dauert dieser Dauergroschenroman, das verlangt eine Menge Sitzfleisch. Doch dem einfachsten Anspruch an Eye Candy genügt der TV-Streifen trotzdem nicht: gut auszusehen. Der Hersteller hat sich nicht die Mühe gemacht, die Bild- und Tonqualität auf den aktuellen Standard zu heben. Ein wenig Digital Remastering hätte gereicht, wenigstens die zahlreichen Artefakte aus dem Bild zu entfernen. Der Ton klingt rauschend und dumpf, insbesondere in manchen Outdoor-Dialogen und bei tiefen Stimmen - ein deutliches Zeichen der Abnutzung.
Die DVD weist nicht die geringsten Extras auf und empfiehlt sich dadurch nicht gegenüber einer VHS-Edition.
Unterm Strich
Unromantische Gemüter dürften diesen Streifen - und die Silberscheibe sowieso - für reine Zeitverschwendung erklären. Doch da würden die Anhänger der Rosamunde-Pilcher-Fraktion protestierend aufbegehren und dieses "Meisterwerk von einem romantischen Historiendrama" in Schutz nehmen. Sei's drum. Das macht die technische Qualität der DVD auch nicht besser.
- Redakteur:
- Michael Matzer